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Fragwürdiger Triumphzug
VA in der Alten Synagoge
13. Mai 2014 • 19:30 - 21:30
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Warum die Deutschen das „Tagebuch der Anne Frank“ so lieben, Vortrag von Dr. Stephan Scholz, Oldenburg.
Das Tagebuch der Anne Frank, das gerne auch als Lektüre an den Schulen eingesetzt wird, war in der Bundesrepublik der 1950er Jahre das meistverkaufte Taschenbuch und das am häufigsten aufgeführte Bühnenstück. Wie kann das sein, wenn doch die deutsche Nachkriegsgesellschaft die Vergangenheit eigentlich lieber verdrängen als aufarbeiten wollte? Offensichtlich las und liest man in den Text etwas hinein, was dem Zeitgeist opportun erschien – Anne Franks Glaube an das Gute im Menschen an erster Stelle. Die frühreife Autorin schien, obwohl später selbst ein Opfer des Holocaust, ihren Mördern schon zu Lebzeiten Absolution zu erteilen. Aber ein genauerer Vergleich des holländischen Originaltextes mit den vielen deutschen Buchausgaben zeigt, dass unbequeme Ansichten von Anne Frank weggelassen oder zensierend übersetzt wurden, um den Bucherfolg zu halten. Dass es nach Anne Frank keine größere Feindschaft gibt als die zwischen Deutschen und Juden, ist vermutlich eher unbekannt geblieben. Und aus einem Satz wie: „erlaubt sind alle Kultursprachen, also kein Deutsch“ wurde z.B: „erlaubt sind alle Kultursprachen, aber leise.“. Die kritische Rezeptionsgeschichte dieses so eminent wichtigen Textes muss künftig zu einem veränderten Leseverhalten, auch in der Schule führen. Dazu will der Vortrag ermuntern.
Eine Veranstaltung der GEW, Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft, Stadtverband Wuppertal