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Globale Kontrollgesellschaft – den digitalen Zugriff blocken
31. Oktober 2013 • 19:30 - 21:30
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Was bestimmt unser Leben? Die erste von zwei Veranstaltungen der "Stiftung W." in Zusammenarbeit mit "Bundeswehr wegtreten". Ein Versuch aus der digitalen Totalerfassung auszubrechen.
Die Medien sind voll mit Berichten staatlicher Datenspionage ungeheuren
Ausmaßes, die Edward Snowden öffentlich gemacht hat. Bradley Manning
wurde zu 35 Jahren Gefängnis verurteilt, weil er Wikileaks u.a.
Informationen zu extralegalen Hinrichtungen der US Army zuspielte. Der
„Verrat“ soll skandalös sein, über die (Hinter-)Gründe der massenhaften
Datenerhebungen wird geschwiegen. Was passiert heute millionenfach im
Netz, wo spenden wir selbst die Daten, die uns im Alltag zu Marionetten
von Google und Facebook machen? Wie versucht der Staat auch hierzulande,
das „normale“ Leben zu scannen, um Abweichungen zu erkennen und dann zu
sanktionieren? In den zwei Veranstaltungen wollen wir uns dem
Themenkomplex widmen und nach kreativen Möglichkeiten suchen, aus diesem
Irrsinn auszubrechen.
Zunächst: "Globale Kontrollgesellschaft – den digitalen Zugriff blocken":
Google, Facebook, Amazon, Twitter und Co sind die idealen Partner für militärisch-zivile Überwachung. Sie sammeln und liefern frei Haus individuelle Lebensmuster und -äußerungen und bilden damit ein umfassendes Instrumentarium, Verhalten zu katalogisieren. Hier lassen sich nicht nur makroskopische Muster einer Gesellschaft erkennen, sondern hier kann individuell für jedeN einzelneN ein „normales“ Alltagsverhalten von ungewöhnlicher und damit verdächtiger Aktivität unterschieden werden: Die Analyse meiner über das Handy an den Provider übermittelten Standorte markiert über Jahre hinweg für mich „gewöhnliche“ Orte. Mein über Kredit- und EC-Karte protokollierter Geldverbrauch hinterlässt ebenfalls eine individuelle Alltagssignatur in Höhe, Lokalität und Verwendungszweck der Geldtransfers. Telefon, E-Mail, Twitter und Facebook liefern ein nahezu vollständiges Soziogramm meiner Kontakte; eine Form der flächendeckenden Überwachung, wie sie zunehmend auch von staatlichen Behörden genutzt wird.
Dabei funktioniert der Zugriff auf den Einzelnen, sein Verhalten, seine Wünsche und Bedürfnisse sowie auf seine soziale Beziehungen längst automatisiert und damit unabhängig von personalisierten „Ermittlungsinteressen“: Eine einfache Software stellt die Frage „Wer ist mit wem wie intensiv verknüpf?“ grafisch dar. Stichwort- und semantische Analyse unverschlüsselter Kommunikation legen den Charakter der sozialen Beziehung offen und liefern ganz nebenbei meinen typischen „Sprachabdruck“. Schon eine Analyse mehrerer Monate bildet ein individuelles „Durchschnittsverhalten“ hinreichend präzise ab und macht das für diese Person „normale“ Verhalten vorhersagbar – eine Disziplin, in der Google erklärtermaßen seine zukünftige Vorreiterrolle sieht, und die auch von staatlichen Behörden genutzt wird – ohne, dass sich jemand speziell für „mich“ interessieren muss.
Warum begeben wir uns dennoch freiwillig digital-exhibitionistisch in den Zustand völliger Durchleuchtung unserer Privatsphäre? Warum liefern wir freiwillig die Datenbasis, die jegliche Überwachung und damit auch Drohnen zur Selektion zwischen normalem und verdächtigem Verhalten benötigen? Wie können wir der Überwachungsstaatengemeinschaft und ihren Erfüllungsgehilfen bei der Totalerfassung all unserer Lebensäußerungen in die Suppe spucken? Als freiwillige und unfreiwillige Datenspender suchen wir nach kollektiven Verweigerungs- und Blockademöglichkeiten und nehmen unserem Gegenüber in der Bahn die Google-Brille ab.