Was funktioniert, ist das Feindbild gegen Links

Auf der Facebook-Seite des Bündnisses „Kein Platz für Nazis” wurde am heutigen Tag ein Kommentar zu den Ereig­nissen des Wochen­endes am AZ Wuppertal – speziell zum Polizei­be­richt und zur Medien­ar­beit – veröf­fent­licht, den wir ebenfalls dokumen­tieren wollen :

hellwach

Schon vergessen, was die hellwache Polizei über die Ereig­nisse am Samstag in ihrer ersten Presse­mit­tei­lung behauptet hat ? „Bei Eintreffen der Rettungs­kräfte wurden Polizei­be­amte und Rettungs­wa­gen­be­sat­zungen im Gebäude von mehreren Angehö­rigen der linken Szene angegriffen und der Zutritt verwehrt. Erst durch den Einsatz von Pfeffer­spray und mittels Schlag­stock konnten die Einsatz­kräfte den Verletzten zur weiteren ärztli­chen Versor­gung aus dem Gebäude retten.“  (Presse­mit­tei­lung der Polizei Wuppertal 11.04.2015 – 08:58)

Diese Version hatte die Wupper­taler Journaille ungeprüft verbreitet. Gestern gab es via WDR-Lokal­fern­sehen eine weitere Version. Die Polizei­spre­cherin führte aus : „Die Kollegen sind in das Gebäude rein. Es gab Range­leien und Schub­se­reien. Und da musste man auch zwischen­durch wieder rausgehen, sich sammeln. Die verletzte Person konnte aber aus dem Gebäude gebracht werden und wurde dann aber weiter behan­delt.“ In einem weiteren O-Ton führt die Polizei­spre­cherin aus : „Es wurde gesagt, dass die Polizei die Räumlich­keiten nicht betreten soll. In dem Fall ist es aber erfor­der­lich, das die Polizei Unter­su­chungen macht, Erste Hilfe leistet und mögli­cher­weise auch den Täter vor Ort antreffen und festnehmen kann.“

Inter­es­sant ist an der neuen polizei­li­chen Schil­de­rung, dass der Einsatz von Schlag­stock und Pfeffer­spray nicht mehr erwähnt wird. Außerdem bedeutet die Formu­lie­rung „Die verletzte Person konnte aber aus dem Gebäude gebracht werden und wurde dann aber weiter behan­delt.“ dass die verletzte Person von Rettungs­kräften schon vorher behan­delt werden konnte. Das deckt sich mit den Schil­de­rungen aus dem Autonomen Zentrum zum Ablauf.

Inter­es­sant wäre natür­lich zu wissen, ob beim „Rausgehen und Sammeln“ der Polizei­kräfte zum endgül­tigen Sturm aufs AZ auch der Notarzt und die Rettungs­kräfte - auf polizei­liche Anord­nung hin -ihre Rettungs­ar­beiten unter­bre­chen mussten. Da könnten recher­chie­rende Journalist*innen ja mal nachhaken.…

Fassen wir also zusammen :

Die Geschichte mit den Polizisten, die per Schlag­stock und Pfeffer­spray eine schwer­ver­letzte Person aus den Händen der Autonomen retten müssen, damit sie versorgt werden kann, ist eine Erfin­dung und offen­sicht­liche Falsch­dar­stel­lung, die den Zweck erfüllt hat, die Besucher*innen des Autonomen Zentrum und antifa­schis­ti­sche Praxis zu diffa­mieren.

Der Polizei­ein­satz zeigt klar, das einzige, was bei der Wupper­taler Polizei funktio­niert, ist das Feind­bild gegen Links. Wenn vor dem AZ ein Mann mit Messer­sti­chen lebens­ge­fähr­lich verletzt wird, ist die Haupt­spur natür­lich im linken Lager zu suchen. Dass es womög­lich nach den zahlrei­chen Nazian­griffen aufs AZ ein Nazian­griff oder ein rassis­ti­scher Angriff gewesen sein könnte, das hat im Einsatz­ver­halten der Polizei wohl keine Rolle gespielt.

Auf jeden Fall wird das AZ zum Tatort erklärt, die Türen werden einge­treten, Besucher*innen drang­sa­liert und sogar noch als Beschul­digte in einem Verfahren wegen Mordver­suchs vorge­laden. Das ist die klassi­sche Opfer-Täter Umkehr, die wir z.B. aus den NSU- Ermitt­lungen“ zur Genüge kennen.

Sonst ist die Polizei nicht so flink. Erst am Montag sichern sie im Umfeld Spuren und finden ein “blutver­schmiertes Messer“. Auch mit dem zweiten Verletzten aus der HOGESA- und Naziszene, der mit Stich­wunden an der Rathaus­ga­lerie „angetroffen“ wurde, können die Ermittler nichts anfangen. So ist es halt in Wuppertal, an jeder Ecke sitzt ein verletzter Nazi in der Innen­stadt. Die Sprecherin der Staats­an­walt­schaft kann z.B. nicht ausschließen, dass der Verletzte zufällig in irgend­welche Strei­tig­keiten geraten ist.

Das diese Ermitt­lungs­be­hörden eine sachkun­dige Recherche Richtung Nazistruk­turen hinkriegen, glaubt man nach den Ermitt­lungen in Sachen Flohmarkt oder Cinemaxx sowieso nicht. Das sich unter diesen Umständen keine Zeug*innen bei der Polizei melden, ist doch sonnen­klar.

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Mitteilung des Autonomen Zentrums zu Freitagnacht

Auch wir dokumen­tieren hier zunächst die Presse­mit­tei­lung des Autonomen Zentrums zu den Ereig­nissen der Nacht von Freitag auf Samstag. Gegen 1:00 Uhr morgens wurde vor dem AZ in Wuppertal-Elber­feld ein Freund durch Messer­stiche lebens­ge­fähr­lich verletzt.

Ein eigener Artikel zu den Gescheh­nissen folgt noch.

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Die Presse­mit­tei­lung des AZ von Sonntag, 12.04.2015 im Wortlaut :

Eine erste Presse­mit­tei­lung
Besucher des Autonomen Zentrums durch Messer­an­griff schwer­ver­letzt !

Samstag­morgen um 1.00 Uhr wurde ein Freund unseres Hauses auf der Straße vor dem AZ von mehreren Tätern angegriffen und mit zahlrei­chen Messer­sti­chen in den Rücken lebens­ge­fähr­lich verletzt. Vorher hatten die drei Männer mit Hogesa-Sprüchen AZ-Besucher*innen provo­ziert. Nach dem Messer­an­griff flüch­teten die Männer unerkannt.

Den Schwer­ver­letzten haben wir schnell in den Flur des AZ gebracht und ihm Erste Hilfe geleistet. Gleich­zeitig haben wir umgehend vom AZ aus mehrfach den Notarzt gerufen. Die Rettungs­kräfte kamen zeitnah und übernahmen die Erstver­sor­gung. Ein später eintref­fender Notarzt durfte jedoch nur mit großer Polizei­be­glei­tung ins AZ, weshalb auf das Eintreffen weiterer Polizist*innen gewartet wurde, bevor die Rettung fortge­setzt werden konnte. Doch anstatt das Gespräch mit den geschockten AZ-Besucher*innen am Eingang zu suchen, stürmten die nun mehr verstärkten Polizei­kräfte unter Andro­hung von Schlag­stock- und Pfeffer­spray-Einsatz in den AZ-Eingang, um mit Gewalt zu dem Verletzten zu gelangen.

Die Polizei behaup­tete später in einer unsäg­li­chen Presse­mit­tei­lung, die von allen Wupper­taler Medien ungeprüft übernommen wurde, Besucher*innen hätten Polizei­be­amte und Rettungs­wa­gen­be­sat­zungen im Gebäude angegriffen und die Polizei hätte erst „durch den Einsatz von Pfeffer­spray und mittels Schlag­stock (…) den Verletzten zur weiteren ärztli­chen Versor­gung aus dem Gebäude retten“ können.

Später traten die Polizei­kräfte, auf der Suche nach mögli­chen Tätern, im AZ noch wahllos Türen ein. Auch das könnte man mit mehr Abstim­mung mit den vor Ort anwesenden Vertreter*innen des AZ und dem (vor Ort überge­benen) Schlüs­sel­bund besser machen. Schließ­lich erklärte die Polizei das AZ zum Tatort und beschlag­nahmte unser Haus bis zum Morgen. Die Messer­ste­cher waren zu diesem Zeitpunkt schon lange weg.

Der Überfall hat uns alle sehr erschreckt und betroffen gemacht.

Wir hoffen, dass unser Freund wieder gesund wird !

Wir schicken Dir herzliche Grüße und viel Kraft ins Kranken­haus !

Besucher*innen des Autonomen Zentrums Wuppertal 11.4.2015

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