Bericht zum Tod von Kallo Al Hassan Kanu

Hassan ist gestorben.

Seine Freunde fordern Aufklä­rung und eine würdige Unter­brin­gung in Heili­gen­haus

Am letzten Sonntag (08.12.) starb in Heili­gen­haus der Flücht­ling Kallo Al-Hassan (genannt Hassan). Er wurde 43 Jahre als. Mindes­tens zwölf Jahre hat er in Heili­gen­haus im Flücht­lings­lager gelebt. Heute haben seine Freunde und Freun­dinnen, die Heili­gen­hauser Flücht­linge, beschlossen, eine Demons­tra­tion in Gedenken an Hassan und für das Recht auf würdiges Wohnen zu machen.

Diese Demons­tra­tion soll am nächsten Donnerstag, dem 12.12. Uhr statt­finden.
Auftakt der Demo ist um 16.00 an der Schule an der Ludge­russtraße, die zur Zeit als Flücht­lings­lager genutzt wird. Die Flücht­linge wollen von dort zum Heili­gen­hauser Sozialamt ziehen.

Sie fordern :
Aufklä­rung, warum Hassan gestorben ist und warum so lange keine Hilfe kam.
Außerdem : Schlie­ßung des Flücht­lings­la­gers in der Schule und private Wohnungen für alle Familien und allein­ste­henden Menschen, die in der Schule leben müssen.

Hinter­grund :

Die Flücht­linge aus Heili­gen­haus berichten, Hassan ging es in der letzten Woche vor seinem Tod sehr schlecht und er verlor immer mehr Gewicht. Am Sonntag Mittag brach er schließ­lich zusammen und konnte sich nicht mehr bewegen.

Sein Freund und Mitbe­wohner aus der Flücht­lings­un­ter­kunft versuchte vergeb­lich, telefo­nisch Hilfe zu holen und einen Kranken­wagen zu rufen. Um 13:16 rief er die Notruf­nummer 112 an. Dort habe man ihn gefragt, was für eine Krank­heit der Patient denn habe. Der Freund antwor­tete, er wisse es nicht, weil er ja kein Arzt sei, aber es wäre sehr schlimm und der Mensch könnte sterben. Daraufhin habe man ihm nur geant­wortet, er solle erst einmal einen Arzt anrufen.

Der Freund rief dann eine Viertel­stunde nach dem ersten Notruf beim Polizei­notruf an. Dort wurde ihm gesagt, man sei nicht zuständig ; es sei nicht das Problem der Polizei, wenn jemand krank sei.

Zwei Stunden lang, so berichten die Flücht­linge, kam kein Kranken­wagen.

Ein anderer Freund infor­mierte schließ­lich telefo­nisch einen Notarzt. Der Arzt rief sofort, als er Hasan sah, den Kranken­wagen an. Der Kranken­wagen kam dann auch, aller­dings erst zwei Stunden oder noch später nach dem ersten Notruf. Die Flücht­linge berichten, dass Hassan erst zwischen 15:30 und 16 Uhr ins Kranken­haus Nieder­berg auf die Inten­siv­sta­tion gebracht worden sei.

Am nächsten Tag wurde dem Freund dort mitge­teilt, dass Hassan gestorben sei. Der Arzt habe gemeint, dass Hassan wahrschein­lich noch leben würde, wenn er Stunden früher behan­delt worden wäre.

Auch die Heili­gen­hauser Flücht­linge erfuhren am darauf folgenden Montag erst durch die Polizei von Hassans Tod. Alle waren voller Trauer, weil alle Hassan sehr gerne hatten. Viele haben ihn „Papa Hassan“ genannt. Viele hatten – und haben - auch Angst, weil nicht klar war, ob Hassan an einer anste­ckenden Krank­heit gestorben ist. Die Polizei teilte ihnen mit, dass am nächsten Morgen jemand von der Stadt kommen und ihnen die Todes­um­stände erklären würde.

Am nächsten Morgen kam aber niemand. Daraufhin wurde eine spontane Flücht­lings­de­mons­tra­tion zum Heili­gen­hauser Rathaus organi­siert. Schließ­lich konnten sie im Ratssaal mit dem Kämmerer der Stadt sprechen ; fünf Polizisten waren ebenfalls anwesend. Der Kämmerer konnte ihnen aber weder Infor­ma­tionen über die Todes­um­stände von Hassan geben, noch konnte er irgend etwas Substan­zi­elles zu den Beschwerden der Bewoh­ne­rInnen sagen. Die Flücht­linge berich­teten über ihre Lebens­be­din­gungen in der Schule, darüber dass sie nur eine Dusche und viel zu wenig Toiletten für alle etwa achtzig Bewoh­ne­rInnen haben, dass sie mit bis zu zehn Personen ein Zimmer teilen, dass es oft kein warmes Wasser gibt und die Heizung nicht richtig funktio­niert. Die Wohnbe­din­gungen machen sie krank.

Wir wollen wissen, warum Hassan sterben musste. Und wir wollen um jeden Preis verhin­dern, dass noch jemand krank wird oder sterben muss – weil er unter gesund­heits­ge­fähr­denden Bedin­gungen wohnen muss, weil er nicht recht­zeitig behan­delt wird, oder weil dieje­nigen, die helfen könnten, einfach nur gleich­gültig und desin­ter­es­siert sind. In Heili­gen­haus muss sich vieles ändern. Die Flücht­linge und ihre Freun­dInnen werden nun dafür kämpfen, dass sich etwas ändert.

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Heiligenhaus : Flüchtlingstod in der Notunterkunft

Am Sonntag ist im Übergangs­heim für Geflüch­tete in der Nachbar­stadt Heili­gen­haus ein Mann verstorben, nachdem laut Aussage der Bewoh­ne­rInnen mehrere Notrufe ungehört blieben. Der Mann, dessen Alter mit « Mitte vierzig » angegeben wird, stammte aus Ghana, lebte bereits seit vielen Jahren in Heili­gen­haus und litt an Diabetes. Am Sonntag kolla­bierte er, es kam zu mehreren Notrufen bei der Feuer­wehr durch andere Bewoh­ne­rInnen der Notun­ter­kunft. Die Bewoh­ne­rInnen sagen, trotz der Anrufe seien zwei Stunden lang weder die Polizei noch eine Ambulanz zur alten Schule gekommen, in der die Flücht­linge aufgrund der gefähr­li­chen Baumängel ihrer alten Barracke seit Juli 2013 unter­ge­bracht sind.

Schließ­lich ist der Mann verstorben. Anruf­pro­to­kolle, die nachweisen, dass mehrfach der Notruf betätigt wurde, wurden inzwi­schen gesichert.

Es stellen sich viele Fragen, vor allem natür­lich jene nach den Gründen für die anschei­nend ausge­blie­bene Hilfe. Handelten Menschen in der Leitstelle nach eigenem Gutdünken oder existieren Anwei­sungen, nicht zur Unter­kunft zu fahren, solange keine Kosten­über­nahme vorliegt ? Eine solche ließe sich an einem Sonntag­abend nur schwer­lich auftreiben. Aber auch Fragen nach den unerträg­li­chen Zuständen im alten Schul­ge­bäude – es gibt beispiels­weise für über siebzig Bewoh­ne­rInnen nur eine Dusche – stellen sich erneut.

Die Geflüch­teten haben spätes­tens seit dem Todes­fall in ihren Reihen die Geduld verloren. Bereits am Sonntag kam es zu einer Spontan­de­mons­tra­tion. Und nachdem am heutigen Morgen von der Stadt Heili­gen­haus keine weiteren Infor­ma­tionen zu den Umständen des Todes zu erhalten waren, zogen rund dreißig von ihnen zum Rathaus. Nach einer Weile gingen sie hinein und führten im Ratssaal ein Gespräch mit dem Kämmerer der Stadt Heili­gen­haus, Michael Beck. Dieser ließ sich jedoch nur auf unver­bind­liche « Überprü­fungs­zu­sagen » ein, die die Umstände der Unter­brin­gung betreffen. Bezüg­lich des Todes­falls sprach er davon, dass bereits « Ermitt­lungen einge­leitet » worden seien. Was seine Forde­rung, nur mit einem einzelnen Verhand­lungs­partner zu sprechen, bedeutet, wurde dann beim Verlassen des Rathauses deutlich : Jener Geflüch­tete, der im Ratssaal am häufigsten das Wort ergriffen hatte, wurde umgehend von der Polizei kontrol­liert…

Die Geflüchteten auf dem Weg in den Ratssaal.

Die Geflüch­teten auf dem Weg in den Ratssaal.

Die Karawane für die Rechte der Flücht­linge und Migran­tInnen wird die Geflüch­teten in Heili­gen­haus weiter unter­stützen. Wir infor­mieren über neue Erkennt­nisse und Protest­ak­tionen.

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