Der 30.April und der 1.Mai in Wuppertal

Auch dieses Jahr wurde mit zwei Demos und dem Schus­ter­platz­fest der Autonome 1.Mai in Wuppertal begangen. Die unange­mel­dete Demo des Autonomen Zentrums am Freitag­nach­mittag fand bereits zum 29. Mal statt.

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Ein lauter Block vor dem LKW sorgte für eine kämpfe­ri­sche Vorabend­demo.

Der Autonome 1.Mai in Wuppertal stand unter dem Eindruck des Mordver­suchs an einem Freund vor drei Wochen am Autonomen Zentrum. Sowohl die zum fünften Mal vom so_ko_wpt verant­wor­tete Vorabend­demo, als auch die AZ-Demo am nächsten Nachmittag waren dem nach wie vor schwer verletzt im Kranken­haus liegenden Freund gewidmet, der in der Nacht vom 10. auf den 11.4. durch einen „Hogesa”-Nazi mit Messer­sti­chen in den Rücken lebens­ge­fähr­lich verletzt wurde.

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Jeweils etwa 350 Menschen waren den Demoauf­rufen gefolgt.

An beiden Demons­tra­tionen nahmen jeweils etwa 350 Menschen teil. Angesichts der Kürze der eher impro­vi­sierten Mobili­sie­rungen eine zwar nachvoll­zieh­bare, letzt­lich jedoch eher enttäu­schende Zahl Teilneh­mender. Einige solida­ri­sche Wuppertaler*innen mehr auf der Straße wären als starker Ausdruck gegen die brutale Nazige­walt wünschens­wert gewesen. So verstärkte sich der Eindruck, dass es für weite Teile der so genannten „Zivil­ge­sell­schaft” verschie­dene Opfer­ka­te­go­rien gibt, mit denen mensch sich mal mehr, mal weniger empathisch zeigt. Auch die diffa­mie­rende und das Autonome Zentrum stigma­ti­sie­rende Presse­mit­tei­lung der Wupper­taler Polizei nach dem Mordan­schlag hat ihre Wirkung in der Öffent­lich­keit offen­sicht­lich nicht verfehlt.

Sichtbar wurde dies auch am Rande der DGB-Kundge­bung zum 1.Mai, bei der, laut einem Bericht, einigen jungen AZ-Sympathisant*innen nicht gestattet wurde, von der Bühne eine Botschaft an die Teilneh­menden der Kundge­bung zu richten. Dass die lebens­be­droh­liche Attacke an einem Antifa­schisten nicht einmal kurzzeitig zur Auflö­sung von einge­schlif­fenen Feind­bil­dern und Abgren­zungen führt, muss enttäu­schen. Der Aufbau eines antifa­schis­ti­schen Selbst­schutzes, der eine offen­bare Entso­li­da­ri­sie­rung der Zivil­ge­sell­schaft berück­sich­tigt, erscheint vor diesem Hinter­grund noch dring­li­cher.

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Unsere Ansage.

Umso erfreu­li­cher, dass die beiden Demos – obwohl weitge­hend auf sich gestellt – kraft­volle und kämpfe­ri­sche antifa­schis­ti­sche State­ments waren, die zumin­dest im Viertel von solida­ri­schen Anwohner*innen beklatscht wurden. Denn sowohl der Demozug am Abend über den Ölberg mit einer Zwischen­kund­ge­bung auf dem Otto-Böhne Platz, als auch die teils „semi-selbst­be­stimmt” laufende unange­mel­dete Autonome 1.Mai-Demo des AZ sollten auch Ausdruck von Solida­rität mit Anwohner*innen sein. Es freut uns, dass das - dank eines lautstarken Blocks vor dem LKW - auch bei der Vorabend-Nacht­tanz­demo über weite Strecken funktio­nierte.

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Platz im Antifa-Olymp : Die Happy Horsemen

Dass es beim Weg über den Ölberg aufgrund der bereits sehr späten Uhrzeit - die Zwischen­kund­ge­bung fand erst gegen 23 Uhr statt - keine noch inten­si­vere Ansprache an die durch den versuchten Mord ebenfalls bestürzten Nachbar*innen gab, war bedau­er­lich. Zu lange Umbauten nach einem fantas­ti­schen Auftritt der „Happy Horsemen” zum Auftakt im Deweerth’schen Garten hatten zu Verzö­ge­rungen bereits vor dem Start der Demo gesorgt. Das heftige Theremin-Trommel-Getöse der Happy Horsemen war es anderer­seits wert. Für ihren solida­ri­schen Gig gebührt ihnen jeden­falls ein Platz im Antifa-Olymp – ebenso wie den beiden Block­schock-DJs, die nicht gezögert hatten, der Vorabend­demo kurzfristig zu helfen.

Die nächsten Wochen werden zeigen, wie sich die Dinge im Tal entwi­ckeln. Für den Moment steht für uns die Gesund­heit des verletzten Freundes noch immer im Mittel­punkt. Der Austausch mit der Nachbar­schaft geht ansonsten auch in dieser Woche weiter : Das AZ Wuppertal lädt inter­es­sierte Nachbar*innen für Sonntag, den 10.5. um 15 Uhr zu einem Treffen ein. Als Ort hat sich dankens­wer­te­weise das ADA in der Wiesen­straße zur Verfü­gung gestellt.

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