Diskussion am 8.9.: Flucht und Asyl – Diskurs kaputt ?

Unsere Veran­stal­tungs­reihe zur „Politik in der Rechts­kurve” war als Beitrag des so_ko_wpt im Jahr einer Bundes­tags­wahl gemeint, bei der sehr wahrschein­lich erstmals seit Jahrzehnten eine immer offener rechts­ra­di­kale Partei in das Parla­ment einziehen wird. Zwei Wochen vor der Wahl beschließen wir zunächst diese Serie von Diskus­si­ons­ver­an­stal­tungen.

Nachdem wir uns zuvor den Aspekten rechter Politik- und Wirklich­keits­kon­zepte auf den Philip­pinen, in der Türkei und in Frank­reich gewidmet haben, wollen wir uns am 8. September mit unserer Referentin Regina Wamper vom Duisburger Institut für Sprach- und Sozial­for­schung (DISS) um die Hinter­gründe rechter Diskurs­ver­schie­bungen in Deutsch­land kümmern. Eine Auswer­tung unserer Reihe, inklu­sive des bislang fehlenden Beitrags zur Veran­stal­tung mit Bernard Schmid zur Situa­tion in Frank­reich, folgt nach der Wahl im Laufe des Herbstes.

Diskus­sion : Flucht und Asyl – Diskurs kaputt ? Zur Verschie­bung des asylpo­li­ti­schen Diskurses seit 2015. Mit Regina Wamper am Freitag, den 8. September, Alte Feuer­wache (Gathe­drale), Gathe 6, Wuppertal-Elber­feld, 19:00 Uhr. (Achtung : in den ursprüng­li­chen Ankün­di­gung war als Veran­stal­tungsort das Café ADA angegeben, aus techni­schen Gründen musste die Diskus­sion in die „Gathe­drale“ der Alten Feuer­wache verlegt werden.)

Wie konnte sich nach anfäng­lich begeis­terter Bericht­erstat­tung über die „Willkom­mens­kultur” ein wesent­lich auch von der AfD getrie­bener Diskurs der Abschot­tung und Ableh­nung durch­setzen ? Regina Wamper beobach­tete am „DISS“ im Rahmen ihrer Forschungs­ar­beit die öffent­liche und mediale Rezep­tion der Ereig­nisse seit dem so genannten „Sommer der Migra­tion”.

Seither hat sich in der Asyl-, Flücht­lings- und Migra­ti­ons­po­litik vieles geändert ; nicht allein auf der gesetz­li­chen, sondern auch auf der diskur­siven Ebene. Das Reden über Flucht und Migra­tion und die entspre­chenden Wahrneh­mungs­muster haben sich, auch getrieben von gezielten Tabubrü­chen und Inter­ven­tionen durch die AfD, verschoben. Nach einer anfäng­lich begeis­terten medialen Bericht­erstat­tung zu einer so genannten „Willkom­mens­kultur“ rückten Berichte und Begriff­lich­keiten schnell wieder davon ab. Schon im Dezember 2015, als Regina Wamper zuletzt als Referentin zu Besuch in Wuppertal war, war eine zuneh­mende „Krisen­rhe­torik“ feststellbar, wobei als Krise die Ankunft vieler Flücht­linge in Deutsch­land bezeichnet wurde, nicht der zuneh­mende Rassismus und die Angriffe auf sie. Inzwi­schen hat sich der öffent­liche Diskurs fast vollständig gedreht.

Regina Wamper hat die diskur­siven Verschie­bungen über einen Zeitraum von einem Jahr (2015/2016) anhand verschie­dener deutsch­spra­chiger Leitme­dien unter­sucht. Sie kommt zu einem bedrü­ckenden Ergebnis : „Wir müssen feststellen, dass Aussagen, die noch vor fünf Jahren als extrem rechts oder rassis­tisch bewertet wurden, heute zum Sagbar­keits­feld des medio­po­li­ti­schen Diskurses gehören. Die neue Norma­lität bezüg­lich Flucht und Migra­tion ist restrik­tiver als die alte und die alte war bereits restriktiv.“ Spätes­tens nach den sexis­ti­schen Übergriffen der Silves­ter­nacht 2015/16 sei die Forde­rung nach Schutz für die Schutz­su­chenden in Deutsch­land zurück­ge­treten hinter die Forde­rung nach „Schutz“ der deutschen Mehrheits­be­völ­ke­rung vor den Geflüch­teten.

Wie konnte es geschehen, dass, angesichts und trotz einer sich parallel verste­ti­genden ehren­amt­li­chen Flücht­lings­hilfe und eines – bis heute anhal­tenden – beindru­ckenden Engage­ments für Geflüch­tete aus der Zivil­ge­sell­schaft, klare antiras­sis­ti­sche und menschen­recht­liche Positionen derartig an den Rand gedrängt werden konnten ? Wie konnte es so weit kommen, dass Abschie­bungen in breiten Teilen der Bevöl­ke­rung mittler­weile ebenso als „normal“ hinge­nommen werden wie das massen­hafte Sterben an den Grenzen Europas ? Welche politi­schen, diskur­siven und prakti­schen Gegen­vor­schläge und Strate­gien müssten von Flücht­lings­ak­ti­vis­tInnen und von antiras­sis­ti­schen Gruppen entwi­ckelt werden ? Wo gab und gibt es Inter­ven­ti­ons­mög­lich­keiten für antiras­sis­ti­sche Positionen ? Und wie kann im Rahmen eines solch „kaputt gemachten“ Diskurses ein diffe­ren­ziertes Sprechen jenseits von Verwer­tungs­logik und Integra­ti­ons­zu­mu­tungen möglich werden, das auch die Heraus­for­de­rungen und Probleme, die mit einer (globalen) Migra­ti­ons­ge­sell­schaft verbunden sind, nicht ausblendet ?

Über diese und andere Fragen möchten wir am 8.9.2017 mit Regina Wamper disku­tieren. (Eintritt : Spende)

Eine Veran­stal­tung im Rahmen der Wupper­taler Aktions­tage zu „WELL COME UNITED“.

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13.574 Wuppertaler wählen rechts

Im Nachgang zur in unserer Reihe „Politik in der Rechts­kurve” dazwi­schen gescho­benen Veran­stal­tung am 2. Mai zum Umgang der radikalen Linken mit den diesjäh­rigen Wahlen mit Bernhard Sander (die LINKE), haben wir uns ein wenig mit den Ergeb­nissen der Landtags­wahl in Nordrhein-Westfalen beschäf­tigt.

Ein Haufen Zahlen aus Wuppertal

Unabhängig vom Verhältnis der radikalen Linken zum Parla­men­ta­rismus müsste die Beschäf­ti­gung mit den Ergeb­nissen einer Wahl Standard radikal linker Politik sein. Nirgends findet sich ein so detaill­rei­ches Bild von der Stadt­ge­sell­schaft und den Nachbar­schaften wie in den Stimm- und Kommu­nal­wahl­be­zirken. Es sind Hinweise auf Inter­ven­ti­ons­mög­lich­keiten und -notwen­dig­keiten und sie helfen dabei, die Stimmungs­lage auch in den Quartieren einzu­schätzen, die nicht zur eigenen Filter­blase gehören. Bei der Betrach­tung der Ergeb­nisse der Landtags­wahl haben wir uns auf die Kommu­nal­wahl­be­zirke beschränkt. Wer sich für noch genauere Ergeb­nisse inter­es­siert, kann sich auf der Seite der Stadt Wuppertal auch das Abstimm­ver­halten der direkten Nachba­rInnen im eigenen Stimm­be­zirk anschauen. Dort kann zum Beispiel nachge­sehen werden, ob es im direkten Umfeld Nazis gibt und wenn ja, wie viele.

Das wichtigste Ergebnis zuerst : Die Tatsache, dass die AfD in Wuppertal so gut wie keinen Wahlkampf führte (es gab z.B. gar nicht erst den Versuch der Plaka­tie­rung), hat der Zustim­mung zur Partei in der Stadt keinen Abbruch getan. Ihr Ergebnis fiel mit 8,51% sogar ein Prozent besser aus als im Landes­schnitt. Insge­samt gaben 12.585 Menschen in Wuppertal ihre Stimme der AfD. Mit ihrem Ergebnis liegt die AfD im Tal in zwei von drei Wahlkreisen auch vor der LINKEN. Nur im Wahlkreis Wuppertal II, das ist Elber­feld (mit dem Ölberg und der Nordstadt), konnte die LINKE ein knapp besseres Ergebnis erzielen als die AfD (8,04% zu 7,50%).

Für insge­samt 567 Wupper­ta­le­rInnen war die AfD jedoch noch nicht rechts genug. Sie wählten die NPD. Das waren aller­dings 304 Stimmen weniger als 2012. Hinzu kommen anderer­seits aber 206 Stimmen für die Republi­kaner und 81 Stimmen für die krimi­nellen Hardcore-Nazis von „die Rechte“, sowie 134 Stimmen für die „Initia­tive Volks­ab­stim­mung“, die 2012 allesamt nicht zur Wahl angetreten waren.

Anders als die „klassi­sche Rechte“, die am Ölberg nie ein Bein auf den Boden brachte, konnte die AfD auch dort dreistel­lige Anzahlen an Stimmen einsam­meln, wenn auch deutlich weniger als im übrigen Stadt­ge­biet. Im Kommu­nal­wahl­be­zirk Hombü­chel, in dem die LINKE zweit­stärkste Partei noch vor CDU und den Grünen wurde, erhielt die AfD 155 Stimmen (3,89%), 8 Menschen wählten hier zudem die NPD ; am Höchsten waren es 161 (5,25%) Stimmen für die AfD, 9 Stimmen für die NPD. Eine Stimme gab es hier für die Nazis von „die Rechte“. Am Osters­baum wählten 290 Menschen die AfD (8,84%), aber auch 378 die LINKE (11,25%). Hier wählten darüber­hinaus 20 Leute die Nazis von NPD oder „die Rechte“. Die Betei­li­gung an der Wahl lag am Osters­baum signi­fi­kant unter dem Stadt­durch­schnitt (knapp 50%), was den großen Parteien nicht gut getan hat. Es ist der polari­sier­teste Kommu­nal­wahl­be­zirk der Stadt. Von der Hälfte der Wahlbe­rech­tigten die wählten, wählten 20% die LINKE oder AfD. Der Osters­baum ist mehr denn je ein Nordstadt-Quartier auf der Kippe.

Die Hochburgen der Rechten finden sich an den beiden Enden der Stadt : Im Westen in Vohwinkel-Ost (9,7%, 403 AfD-Stimmen, 19 Stimmen NPD, 7 Stimmen für „die Rechte“) und -West (10,74% oder 374 AfD-Stimmen, 10 Stimmen für die NPD und 2 für „die Rechte“), sowie ab dem Loh in Richtung Osten. Im Osten Wupper­tals konnte die AfD zum Teil drama­tisch gute Ergeb­nisse erzielen (Loh : 11,61%, bzw. 412 Stimmen für die AfD, 16 Stimmen NPD plus 5 Nazis für „die Rechte”). Ähnlich waren die AfD-Ergeb­nisse in Barmen-Mitte (326 Stimmen, bzw. 10,51%, 15 NPD-Stimmen plus 7 Stimmen für „die Rechte“), sowie am Sedans­berg (284 Stimmen oder 10,18% für die AfD, 22 Stimmen für die NPD und 2 „die Rechte“-WählerInnen). Noch übler sieht es in Oberbarmen und Langer­feld-Nord aus. Hier konnte die AfD 13,65% (oder 323 Stimmen) bzw. 12,49% (oder 522 Stimmen) abgreifen. Hinzu kommen 21 bzw. 36 Stimmen für die Nazi-Parteien NPD und „die Rechte“. In beiden Wahlbe­zirken lag die Betei­li­gung an der Wahl deutlich unter 50% (in der Stadt gesamt waren es 62%). Weitere Kommu­nal­wahl­be­zirke, in denen es eine niedrige Wahlbe­tei­li­gung gab und die AfD zweistel­lige Ergeb­nisse holte, waren Wichling­hausen-Süd und -Nord (10,60%, und 10,76% bzw. 286 und 398 Stimmen, sowie 32 bzw. 23 Stimmen für NPD und „die Rechte“) sowie Nächs­te­breck und Hecking­hausen-Ost (10,35% oder 539 Stimmen für die AfD, 22 Stimmen für die Nazi-Parteien bzw. 11,83%, 420 Stimmen und 26 Stimmen für die Nazi-Parteien). Auch in Hecking­hausen-West waren es fast 10% (9,10%). In allen genannten Wahlbe­zirken lag die LINKE deutlich hinter der AfD, beson­ders schlimm ist dies in Nächs­te­breck und Langer­feld.

Insge­samt lässt sich feststellen, dass das Auftau­chen der AfD deutli­cher als je zuvor macht, dass sich von den „Wohlfühl­zonen“ einiger Elber­felder Quartiere niemand blenden lassen darf – es gibt eben auch ein Leben außer­halb des Ölbergs. Auch die zumeist mit einem Kräfte­ver­hältnis von zehn zu eins statt­fin­denden antifa­schis­ti­schen Aktivi­täten gegen Nazi-Aufmär­sche und rechte Kundge­bungen sollten nicht zum Irrtum verleiten, sie reprä­sen­tierten das Gesamt­kräf­te­ver­hältnis in der Stadt. Speziell in den als „soziale Brenn­punkte“ bezeich­neten Quartieren haben sich sehr viele derer die wählen dürfen, vom Parla­men­ta­rismus vollständig verab­schiedet. Das Ergebnis sind zwar schreck­liche Wahler­geb­nisse für die AfD, doch bedeuten überpro­por­tional rechte Wahler­geb­nisse jedoch nicht, dass dort auch tatsäch­lich überpro­por­tional rechts gewählt würde. Es lohnt sich ein Blick auf die absoluten Zahlen der Stimmen : Davon ausge­hend, dass rechte Parteien ihr Klientel zuver­lässig an die Wahlurnen gebracht haben, relati­viert sich das Bild, die rechten Parteien würden von den so genannten „Unter­schichten“ häufiger gewählt als von der „Bürger­li­chen Mitte“. Für Oberbarmen ergibt ein um die niedrige Wahlbe­tei­li­gung berei­nigtes Ergebnis beispiels­weise knapp 10% AfD-Stimmen statt der 13,65%, die das Spitzen­er­gebnis in Wuppertal darstellen. Umgekehrt ergäbe sich auf dem gleichen Weg für ein eher bürger­li­ches Viertel mit überduch­schnitt­lich hoher Wahlbe­tei­li­gung wie Cronen­berg-Süd auch ein berei­nigter AfD-Anteil von knapp 9,5%. Gleich­zeitig räumt das auch mit dem Klischee auf, in Vierteln mit beson­ders hohem Migra­ti­ons­an­teil seien Rechte erfolg­rei­cher.

Und was bedeutet das alles ?

Im Gespräch mit Bernhard Sander waren ähnliche Ergeb­nisse auch für den ersten Wahlgang zur franzö­si­schen Präsi­dent­schafts­wahl festge­stellt worden. Die oft gehörte These, es seien vor allem „sozial Schwache“, die den Front National wählen würden, erweist sich auch dort als voreilig, wenn die niedrige Wahlbe­tei­li­gung in bestimmten Gegenden berück­sich­tigt wird. Es ist eine sehr weitge­hende politi­sche Absti­nenz der Bevöl­ke­rung, die rechten Parteien dort oft hohe Ergeb­nisse bringt – siehe Oberbarmen. Die tatsäch­liche Veran­ke­rung rechter Parteien in der Bevöl­ke­rung diffe­riert hingegen weniger als viele meinen ; ohne die Erkenntnis, dass die AfD „in der Mitte der Gesell­schaft“ ebenso veran­kert ist wie an ihren Rändern, werden sich wirkungs­volle Strate­gien gegen den Rechts­ruck jedoch kaum entwi­ckeln lassen. Wuppertal wurde auch bei dieser Wahl wieder von der SPD „gewonnen“, und nicht zuletzt die Tatsache, dass die Partei alle drei Direkt­kan­di­daten „durch­ge­bracht“ hat, wird ihr den Blick darauf verstellen, wie drama­tisch dieser Rechts­ruck jenseits ihrer eigenen Abschiebe- und Law and Order-Politik auch in Wuppertal gewesen ist. Das lässt sich am besten an den absoluten Zahlen der Stimm­ver­luste, bzw. -gewinne bei der Wahl ablesen. Insge­samt haben die Parteien „rechts der Mitte“ – also AfD, CDU und FDP – in der Stadt 31.107 Stimmen im Vergleich zur letzten Wahl gewonnen ; SPD, Grüne und Piraten verloren hingegen 25.717 Stimmen ; mit 8.088 Stimmen weniger haben im Übrigen die Grünen mehr Stimmen verloren als die SPD (- 7.820 ; Piraten minus 9.809). Auf der anderen Seite konnte ledig­lich die LINKE mit einem Stimmen­plus von 4.336 gegen den Trend abschneiden. Umgerechnet auf das Gesamt­er­gebnis haben die die Parteien „links“ von der CDU also im Vergleich zu 2012 round­about 20% verloren. Das ist jede/r Fünfte.

Damit liegt Wuppertal absolut im Trend aller in diesem Jahr statt­ge­fun­denen Wahlen. Sowohl inter­na­tional (Nieder­lande, Frank­reich), als auch in Deutsch­land (Saarland, Schleswig-Holstein, jetzt Nordrhein-Westfalen), verlieren Sozial­de­mo­kraten und links von Liberal-Konser­va­tiven angesie­delte Parteien drama­tisch. Gleich­zeitig zeigt sich bei mehreren liberal-konser­va­tiven Parteien ein Drift zum Autori­ta­rismus. Sowohl Macron in Frank­reich als neuer­dings auch der ÖVP-Jungstar Kurz in Öster­reich propa­gieren eine ganz auf ihre Person zugeschnit­tene Politik, für die sie die Auflö­sung bishe­riger Partei­struk­turen in Kauf nehmen. Zur Mitte dieses Wahljahres lässt sich feststellen, dass die Antwort der bürger­li­chen Klasse auf die Heraus­for­de­rung durch Rechte eine Wieder­kehr reaktionär-autokra­ti­scher Politik­kon­zepte zu sein scheint. In NRW wird das (mögli­cher­weise in abgemil­deter Form), in den nächsten fünf Jahren zu erleben sein. Umso bedau­er­li­cher ist es, dass es für die LINKE zum Einzug in den Landtag nicht reichte, weil gerade einmal 8.561Stimmen gefehlt haben. Allen auch schweren politi­schen Diffe­renzen zum Trotz wird ein Gegenpol zur AfD im Landtag fehlen. Und die Bedeu­tung eines „parla­men­ta­ri­schen Arms“, über die wir bei unserer Diskus­sion viel mit Bernhard Sander gespro­chen haben, wird vielen (auch jenen 1.006 Menschen, die dem Spaßfaktor der PARTEI in Wuppertal den Vorzug gegeben haben) sicher noch aufgehen. Während die zu erwar­tende CDU/FDP-Landes­re­gie­rung noch skrupel­loser als die alte Abschie­bungen (auch nach Afgha­ni­stan) forcieren wird, wird es erstmals seit sieben Jahren keine frühzei­tigen Termine zu beabsich­tigten Sammel­ab­schie­bungen mehr geben. Auch auf parla­men­ta­ri­sche Anfragen wie zum Racial Profiling an Silvester in Köln oder eine kriti­sche Betei­li­gung an Unter­su­chungs­aus­schüssen wie dem zum NSU wird verzichtet werden müssen, während die rechte AfD alle diese Möglich­keiten ab sofort hat und für Anti-Antifa-Arbeit nutzen wird. (An dieser Stelle auch ein Danke an einzelne Piraten im letzten Landtag, die vielfach hilfreiche Arbeit gemacht haben.)

Für die radikale Linke bedeuten die Ergeb­nisse neben des Alarms wegen des Erfolgs für die AfD vor allem eines : Auch in politi­sierten Zeiten wie in diesem Jahr (in denen die allge­meine Wahlbe­tei­li­gung steigt) gibt es in weiten Teilen der Bevöl­ke­rung eine völlige Abwen­dung von „offizi­eller“ Politik, die tatsäch­lich in einer schweren Krise steckt. Wo Hipster und Öko-Bourgeois sich einem Schaum­schläger wie dem für die Grünen kandi­die­renden Jörg Heynkes zuwenden, der immerhin 14.756 Stimmen im Tal holte, bleiben in den „sozialen Brenn­punkten“ nach wie vor die meisten bei einer Wahl einfach zuhause – die einen, weil sie mangels Pass nicht wählen dürfen, die anderen weil sie offenbar definitiv nichts mehr erwarten. Die radikale Linke weiß seit langem, dass ihre Politik dort, außer­halb der eigenen Wohlfühl-Oase präsent sein müsste, will sie den Rechten nicht mittel­fristig das Feld überlassen. In Betrach­tung des üblen Rechts­rucks in der Stadt und des Erfolgs der AfD wäre jetzt höchste Zeit, das lange Bekannte umzusetzen. Angesichts der eigenen Verfas­sung wäre es vermessen zu glauben, die radikale Linke könnte zum Beispiel in Oberbarmen oder in Langer­feld erfolg­reich nebenbei inter­ve­nieren. In beiden Quartieren muss schon jetzt von einer schlechten Ausgangs­po­si­tion gespro­chen werden. Hier müsste zunächst einmal ein viel inten­si­verer Kontakt zu den dort lebenden Migranten und Migran­tinnen aufge­baut werden, um die drohende Hegemonie rechter Diskurse zu brechen. Doch nebenan, am Osters­baum, ist lange nichts entschieden : Das Viertel ist polari­siert und desil­lu­sio­niert. Eine Konse­quenz für die radikale Linke aus den Wahler­geb­nissen müsste sein, den Kampf um den „anderen Berg” jetzt aktiv zu führen und zu inten­si­vieren.

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