Solidarität mit den BusfahrerInnen der WSW !

Auch in Deutsch­land verläuft die zuneh­mende Entrech­tung und Ausbeu­tung der Arbeit­neh­me­rInnen nicht ganz so wider­standslos, wie es uns die Medien und die Politik gerne glauben machen möchten. An vielen Orten gibt es stillen Protest – manchmal sogar soetwas wie einen „stillen Streik”: In Wuppertal sind in letzter Zeit mehrere Busli­nien ausge­fallen, weil viele Busfah­re­rInnen durch Krank­mel­dung gegen die miesen Arbeits­be­din­gungen protes­tierten. Teilweise wurden die Busse einfach an Halte­stellen abgestellt. Oft am Limit fahrend, verdienen viele der neu eingrup­pierten Fahre­rInnen der vorma­ligen WSW-Subun­ter­nehmen bis zu 1.000 Euro weniger als ihre Kollegen und Kolle­ginnen. Das Wupper­taler Aktions­bündnis basta!, die Initia­tive „Roter Punkt in Wuppertal” und das so_ko_wpt rufen nun gemeinsam zur Solida­rität mit den Fahre­rInnen der WSW Mobil und der VSG auf.

Wir dokumen­tieren hier den ganzen Aufruf

Sagli­niza, Santé, Gesund­heit… Gesund­heit,  bessere Arbeits­be­din­gungen und höhere Löhne für alle Busfah­re­rInnen ! Solida­rität mit den Busfah­re­rInnen der WSW !

Das Aktions­bündnis basta ! und die Initia­tive Roter Punkt Wuppertal rufen zur Solida­rität mit den Wupper­taler Busfah­re­rInnen auf.

Seit einiger Zeit fallen in Wuppertal und Umgebung zahlreiche Busfahrten aus. So waren zeitweise 120 der ca. 750 Busfah­re­rInnen von WSW mobil und der VSG Verkehrs­ser­vice GmbH  wegen Krank­heit nicht zum Dienst gekommen. Die 15 „Springer“, die kurzfristig Linien erkrankter Kollegen übernehmen, reichten nicht aus, um die dadurch entstan­denen Engpässe aufzu­fangen. Offen­sicht­lich sind die Arbeits­be­din­gungen und die Löhne  im öffent­li­chen Nahver­kehr so beschissen, dass viele Fahre­rInnen krank werden und sich eine Auszeit nehmen müssen.

Mehrere Busfah­re­rInnen  hatten  sich anonym bei Radio Wuppertal gemeldet und auf schlechte Tarif- und  Arbeits­be­din­gungen hinge­wiesen : „Wir sind nicht alle krank, wir protes­tieren gegen die Stadt­werke!“ Kriti­siert werden u.a. zu lange Arbeits­zeiten, eine schlechte Infor­ma­ti­ons­po­litik und dreckige Toiletten. Außerdem verdienen einige aufgrund verschie­dener Tarif­ver­träge 1.000 Euro weniger im Monat als andere, obwohl sie täglich den gleichen Job machen. Angeb­lich betei­ligen sich 120 Busfahrer an dem Protest durch Krank­mel­dung. Die Stadt­werke sagten gegen­über Radio Wuppertal, dass sie davon nichts wüssten. Bei der Gewerk­schaft Verdi heißt es, man habe Gerüchte darüber gehört. Ein paar Tage später, sieht Martin Orthen von der Gewerk­schaft Verdi laut WZ  keinen Zusam­men­hang zwischen dem Kranken­stand und der Unzufrie­den­heit von Busfah­rern. „Dass sie grund­sätz­lich unter­be­zahlt sind, steht außer Frage“, sagt er. Das sei aber ein generelles Problem und betreffe nicht nur Wuppertal.

Solida­rität !

Wir begrüßen diese Form des infor­mellen Arbeits­kampfes ausdrück­lich. Da der Betriebsrat und die zustän­dige Gewerk­schaft Verdi sich offen­sicht­lich nicht (mehr) ausrei­chend um die Probleme der Busfah­re­rInnen kümmern, haben diese zu dieser kreativen Form des Arbeits­kampfes  gegriffen. Mit Erfolg : Zum ersten Mal wird in Wuppertal über die schlechten Arbeits­be­din­gungen und miesen Löhne breit disku­tiert. Wir hoffen, dass der Druck ausreicht und dass sich was zum besseren ändert !

Wir fordern alle Fahrgäste und Nutze­rInnen von Bussen und Schwe­be­bahnen der WSW auf, diesem Protest mit Verständnis und Solida­rität zu begegnen. Denn wenn die Fahre­rinnen und Fahrer sich gegen ihre Arbeits­be­din­gungen wehren, dann tun sie das zu Recht – und sie tun es für uns alle!!!

Beschis­sene Bedin­gungen…

Warum das so ist, beschrieb Harry Gohr, der bis vor sechs Jahren selbst Busfahrer bei den WSW war und überdies 21 Jahre dem Betriebsrat dort angehörte, der WAZ : „Seit der ÖPNV in verschie­dene Tochter­un­ter­nehmen libera­li­siert wurde, verdienen die Busfahrer mindes­tens 1.000 Euro weniger als früher. Hinzu kommt, dass sie bis zu 14 Stunden im Dienst sein können, aber nur noch bezahlt werden, wenn sie auch tatsäch­lich fahren.“ Da passiere es, dass man im Verstär­kungs­ver­kehr morgens und mittags einge­setzt werde und dazwi­schen unbezahlte Warte­zeit habe. Auch er kennt aus seiner aktiven Zeit Probleme mit den hohen Kranken­ständen „Im Busbe­reich wird immer am Limit gefahren, zehn Prozent Ausfall sind da normal.“ Auch warum heute kaum noch jemand den Beruf des Busfah­rers ergreifen will, kann er sich vorstellen : „Die verdienen bei einer 38,5 Stunden-Woche brutto um die 1.800 Euro.“

Ein weiteres großes Problem ist  die  Eingrup­pie­rung der alten Busfah­re­rInnen der vorma­ligen Subun­ter­nehmer. So werden erfah­rene Busfahrer als Neuein­steiger entlohnt und verlieren dadurch viel Geld.

Die vielen und in zahllosen LeserIn­nen­briefen dokumen­tierten Bus-Ausfälle und Verspä­tungen sind zurück­zu­führen auf eine rücksichts­lose Verdich­tung von Arbeits­zeiten und die Perso­nal­po­litik der WSW seit der Teilprivatisierung.Obwohl ein Teil der Daseins­vor­sorge, wird der Öffent­liche Nahver­kehr mehr und mehr ausge­dünnt und vor allem kosten­ef­fi­zient gemacht.  Die Busli­nien werden ausge­dünnt oder komplett einge­stellt, und die Fahrer und Fahre­rinnen fahren absolut an der Belas­tungs­grenze, was Pausen- und Ruhezeiten anbelangt. Diese Unter­neh­mens­po­litik ist fahrlässig und geht zu Kosten der Sicher­heit und der Lebens­qua­lität, sowohl der Fahrer und Fahre­rinnen als auch der Nutze­rInnen des ÖPNV in Wuppertal und Umgebung!!!

Der Wider­stand gegen diese Politik ist richtig und notwendig.

Das sehen wir in Wuppertal, aber auch in anderen Städten und Landkreisen. Nicht zuletzt und in beson­ders brutaler Form findet dasselbe in Südeu­ropa statt, wo die von der EU-Troika durch­ge­knüp­pelte Kürzungs­po­litik Existenzen vernichtet und Menschen in Armut stürzt.

In Athen traten praktisch zeitgleich zum „wilden“ Streik der WSW-mobil GmbH
-Fahre­rInnen die Bus- und Bahnfah­re­rInnen gegen die dortigen Fahrpreis­er­hö­hungen um 25 % in den Ausstand. Sie fordern eine Rücknahme der Fahrpreis­er­hö­hungen – und auch einen kosten­freien Nahver­kehr für Arme und Studen­tInnen. Es wäre an der Zeit  diese Kämpfe zu verbinden.

Kann Umver­tei­lung Sünde sein ?

Auch hier in Wuppertal müssen wir weitere Zusam­men­hänge begreifen. Wenn man über die schlechten Löhne der Busfah­re­rInnen spricht, darf man nicht vergessen, welche Lohner­hö­hungen sich die klammen Stadt­werke noch 2011 für ihre Führungs­kräfte geneh­migt haben. Nach WZ Recher­chen verdienten die Vorstände 2011 folgende Bezüge : Andreas Feicht, 323.000 Euro im Jahr, Wolfgang Herken­berg 257.000 Euro, Peter Storch 245.000 Euro, Markus Schlomski 270.000 Euro und Ulrich Jaeger 192.000 Euro. Da die Summen offen­sicht­lich nicht ausreichten, griff der Aufsichtsrat der WSW nocheinmal richtig in die Kasse und setzte gegen die Stimme des Vertre­ters der Linken im Aufsichtsrat durch, dass die Vorstands­mit­glieder eine erfolgs­ab­hän­gige Vergü­tung zusätz­lich zum Grund­ge­halt erhalten. Die Erhöhung soll 20 % für den Vorstands­vor­sit­zenden Andreas Feicht und fünf Prozent für die anderen Vorstands­mit­glieder betragen. Ob und wann die Erfolgs­be­tei­li­gung ausge­zahlt wird, hängt vom Erfolg der Stadt­werke ab… Ob die zahlrei­chen Gaspreis- und Strom­preis­er­hö­hungen, die schlechten Löhne der Busfah­re­rInnen und die hohen Fahrpreise dabei wohl als Erfolg gewertet werden ?

Solida­rität ist keine Einbahn­straße !

Lasst uns die Kämpfe mitein­ander verbinden ! Unter­stützen wir die kriti­schen Geister in der WSW und VSG -Beleg­schaft !  Solida­rität mit den Menschen, die Strom- und Gasab­sper­rungen in Wuppertal erleiden müssen, Solida­rität mit den Leuten, die wegen Schwarz­fahren im Knast sitzen.

Solida­rität mit schlecht­be­zahlten Busfah­re­rInnen in Wuppertal, Athen und überall ! Für kosten­losen Nahver­kehr für alle ! Für dezen­trale und ökolo­gi­sche Energie­ver­sor­gung ! Sozial­ta­rife statt Strom- und Gassper­rungen !  Gegen die Krimi­na­li­sie­rung von sog. Schwarz­fah­re­rInnen ! Keine Bußgeld­erhö­hung !

basta ! Aktions­bündnis gegen das Totsparen und für das Recht auf Stadt
Die Initia­tive Roter Punkt in Wuppertal
so_ko_wpt - Soli-Komitee-Wuppertal

Das Flugblatt mit dem Solida­ri­täts­aufruf als pdf-Download
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