Heute, am 20.Januar, findet anlässlich der Aussage von Opfern des Keupstraßenattentats im NSU-Prozess eine bundesweite Demo der Initiative « Keupstraße ist überall » in München statt. Mehr als 150 Anwohner*innen haben die weite Fahrt auf sich genommen, um ihren Nachbar*innen, für die der Prozess eine große Belastung darstellt, in München beizustehen. Sie alle mussten nach der Explosion der Nagelbombe die Erfahrung aller Opfer des NSU-Terrors machen : Sie wurden zur Zielscheibe von Verdächtigungen und Nachstellungen durch deutsche Behörden und Medien.
Auch nach der Selbstenttarnung des NSU geht die Ignoranz gegenüber den Opfern des Terrors fast ungebrochen weiter – im Fokus der Öffentlichkeit stehen meist die Täter, speziell die in München angeklagte Beate Zschäpe. Mit einer Reihe solidarischer Aktionen sollte das aufgebrochen werden. Unter anderem mit einer parallel in zehn Städten erfolgten Umbenennung von Straßen, mit der den Ermordeten eine Würdigung zuteil werden sollte. In Wuppertal wurde so am 4.November mit einer kleinen Kundgebung die « Schneiderstraße » auf dem Ölberg in « Mehmet-Kubaşık-Straße » umbenannt. (Siehe unseren Artikel dazu)
Leider hielt die Stadtverwaltung diese – von den Anwohner*innen des Ölbergs akzeptierte – Umbenennung nicht sehr lange aus. Obwohl die Straße vor der kleinen Zeremonie nach einem Unfall wochenlang ohne städtische Reaktion namenlos gewesen war, ging es nun recht schnell : In einer Nacht- und Nebelaktion benannten städtische Mitarbeiter*innen die « Mehmet-Kubaşık-Straße » einfach wieder in « Schneiderstraße » um. Das eigens angefertigte Straßenschild verschwand auf Nimmerwiedersehen im städtischen Orkus*.
Als solidarische Geste für alle, die heute in München sind, um beim NSU-Prozess auszusagen oder zu demonstrieren, gaben Nachbar*innen vom Ölberg am Sonntagabend der Mehmet-Kubaşık-Straße ihren Namen zurück. Erneut wurden die Schilder ausgewechselt. Diesmal dauerte es keine 24 Stunden, bis die Schilder entfernt wurden. Die Straße am Schusterplatz trägt nun wieder den falschen Namen « Schneiderstraße ». Das letzte Wort in der Angelegenheit ist das jedoch sicher nicht.
Liebe Grüße aus Wuppertal in die Keupstraße und nach München.
* Es gibt inzwischen eine Entschuldigung für die Entsorgung des Schildes durch die Stadt Wuppertal. Dem Mitarbeiter des Betriebshofs sei die Bedeutung des Straßenschildes nicht bewusst gewesen.