Aufruf zur Soli mit Lampedusa in Hamburg !

Das Verhalten der Bundes­re­gie­rung und des Hamburger Senats erinnert an eine Kriegs­er­klä­rung an alle Flüch­tenden und ihre Unter­stüt­ze­rInnen !
(Quelle : links​unten​.indymedia​.org)

Aktivisten von "Lampedusa in Hamburg" zu Gast bei der Karawane Wuppertal – August 2013

Aktivisten von „Lampe­dusa in Hamburg” zu Gast bei der Karawane Wuppertal

Solida­ri­täts­kund­ge­bung mit Lampe­dusa in Hamburg und den Non-Citizens in Wuppertal ! Montag, 18Uhr vor den City-Arkaden. Kommt alle !

Seit dem 3.Oktober faseln Politiker in den Medien von Bestür­zung. Seit mehr als zwei Wochen wird uns schlecht vor soviel ekelhaft geheu­cheltem Mitleid mit den vor Lampe­dusa ertrun­kenen Menschen. Am 3.Oktober waren es diesmal 300 von mehr als 15.000, die in den letzten Jahren an der europäi­schen « Mauer aus Wasser » ihr Leben gelassen haben – im Stich gelassen, ins Meer getrieben, ihre Boote von Frontex oder deren gekauften Bütteln zum Kentern gebracht.

Was die gleichen für den Massen­mord im Mittel­meer Verant­wort­li­chen wirklich denken, zeigen und sagen sie derzeit beson­ders laut in Hamburg und Berlin. Seit Tagen lässt der in Hamburg allein­re­gie­rende SPD-Senat gezielt dunkel­häu­tige und migran­ti­sche Menschen zur « Perso­na­li­en­fest­stel­lung » festnehmen. Die von SPD-Innen­se­nator Neumann katego­risch vertei­digte Repres­sion richtet sich haupt­säch­lich gegen „Lampe­dusa in Hamburg”. Dabei handelt es sich um etwa 300 Menschen, die nach dem Krieg in Libyen über jenes Lampe­dusa nach Europa kamen, das sich für viele andere zum Massen­grab verwan­delt hat. Sie wurden von den italie­ni­schen Behörden als Flücht­linge anerkannt und später weiter­ge­schickt. Sie reisten in Länder, die sich dank einer von Deutsch­land unter Mitwir­kung der SPD durch­ge­setzten « Dublin II»-Regelung ihrer Verant­wor­tung entziehen. Nun will die Hamburger SPD diese Menschen offenbar um jeden Preis zurück nach Italien schicken – offenbar, um ein Exempel zu statu­ieren : Sie befürchten offen­sicht­lich, dass jene, die am 3.Oktober vor Lampe­dusa nicht abgesoffen sind, in Kürze auch vor der Türe stehen.

Zur gleichen Zeit sind in Berlin zum wieder­holten Male geflo­hene Menschen in einen Hunger­streik getreten, um wenigs­tens minimale Verbes­se­rungen ihrer Lage in Deutsch­land durch­zu­setzen. Die Reaktion der Politik, auch des Berliner Bürger­meis­ters Wowereit – ebenfalls SPD – ist Ignoranz. Obwohl inzwi­schen täglich einige kolla­bie­rende Menschen mit dem Notarzt ins Kranken­haus gebracht werden müssen, verwei­gern sie sich sogar Gesprä­chen. Begleitet wird diese Politik des Tötens und Sterben­las­sens von zynischen Kommen­taren, die das wahre Gesicht hinter der mensch­li­chen Maske zeigen, die sich die Herrschenden nach der geschei­terten Flucht vor Lampe­dusa aufsetzten. « Es muss aufhören, dass ‚Gutmen­schen‘ aus dem linken Spektrum den Flücht­lingen einzu­reden versu­chen, es ginge ihnen hier schlecht », hat zum Beispiel « CDU-Integra­ti­ons­ex­perte » Burkard Dregger heute via BILD in Berlin verkündet. Ein von der Kirche geplantes Winter­not­quar­tier in Hamburg mit beheiz­baren Wohncon­tai­nern wurde durch Innen­se­nator Neumann (SPD) vorsorg­lich verboten.

Viele Menschen zeigen sich gleich­zeitig vor allem in St.Pauli mit den aus Lampe­dusa Gekom­menen solida­risch. In Hamburg gibt es seit Tagen Solida­ri­täts­demos mit „Lampe­dusa in Hamburg”. Nach wechsel­sei­tigen Ultimaten (der Senat an die Flücht­linge, sich bei der Auslän­der­be­hörde zu stellen, die Unter­stützer an den Senat, das racial profiling sofort zu beenden) ist die Situa­tion seit Diens­tag­abend sehr angespannt. Diens­tag­nacht versuchte ein irres Polizei­auf­gebot durch gewalt­sames Auftreten zu verhin­dern, das es an der „Schanze” eine Solidemo gibt. In Berlin und Hannover fanden inzwi­schen ebenfalls spontane Demons­tra­tion zur solida­ri­schen Unter­stüt­zung der Hambur­ge­rInnen statt.

Es ist an der Zeit, beim Umgang Europas und Deutsch­lands mit Menschen, die zu uns kommen wollen, alle Appelle zu beenden und überall konkret zu werden !

Diesen Montag wollen wir auch in Wuppertal unsere Solida­rität mit allen Geflo­henen und speziell mit den Menschen in Hamburg auf die Straße tragen.

Wir fordern :

  • ein sofor­tiges Ende des racial profilings in Hamburg und anderswo !
  • ein sofor­tiges Bleibe­recht für die « Lampedusa»-Flüchtlinge und die « Non-Citizens » !
  • eine Bestands­ga­rantie für das Flücht­lings­camp auf dem Orani­en­platz in Berlin durch den Berliner Senat !

Und wir erwarten von den Wupper­taler SPD-Abgeord­neten im Bundestag und im NRW-Landtag, dass sie ihre Partei­freunde die die SPD in Hamburg und anderswo zu einer immer offener agierenden rassis­ti­schen Partei machen, wieder einfangen. Das gilt insbe­son­dere auch für ihren nordrhein-westfä­li­schen Partei­freund Sören Link, der als Duisburger Oberbür­ger­meister seit Wochen durch Hetze gegen osteu­ro­päi­sche Migrant*innen auffällt und geistige Brand­stif­tung betreibt. Die SPD wird sonst keine Ruhe mehr haben ! Nicht in Hamburg und nirgendwo sonst !

No Border ! No Nation ! Solida­rität muss praktisch werden !

Soli-Kundge­bung in Wuppertal :
Montag, den 21.10. um 18:00 Uhr in Wuppertal-Elber­feld, vor den City-Arkaden. Kommt alle !

 

Artikel teilen

Griechenland : Solidarität in der Krise

Flücht­lings­auf­nahme in Lesvos in Bürge­rIn­nen­hand

Die meisten Nachrichten über die Lage von Migran­tInnen, die uns in den letzten Monaten aus dem krisen­ge­schüt­telten Griechen­land erreichten, malen ein äußerst düsteres Bild : von Razzien, Elend und Obdach­lo­sig­keit, von Übergriffen durch Polizei und die faschis­ti­sche Chrysi Avgi (Goldene Morgen­röte), von Ertrun­kenen und trauma­ti­sierten Neuan­kömm­linge, vom Ausbau des Grenz­re­gimes und überfüllten Knästen.

Aber wie so häufig findet man gerade da, wo die Not groß ist, auch die beein­dru­ckendsten Zeichen von Hoffnung und Solida­rität. Ende November haben engagierte antiras­sis­ti­sche Bürge­rInnen in Mytilini / Lesbos ein selbst organi­siertes Aufnah­me­zen­trum eröffnet. Hinter­grund sind die wieder steigenden Zahlen von obdach­losen Migran­tInnen auf Lesvos sowie Übergriffe von Faschis­tInnen auf die Migran­tInnen.

Seit die Landgrenze in der Evros-Region im Rahmen der Opera­tion „Gastfreund­li­cher Zeus“ immer undurch­dring­li­cher wird, verla­gern sich die Migra­ti­ons­routen wieder stärker Richtung Ägäis. Viele sind auf der Flucht aus den Kriegs­ge­bieten Syriens und Afgha­ni­stans. Während FRONTEX und die Küsten­wache versu­chen, die Schlauch­boote zu stoppen, riskieren die Flücht­linge bei den immer riskan­teren Überfahrten ihr Leben. Üblicher­weise werden die neu angekom­menen Flücht­linge in Griechen­land über Monate hinweg inter­niert und dann völlig mittellos, ohne Obdach, Kleidung oder Nahrung, wieder freige­lassen. In Mytilini / Lesvos jedoch waren die Behörden seit August diesen Jahres mit der schieren Anzahl der neu ankom­menden Flücht­linge vollkommen überfor­dert ; die Verhaf­tungen wurden einge­stellt, weil die Gefäng­nisse bereits überfüllt waren. Die Behörden stellen den Leuten aber auch keine tempo­rären Ausweis­pa­piere aus, die ihnen erlauben würden, die Insel zu verlassen. Daher sammeln sich immer mehr Migran­tInnen, die auf der Insel quasi in der Falle sind, auf den öffent­li­chen Plätzen und in den Parks von Mytilini, der größten Stadt auf Lesvos.

Obdach­lose Flücht­linge im Park von Mytilini

Im November wurde die Situa­tion für die Migran­tInnen dann täglich schwie­riger : Nicht allein, dass sie schutzlos dem Regen und sinkenden Tempe­ra­turen ausge­lie­fert waren - auch die Faschis­tInnen machten Jagd auf die in den Parks und auf den Plätzen übernach­tenden Flücht­linge. Eine ganze Reihe Bürge­rInnen aus Mytilini konnte dieses Elend, dass sich vor ihren Augen abspielte, nicht länger ertragen. Bereits im September fand sich ein zivil­ge­sell­schaft­li­ches Netzwerk von Freiwil­ligen, NGOs sowie sozialen und politi­schen Gruppen zusammen, um Unter­stüt­zung zu leisten angesichts einer Krise, unter der, wie sie sagen, alle – Migran­tInnen wie Nicht-Migran­tInnen – leiden.

Die Haupt­for­de­rung der Initia­tive „ Das Dorf von ‚Allen Zusammen´“ («Village of all-together») bezog sich vor allem auf eine menschen­wür­dige Unter­kunft für die obdach­losen Migran­tInnen. Die Behörden jedoch blieben eine Antwort schuldig. Mitte November sah sich die Initia­tive im Hafen von Mytilini einer Gruppe von sechs­und­zwanzig Migran­tInnen gegen­über, die dringend Unter­stüt­zung brauchten, darunter auch zwei Schwan­gere, Klein­kinder und ältere Menschen. Sie berich­teten, dass die Polizei sie dort zurück­ge­lassen habe, und nicht bereit wäre sie zu verhaften, weil die Knäste überfüllt seien. Die beiden schwan­geren Frauen wurden später ins Kranken­haus gebracht ; die eine aufgrund gesund­heit­li­cher Probleme und die andere, weil sie im Hafen­ge­biet von Neonazis mit Steinen beworfen worden und am Kopf verletzt worden war. Die restliche Gruppe wurde schließ­lich aufgrund des öffent­li­chen Drucks in einem öffent­li­chen Schwimmbad beher­bergt, bevor sie ins Haftcenter der Hafen­po­lizei gebracht wurden.

PIKPA

Daraufhin nahm am 28.11.2012 das Netzwerk die Aufgabe der Flücht­lings­auf­nahme, die der griechi­sche Staat derzeit nicht übernehmen will oder kann, in die eigene Hände : Auf einem leerste­henden kommu­nalen Sommer­fe­ri­en­ge­lände, genannt PIKPA, wurde – toleriert von Polizei und Stadt­re­gie­rung - ein „Willkom­mens­zen­trum“ einge­richtet. Noch während sie dabei waren, das Gelände rudimentär instand zu setzen und bspw. die Wasser­ver­sor­gung wieder ans Laufen zu bekommen, kamen inner­halb eines Tages – begleitet von der Polizei oder von Bürge­rInnen aus Lesvos – bereits an die siebzig Flücht­linge dort an. Unter ihnen sind auch schwan­gere Frauen, Klein­kinder und Babys. Die Bürge­rIn­nen­In­itia­tive begann daraufhin sofort, unter tatkräf­tiger Mithilfe von Nachba­rInnen, der örtli­chen Univer­sität, von kirch­li­chen Einrich­tungen und Restau­rants, Essen zu besorgen und die Basis­ver­sor­gung der neuen Bewoh­ne­rInnen zu organi­sieren. Ärzte ohne Grenzen richtete auf dem Gelände eine mobile Gesund­heits­sta­tion ein.

Dabei betont die Bürge­rIn­nen­in­itia­tive, dass sie keines­falls die Politik und die Behörden aus dem Spiel lassen will, und dass diese Lösung nur eine provi­so­ri­sche ad hoc Lösung sein kann. So schreiben sie sehr eindeutig : „ Wir erwarten vom Staat eine klare Selbst­ver­pflich­tung zum Aufbau von Struk­turen für humane Lebens­be­din­gungen unserer Mitmen­schen. Wir bieten an, dass wir uns weiterhin freiwillig engagieren, aber wir werden nicht die Rolle des Staates übernehmen. Als aktive Bürge­rInnen (…) erlauben wir von nun an keine Nachläs­sig­keit seitens der Verant­wort­li­chen.“

Die Initia­tive verlangt, dass PIKPA offiziell als offenes Aufnah­me­zen­trum (im Gegen­satz zu den geschlos­senen Inter­nie­rungs­la­gern) von den Behörden übernommen und weiter­be­trieben wird. Eine griechi­sche Journa­listin, die das Projekt unter­stützt, schreibt optimis­tisch :
„Das Beispiel hier könnte den Weg ebnen hin zu eine politi­schen Lösung von Willkom­mens­zen­tren, die eine mensch­liche Aufnahme von in Griechen­land ankom­menden Flücht­lingen garan­tieren. Und es ist eine kraft­volle Antwort auf alle rassis­ti­schen und faschis­ti­schen Demago­gien und Praktiken. Unser Ziel ist, dass die Einmi­schung der Bürge­rInnen zum Schutz­schild für die Flücht­linge, aber auch für unsere Gesell­schaft insge­samt wird.”

Das „Dorf von ‚Allen Zusammen´“ kämpft nun einen tägli­chen Kampf um die grund­le­gende Versor­gung der Bewoh­ne­rInnen mit Essen, Kleidung, Recht­hilfe und Medizin. Ohne die massive Solida­rität hunderter Mitbür­ge­rInnen, die kochen, warme Kleidung und anderes mehr bringen, wäre das nicht denkbar. Beein­dru­ckend vor dem Hinter­grund, dass viele von ihnen die Krise am eigenen Leib spüren und selbst nicht gerade im Überfluss leben.

Finan­zi­elle Unter­stüt­zung des Projektes ist daher gewünscht und notwendig. FreudInnen vom Welco­me2­Eu­rope-Netzwerk halten Kontakt zu der Initia­tive in Mytilini und können Spenden direkt weiter­leiten.

Konto­ver­bin­dung :
Wohnschiff­pro­jekt Altona e.V.
*/Spendenstichwort : Infomobil-Lesvos/*
Hamburger Sparkasse
BLZ : 200 505 50
Konto : 1257 122 737

Für Überwei­sungen außer­halb Deutsch­lands :
IBAN : DE06 2005 0550 1257 1227 37
BIC : HASPDEHHXXX

Und hier noch ein Blog zur aktuelle Situa­tion auf Lesvos :
lesvos​.w2eu​.net

Artikel teilen