Am 26. und 27.April fand in Wuppertal die Konferenz #cross_solidarity statt, bei der die Rosa Luxemburg Stiftung NRW mit internationalen Gästen über « transnationale Solidarität in der Krise » diskutierte. Bis zu 120 Teilnehmende beteiligten sich in mehreren Workshops an einer Zustands- und Zukunftsbeschreibung internationaler Solidarität.
Die Krisen sind international, ist es die Solidarität auch (noch)?
So oder ähnlich könnte die Ausgangsfrage zur zweitägigen Tagung im Wuppertaler ADA beschrieben werden, die sich vor dem geschichtlichen Hintergrund eines linken Fetischs – der ewig hochlebenden internationalen Solidarität – auf die Suche machen wollte nach heutigen solidarischen Ansätzen, die die Grenzen der Staaten überschreiten. Doch damit nicht genug : #cross_solidarity sollte auch damit beginnen, diese Ansätze, so sie denn gefunden würden, zusätzlich thematisch miteinander zu verschränken.
Für dieses anspruchsvolle Vorhaben hatte die Rosa Luxemburg Stiftung hochinteressante Referentinnen und Referenten eingeladen, die einen guten (Teil-) Querschnitt derzeit aktiver sozialer Bewegungen repräsentierten. Auf der Gästeliste fehlten dabei dankenswerterweise diesmal jene, die vor allem die großen Rhetorik-Windmaschinen in Sachen Solidarität vertreten. Anstelle von VertreterInnen großer Einheitsgewerkschaften, Kampagnen-Schlachtschiffe oder linker Lobby-Organisationen wimmelten Aktivisten und Aktivistinnen von Basisgewerkschaften und konkret aktiven Flüchtlings- oder Recht-auf-Stadt-Initiativen durch die verschiedenen Workshops und Panels.
Der inhaltliche Aufbau der Konferenz versprach spannende Begegnungen. So sollten, nach einem gemeinsamen Auftakt am Freitagabend, am folgenden Samstag in jeweils parallel stattfindenen Workshops drei Hauptthemenfelder aktueller Krisen abgesteckt werden : Die Arbeitswelt, migrantische Bewegungen und urbane Konfliktfelder. Zum Auftakt diskutierten Christos Giovanopoulos (solidarity4all) aus Athen, Kelly aus Frankfurt vom Blockupy-Bündnis, Angela Klein (Europäische Märsche gegen Erwerbslosigkeit und Ausgrenzung) und Klaus Hess vom Wuppertaler Infobüro Nicaragua mit Gerhard Klas zunächst die Rahmenbegriffe. Als Impulsgeber der themengruppierten Workshops brachten sich u.a. VertreterInnen von Boats4People und Welcome2Europe, von IMECE aus Istanbul oder der andulusischen LandarbeiterInnengewerkschaft SAT ein. Zum Abschluss, so der Plan, würden dann zwei parallele Workshops die Ergebnisse der vorhergehenden Themenrunden zusammenführen, und sich dabei auf zwei Bereiche konzentrieren, die für transnationale solidarische Perspektiven entscheidend sind : Konkrete Aktionen und Nutzung neuer Medien.
Zu viel. Zu voll. Und alles gleichzeitig.
Gab es im Vorfeld schon Zweifel, ob es bei der Fülle der Themen und Kämpfe dazu reichen würde, die Konferenz mit einem gemeinsamen verwertbaren Ergebnis abzuschließen, gestaltete sich in der Praxis schon die Umsetzung der anspruchsvollen Vorgaben als schwierig. Fast zu vollgepackt erschienen Zeitrahmen und Podien, und durch die Parallelität der Angebote war es den Teilnehmenden während der Konferenz kaum möglich, sich konkret um thematische Verknüpfungen zu kümmern. Auch dieser Bericht basiert nur auf bescheidenen Teileindrücken. Vielleicht war es dort, wo der Autor gerade nicht war, völlig anders.
Wie häufig bei solchen Anlässen, ergab sich die Gelegenheit zur echten Vernetzung eher um die Tagung herum – nach den Workshops, in den Pausen, oder auch noch beim sonntäglichen Frühstück nach der Tagung im ADA-Biergarten. Eine Erfahrung, die von vielen Teilnehmenden bestätigt worden ist. Leider fehlte es bei #cross_solidarity an ausreichend « Zeit drumrum », um diese Begegnungen ausführlicher werden zu lassen. Eine Ausnahme gab es : Die zum Themenfeld « urbane Kämpfe » Eingeladenen waren vielfach bereits am Mittwoch angereist und hatten sich und ihre jeweiligen Kämpfe in Spanien, Italien, England, der Türkei oder Deutschland bei Beginn der Tagung bereits zwei Tage lang kennengelernt – eine « Exkursion » am Freitagmorgen zum Duisburger Zinkhüttenplatz eingeschlossen. Eine weitere, ursprünglich angedachte « Exkursion » zum Wuppertaler Platz am Kolk, wo sich die Gruppe über die Pläne des ECE-Konzerns zur Erweiterung der « City-Arkaden » informieren wollte, fiel dann leider bereits dem knappen Zeitplan zum Opfer. Dennoch scheint die um zwei Tage verlängerte Begegnung der internationalen « Recht auf Stadt»-Gruppe sehr produktiv gewesen zu sein : Sie arbeiten bis heute zusammen und wollen in Kürze konkrete Ergebnisse vorlegen.
Die Workshops am Samstag litten teilweise an zu wenigen Beteiligungsmöglichkeiten für das Publikum. Das lag, außer am strammen Zeitplan, an mehreren Umständen. Einmal war’s eine zu opulente Workshop-Besetzung – wie im « Recht auf Stadt»-Panel, bei dem es aufgrund der Vielzahl von Eingeladenen zu viele Schilderungen urbaner Konflikte aus zu vielen Städten gab, sodass anschließend kaum mehr Zeit zur Diskussion blieb. Ein anderes Mal gab es teilweise thematisch derart ausgearbeitete und fundierte Vorträge, dass sie eher an eine Vorlesung erinnerten und zeitlich und inhaltlich wenig Platz für Interaktion boten, wie etwa im abschließenden Workshop zu den Perspektiven aktivistischen Widerstands.