Die Initiative w2wtal (welcome2wuppertal) ruft am Tag vor der Bundesratsentscheidung zur erneuten Verschärfung des Asylrechts zu einer Kundgebung in Wuppertal-Elberfeld auf. Wir dokumentieren hier den Aufruf der Initiative. (Quelle)
All Refugees are Welcome : Öffentliche Versammlung und Kundgebung in Wuppertal am 15.10.2015, 17 Uhr auf dem von der Heydt-Platz, Elberfeld
Asylrechtsverschärfung stoppen !
Lösungen mit uns suchen – nicht gegen uns !
Am Donnerstag den 15.10. soll die neue Verschärfung des deutschen Asylrechts durch den Bundestag verabschiedet werden, bereits einen Tag später soll der Bundesrat zustimmen und schon ab 1.November soll das neue Gesetz angewendet werden. Die Gesetzesvorlage, die mitten im kurzen « Sommer des Willkommens » durch den Bundesinnenminister vorgelegt wurde, und nun in höchster Eile die Instanzen passieren soll, stellt die schlimmste Demontage des Asylrechtes in Deutschland seit 1993 dar. Wir sind mit dieser Beurteilung nicht alleine : Während Hardliner wie De Maiziére oder Seehofer stolz auf ihren Coup sind, kritisieren Menschenrechtsorganisationen wie Pro Asyl, die Flüchtlingsräte aber auch bürgerliche Kommentatoren wie Heribert Prantl in der « Süddeutschen Zeitung » oder die « taz » das sogenannte « Asylbeschleunigungsgesetz » scharf.
Es wird in weiten Teilen nicht nur als menschenfeindlich und gegen die um Asyl nachsuchenden geflüchteten Menschen gerichtet bezeichnet, es wird auch an vielen Punkten als unpraktikabel und kontraproduktiv für die angegebenen Ziele angesehen. So verstößt die beabsichtigte Verlängerung des Aufenthalts in Erstaufnahmelagern nicht nur gegen menschliche Maßstäbe, sie wird auch zu einer Zunahme der mit der Lagerunterbingung einhergehenden Probleme führen, ebenso wie die geplante Streichung des mickrigen « Taschengelds » (z.Zt. 143 Euro/Monat), das durch « Sachleistungen » ersetzt werden soll, was zu weiteren Belastungen der ohnehin jetzt schon überlasteten Strukturen in den Aufnahmezentren führen wird.
Besonders kritisieren wir die nun in Gesetzesform gegossene Spaltung der Flüchtenden in « gute, nützliche » Geflüchtete und « schlechte » Refugees, die angeblich « ohne echte Fluchtgründe » in Deutschland eingereist sind. Die Definition weiterer Länder wie des Kosovo als « sichere Herkunftsländer », in denen angeblich keine Fluchtgründe bestehen, ist ein doppelter Skandal : Sie schaffen nicht nur eine immer größere Zone von rein willkürlich « sicheren » Regionen, sie treffen wieder einmal eine der am schlimmsten diskriminierten europäischen Bevölkerungsgruppen – die Roma. Anstatt endlich der historischen Verantwortung gegenüber einer bereits im nationalsozialistischen Deutschland systematisch verfolgten Minderheit gerecht zu werden, besinnt sich die Bundesregierung auf dessen Methoden.
Selektion, Internierung und Deportation werden wieder zum Gesetz und die für so genannte « Asylsuchende ohne Bleiberechtsperspektive » vorgesehenen Lager, in denen die Betroffenen bis zur Deportation ausharren müssen, werden zu den neuen « Willkommensorten » : ohne eine echte rechtliche Perspektive, ohne jede Möglichkeit zu arbeiten und sogar ohne Schulunterricht für Kinder. Diese « Zweiklassengesellschaft » für flüchtende Menschen wird von den Betroffenen selber abgelehnt. Das haben einige in Wuppertal lebende Geflüchtete gerade in ihrer Erklärung zur Asylrechtsverschärfung deutlich gemacht. Der Gedanke, dass eine Unterstützung für die einen nur zu Lasten anderer zu haben sein soll, erscheint vielen unerträglich.
Echte Willkommenskultur heißt :
Das neue Gesetz unterlaufen !
Die GRÜNEN, unter anderem auch in NRW mitregierend, hätten am Freitag im Bunderat wieder einmal die Möglichkeit, sich auf ihre Gründungsideale zu besinnen und das neue Gesetz zu stoppen. Doch das wird auch diesmal nicht passieren. Die große Zahl der solidarischen Menschen, die in den letzten Wochen der Phrase von der « Willkommenskultur » erst eine zumeist selbstorganisierte Substanz gaben, werden in der Politik keine Partner*innen finden. Zur Zeit deutet alles daraufhin, dass die Politik der Abschottung, Abschreckung und Repression eher neue Ungeheuerlichkeiten hervorbringt ; die aktuell diskutierten Masseninternierungslager an den Außengrenzen stellen wahrscheinlich nur einen Anfang dar.
Denn alle Versuche, die Zahl der aus Not und Lebensgefahr migrierenden Menschen durch Schikanen, Zäune oder Kanonenboote zu reduzieren, haben sich nicht nur in der Vergangenheit als untauglich erwiesen, sie werden auch in der Zukunft aussichtslos sein. Doch Teile der Politik sind nicht bereit, ihre Niederlage gegenüber der “Autonomie der Migrationsbewegung” einzugestehen und reagieren auf ihr methodisches Versagen nicht mit Umdenken sondern satteln auf alte Fehler immer neue auf – bis hin zur Preisgabe aller eigenen moralischen Ansprüche. Es ist deshalb zu erwarten, dass sie bald auch über Schießbefehle an den Grenzen diskutieren werden.
Für jenen Teil der Gesellschaft, der für eine andere Umgehensweise mit migrierenden Menschen steht, muss es deshalb jetzt darum gehen, die zur gleichen Zeit stattfindende Selbstermächtigung der Bewegung der Migration zu unterstützen und abzusichern. Hierzu müssen Strukturen und Umgangsweisen gefunden werden, die menschenverachtende Gesetze wirkungsvoll unterlaufen können – etwa, wenn Geflüchteten Gutscheine für « Sachleistungen » massenhaft abgekauft werden, damit wenigstens rudimentär ein eigenes Dasein gestaltet werden kann : z.B. damit mit dem Geld Nahverkehrstickets gekauft oder Telefonkarten aufgeladen werden können.
Mit der öffentlichen Versammlung am Tag vor der Bundesratsentscheidung wollen wir auf die Menschen zugehen, auf deren Hilfe wir angewiesen sind, wenn aus der « Willkommenskultur » der letzten Wochen nicht ein böses Erwachen für Geflüchte und die so genannte “Zivilgesellschaft” werden soll.
Kommt am Donnerstag um 17 Uhr zum v.d.Heydt Platz ! Informiert euch, teilt eure Kontakte und überlegt gemeinsam, was jetzt zu tun ist.
Anhang : Stellungnahme der GGUA zum neuen Asylrecht (pdf)