Flüchtlinge : Hungerstreik wieder aufgenommen

Am gestrigen Freitag, den 16.11.2012 haben die strei­kenden Flücht­linge am Branden­burger Tor in Berlin erklärt, dass sie ab sofort den Anfang des Monats abgebro­chenen Hunger­streik wieder aufnehmen. Sie fühlen sich von der Regie­rung nicht ernst genommen. Wer die Entschei­dungen und Erklä­rungen der Flücht­linge verfolgt hat, weiß um ihre Entschlos­sen­heit. Es bleibt zu hoffen, dass ihre Forde­rungen endlich seriös angehört werden und die Sache nicht drama­tisch endet. Wir dokumen­tieren hier die fünfte Erklä­rung der protes­tie­renden Flücht­linge zur Wieder­auf­nahme des Hunger­streiks.

5. Presse­er­klä­rung der Flücht­linge am Branden­burger Tor Berlin vom 16.11.2012.

Bundes­re­gie­rung verspielt unseren Vertrau­ens­vor­schuss an Staats­mi­nis­terin Böhmer

Wir fühlen uns von den politisch Verant­wort­li­chen nicht ernst genommen, hinge­halten und mit Gesprä­chen ohne Konse­quenzen abgespeist. Offenbar sieht die Bundes­re­gie­rung nur Gesprächs­be­darf während eines Hunger­streiks. Deshalb nehmen wir den am 01.11.2012 ausge­setzten Hunger­streik am heutigen Tag wieder auf.

Die Antwort der Bundes­re­gie­rung vom 07.11.2012 auf die Kleine Anfrage der Fraktion DIE LINKE an Bundestag lautete ; „Der Hunger­streik der Asylbe­werber wurde am Abend des 01. November 2011 abgebro­chen. Ein weiterer Gesprächs­be­darf besteht aus Sicht der Bundes­re­gie­rung nicht.” Darüber hinaus lobte der parla­men­ta­ri­sche Staats­se­kretär Dr. Ole Schröder die Residenz­pflicht als einen wichtigen Baustein des Asylver­fah­rens und behaup­tete diese wäre „keine übermä­ßige Einschrän­kung der persön­li­chen Entfal­tungs­frei­heit”.

Gleich­zeitig lehnt er für Asylbe­werber einen Anspruch auf Arbeit, gesell­schaft­liche Teilhabe und selbst­be­stimmte Lebens­weise ab. Damit wurden die Ergeb­nisse der Gespräche am 22.11.2012 im Bundestag durch die Bundes­re­gie­rung vorweg­ge­nommen, obwohl wir mit der Beendi­gung des Hunger­streiks in Vorleis­tung gegangen sind.

Wir müssen daher davon ausgehen, dass die uns von Frau Böhmer gemachten Zusagen und Prüfungen der einzelnen Sachver­halte nie wirklich beabsich­tigt waren, sondern ledig­lich als Täuschung und zum schnellst­mög­li­chen Abbruch des Hunger­streiks initi­iert waren.

Wir fühlen uns von den politisch Verant­wort­li­chen immer noch nicht ernst genommen. Wir waren und bleiben trotzdem gesprächs­be­reit bis emsthaft und ergeb­nis­offen über unsere Forde­rungen disku­tiert wird. Diese lauten noch immer :

  • 1. Anerken­nung aller Asylsu­chenden als politisch Geflüch­tete
  • 2. Stopp aller Abschie­bungen
  • 3. Aufhe­bung der Residenz­pflicht
  • 4. Nicht Prüfung und Aufrecht­erhal­tung der Lager sondern Wohnungen

Die protes­tie­renden Flücht­linge am Branden­burger Tor

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Würzburger Nouruz-Protest wird nach Düsseldorf ausgeweitet

Flücht­linge und Migran­tInnen verstärken ihren Wider­stand gegen das Lager­system und das Asylver­fahren in Deutsch­land. Ab dem heutigen Dienstag werden die Aktionen, die seit dem irani­schen Neujahrs­fest (Nouruz) in Würzburg statt­finden, auf andere Städte ausge­weitet. Dort kam es u.a. in den letzten Wochen zu einem Hunger- und Durst­streik irani­scher Flücht­linge. In NRW ist ein Protest­camp in Düssel­dorf geplant.

Doch die Stadt Düssel­dorf, bzw. die Polizei, will kein Camp in der Landes­haupt­stadt zulassen. Dass diese Verwei­ge­rungs­hal­tung in Zusam­men­hang mit dem inzwi­schen ungeliebten « Occupy»-Camp steht, dessen Räumung für Ende des Monats gefor­dert wird, darf vermutet werden. Durch die schika­nösen Auflagen wird den Betrof­fenen ein effek­tiver Protest gegen die unzumut­bare und unmensch­liche deutsche und europäi­sche Flücht­lings­po­litik unmög­lich gemacht.

Das Wupper­taler Solida­ri­täts-Komitee gegen die EU-Krisen­po­litik hat von Beginn an den Zusam­men­hang zwischen den gesell­schaft­li­chen Folgen der Auste­ri­täts­po­litik und einer Verschär­fung der Lage von Flücht­lingen betont. So wurde zur antika­pi­ta­lis­ti­schen « Kiezdemo » in der Elber­felder Nordstadt zu « M31 » gemeinsam mit der « Karawane für die Rechte von Flücht­lingen und Migran­tInnen » aufge­rufen, um auf die drasti­schen Auswir­kungen der Kürzungs­po­litik für in Griechen­land ankom­mende, bzw. lebende Migran­tInnen hinzu­weisen. Die damals bereits bekannten « Jagden » auf Migran­tInnen in den Straßen der großen griechi­schen Städte haben sich mittler­weile in einen Wahler­folg der Faschisten und in teils offen pogrom­ar­tige Verfol­gungen von sogenannten « Illegalen » verwan­delt. Unter­dessen finan­ziert die EU den Bau von Lagern für mehr als 30.000 Menschen in Griechen­land. Ziel dieser in deutschen Medien meist unerwähnten « Finanz­hilfe » ist, in Deutsch­land ankom­mende Flücht­linge endlich wieder nach Griechen­land zurück­schi­cken zu können, sofern sie dort in die EU « einge­reist » sind. Das trifft auf die meisten Flücht­linge zu, die z.B. aus Afgha­ni­stan oder dem Iran nach Europa gelangen. (Die inner­eu­ro­päi­schen Abschie­bungen nach Griechen­land sind seit einiger Zeit gericht­lich ausge­setzt – zu ungeheu­er­lich waren die Zustände in den dortigen Lagern.)

Die Abschie­bungen von Flücht­lingen und Migran­tInnen an die Peripherie Europas sind ein Teil der Probleme, denen sich die Mitmen­schen aus Afgha­ni­stan, aus Pakistan, aus dem Iran, aus Afrika, Asien und anderswo in der BRD ausge­setzt sehen. Ihr Schicksal wird in oft latent auslän­der­feind­li­chen Behörden entschieden, häufig in quälend langen Verfahren, während derer sie in Isola­ti­ons­la­gern unter­ge­bracht sind.

Die Entschei­dungen folgen dabei zumeist dem wirtschaft­lich orien­tierten Master­plan der EU, der eine Einwan­de­rung nach Europa am Liebsten ausschließ­lich nach neoli­be­ralen Krite­rien der « Nützlich­keit » von Menschen ermög­li­chen will. Nicht nur deshalb sind EU-Krisen- und Flücht­lings­po­litik zwei Seiten einer Medaille. Wenn jetzt Flücht­linge entschieden und solida­risch gegen das skanda­löse deutsche Lager­system und die Art der Asylver­fahren vorgehen, verdient das ebenso unsere Solida­rität wie der Wider­stand gegen die soziale und demokra­ti­sche Demon­tage der Gesell­schaften.

Das Wupper­taler Solida­ri­täts-Komitee gegen die EU-Krisen­po­litik ruft daher zur Unter­stüt­zung des Düssel­dorfer Protest­camps irani­scher Flücht­linge auf, und wird über die weitere Entwick­lung berichten.

Die Presse­er­klä­rung der Unter­stüt­ze­rInnen des Protest­camps in Düssel­dorf im Wortlaut :

Polizei behin­dert massiv den Aufbau eines Protest­zeltes

Seit Wochen protes­tieren vor allem irani­sche Flücht­linge für ein Bleibe­recht, gegen die schlechten Bedin­gungen in Flücht­lings­un­ter­künften und die lange Bearbei­tungs­dauer von Asylver­fahren in einem Protest­camp in Würzburg. Ab Dienstag wollen die betrof­fenen Flücht­linge, ihre Protest­ak­tionen auf andere Bundes­länder ausweiten. So soll es auch in der Landes­haupt­stadt Düssel­dorf ein Protest­zelt von Flücht­lingen geben, die in Heimen in NRW unter­ge­bracht sind.

Bei einem Koope­ra­ti­ons­ge­spräch mit der Polizei am Freitag­morgen gab es keine nennens­werten Auflagen. Stunden später wider­rief die Polizei aller­dings ihre gemachten Aussagen und unter­sagt den Flücht­lingen im Rahmen einer Dauer­mahn­wache von vier Wochen ein Zelt aufzu­bauen und dort zu nächtigen.

Das Schlafen im Zelt ist zentraler Ausdruck des Protestes der betrof­fenen Flücht­linge gegen die miesen und als ausweglos empfun­denen Bedin­gungen in den Heimen. Den Flücht­lingen stehen außerdem die finan­zi­ellen Mittel täglich an- und abzureisen nicht zur Verfü­gung.

Mit großem Unver­ständnis haben die Unter­stützer des Protest­camps reagiert und Rechts­mittel gegen die Auflagen einge­legt !

Aus diesem Anlass wollen wir Sie zu einer
Presse­kon­fe­renz
am Dienstag, 10.7.2012, um 16 Uhr
am Rathaus­ufer neben dem Burgplatz, einladen.

Anwesend sein werden viele Unter­stüt­ze­rInnen des Protest­zeltes, wie Arash Dosthos­sein, von Abschie­bung bedrohter Flücht­ling, Marcel Keien­borg, Rechts­an­walt, Julia von Lindern, Straßen­ma­gazin fifty­fifty, Frank Lauben­burg, Mitglied des Stadt­rats, weitere betrof­fene Flücht­linge u.v.a.

• Weitere Infor­ma­tionen gibt es u.a. auf der Website der „Karawane”.
WDR 5 Radio­bei­trag vom Tag (10.07.2012)

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