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Frankfurt : Bundesweite
„ums Ganze” Konferenz
31. Januar 2016 • 08:00 - 17:00
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Für Ende Januar lädt das linksradikale bundesweite Bündnis "ums Ganze" zu einem Treffen ein, bei dem es um eine Neupositionierung der radikalen Linken in der aktuellen Situation gehen soll. Einige Menschen vom so_ko_wpt werden daran teilnehmen. Wenn es von euch Anregungen oder Wünsche zur Mitgestaltung gibt, schreibt uns eine kurze Nachricht.
Wir dokumentieren hier den Aufruf - Quelle (den Aufruf gibt es hier auch in englisch)
#all2gethernow: In Bewegung bleiben – Gegen die Abschottung und ihr Fans
Einladung von …Ums Ganze an die radikale Linke zu einem Treffen zwecks Planung einer Mitmach-Kampagne und Verständigung über die kommenden Tage
So schnell kann es gehen. Nach der erfolgreichen Erpressung Griechenlands durch Troika und Bundesregierung schien im Sommer erstmal wieder linke Ratlosigkeit angesagt – selbst bei denen, die keine große Hoffnung in die staatliche Zähmung des Kapitalismus oder ein soziales Europa setzen. Aber die Siegesfeier des Europas, in dem „nun wieder deutsch gesprochen“ werden sollte, war ziemlich kurz. Zahllose Menschen umgingen die Abschottung der Festung und kamen trotz mehrfach gestaffelter Grenzen und einem gewalttätigen Rassismus auf den Straßen einfach selber ins Herz des Krisenregimes. Das Ergebnis: Das Dublin-System der Abschottung und Abschiebung ist zusammengebrochen. Diese Entwicklung ist auch ein Ergebnis der kontinuierlichen Arbeit einer breiten & grenzübergreifenden antirassistischen Bewegung.
Natürlich: Die Geflüchteten sind nicht hierhergekommen um den Kommunismus auszurufen und einfach war an ihrer Reise meist nicht. Im Gegenteil. Das Leid der Ertrunkenen und Ertrinkenden, der Eingesperrten und in Turnhallen Isolierten übersteigt die Vorstellungskraft der Meisten von uns. Es gibt ein Elend, dass sich der Erzählbarkeit entzieht. Ganz zu schweigen von dem Grauen, dass sich mit freundlicher Genehmigung der imperialen Mächte immer noch in Syrien und an zahlreichen anderen Orten abspielt. Zugleich ist genau dieses Elend nun nicht mehr ignorierbar. Die Kosten des europäischen Wettbewerbsstaates (german style) haben mit den Grenzen auch die Wahrnehmungsschwelle überschritten. Sie sind nicht mehr unsichtbar. Sie sind hier – und alle müssen sie sehen. Das Verdrängte ist wieder da. Das ist es, was die Experten der Abschottung wie die Rassisten auf den Straßen mehr noch als jede Angst vor Verteilungskämpfen in Paranoia und Hysterie treibt.
Hey Antifra, wir müssen mal reden…
Viel richtiges ist dazu in den letzten Monaten schon gesagt und getan worden. Eine Menge Genoss*innen haben sich in der konkreten Unterstützungsarbeit engagiert oder mit selbstorganisierten Konvois von der BRD über Österreich bis auf den Balkan konkrete Fluchthilfe geleistet. Bei zahlreichen Demos und Aktionen, von München bis Köln, Hamburg bis Berlin wurde deutlich gemacht, dass es keine „Flüchtlingskrise“, sondern eine der kapitalistischen Reichtumsverteilung und seiner Produktion gibt. Die Aufmärsche der völkischen Kulturkämpfer, von Pegida, AfD und Co, sind immer wieder mit direktem Widerstand konfrontiert worden. Auch gegen die staatlichen Versuche mit einer erneuten Verschärfung des Asylrechts auf die Autonomie der Migration zu antworten gab es diverse Protestaktionen. Und in Göttingen, Berlin, Bremen, Frankfurt und einigen anderen Städten haben schon praktische Initiativen zur Schaffung sozialer Zentren für Geflüchtete stattgefunden. Klar ist: Solidarität muss politisch werden.
Aber selbst wenn es schlimmeres gibt, als wenn die Welt sich schneller dreht als die radikale Linke – seien wir ehrlich: viel erreicht haben wir bisher nicht. Weder in Bezug auf die Einbindung der zahlreichen neuen Leute, die sich jetzt politisiert haben, noch im Hinblick auf das Ziel, Sand im wiederanlaufenden Getriebe der Abschottungsmaschinerie zu sein. Auch gegen die längst laufenden Versuche, Geflüchtete und Hartzer in der Konkurrenz gegen einander auszuspielen, haben wir noch keine ausreichende Antwort. Zumal zwar viel von Fluchtursachen, aber wenig von ihren deutschen und europäischen Verwaltern gesprochen wird – so als wäre der soziale Zerfall der Peripherie ein natürliches Schicksal und nicht das Ergebnis des globalen Kapitalismus. Mehr noch: Mit der AfD als organisatorischem Rückgrat einer neuen Rechten wird die gesellschaftliche Diskussion langsam, aber sicher, immer weiter nach rechts verschoben. Die Chance zur gemeinsamen Veränderung der Verhältnisse, die die Fluchtbewegungen bieten, wird zu einer ethnischen Bedrohung umgelogen. Außerdem sitzen viele Menschen, die es hierhergeschafft haben, schon wieder isoliert in Lagern, während die Grenzen der Festung Europa gerade bis in die Türkei vorverlagert werden. Spätestens der islamistische Terror von Paris, der uns eine Logik aufzwingen will, in der sich Sicherheitswahn, Rassismus und Fundamentalismus gegenseitig hochschaukeln können, hat es sehr deutlich gemacht: Uns läuft die Zeit davon.
Wir müssen jetzt mehr als „Hauptsache irgendwas“ tun. Nämlich unsere begrenzten Kräfte bündeln, uns finden, die Hebel da ansetzen, wo es weh tut – uns koordinieren. Das ist keine Frage des „richtigen Themas“. Der Kampf gegen das Krisenregime eines autoritären Wettbewerbsstaates und die Versuche, Löcher in das Grenzregime von Auslese und Abschottung zu reißen, gehören zusammen. Nur dann gibt es eine Perspektive auf Befreiung, die mehr ist als der Einstieg in die nächste Runde im Kampf aller gegen alle. Und, na klar, dafür muss die Solidarität politisch werden – die Frage ist jetzt nur: Wie? Und vor allem: wie weiter?
Karten auf den Tisch – and fight the game
Einiges können wir aus diesem Herbst lernen und es zeichnen sich schon einige Initiativen ab. Mit den „Stadt für alle“-Bündnissen kann die Auseinandersetzung um Wohnraum und den Zugang zur öffentlichen Infrastruktur gemeinsam aufgenommen werden. Breite Bündnisse gegen Aufmärsche von AfD und Pegida können wichtige Schritte sein, um dem Mob nicht die Straße zu überlassen. Auch Blockupy kann wieder ein Kristallisation- und Bezugspunkt werden, wenn es gelingt die Kämpfe zu verbinden. Und lokal sind die Situationen ohnehin so unterschiedliche, dass wir flexibel bleiben müssen. Aber: Wir denken, dass die radikale, antiautoritäre Linke mehr tun kann – und mehr tun muss – als nur dabei zu sein. Wir glauben, es braucht in und neben all diesen Initiativen die Sichtbarkeit einer praktischen Perspektive jenseits von Staat, Nation und Kapital.
Wir haben bereits einige Ideen, wie Schritte dahin aussehen könnten. Zum ersten planen wir lokale Angebot für all diejenigen Jungen und Alten zu schaffen, die jetzt aktiv geworden sind und Bock auf linksradikales Allerlei haben. Zum zweiten schwebt uns eine gemeinsame Antifa-Plattform vor, mit der wir den völkischen Rollback und dessen organisatorischen Kern, die AfD samt ihren Etablierungsversuchen in den kommenden Wahlkämpfen, bundesweit ins Visier nehmen können. Und zum dritten haben wir Ideen, wie wir gemeinsam mit Geflüchteten Widerstand gegen Abschiebungen und Lagerzwang organisieren und einigen Fluchtverursacher und Profiteuren hierzulande auf die Pelle rücken könnten. Auch Anlässe an denen wir diese Bemühungen öffentlichkeitswirksam zusammenführen könnten, bieten sich bereits an: Der AfD-Programmparteitag im Frühjahr, ein dezentraler Aktionstag gegen die Fluchtverursacher, der antinationale Feiertag am 3. Oktober im Pegida-Country Sachsen oder auch ein Ausflug an den schönsten Zaun Österreichs in Spielfeld, etc. pp. – es gibt eine Menge Möglichkeiten. Man sieht: Wie immer haben wir uns viel vorgenommen. Aber es gibt ja auch viel zu tun. Zeit zu überlegen wie. Deswegen wollen wir all das und gerne noch viel mehr, zusammen mit euch besprechen. Kommt ihr?