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Anarchistische 1.Mai-Demo
in Dortmund

1. Mai 2015 • 18:00

Nach vielen Jahren, in denen die radikale Linke in NRW haupt­säch­lich mit Blockaden von Nazi-Aktivi­täten beschäf­tigt war, wird es zum 1.Mai 2015 wieder etwas offen­siver. Neben der Autonomen 1.Mai-Demo in Wuppertal (die dieses Jahr wieder um 14:00 Uhr startet), wird für den Abend auch nach Dortmund zur „Anarchis­ti­schen 1.Mai-Demo” mobili­siert.

Wir dokumen­tieren hier den Aufruf (Quelle):

Von vielen vergessen liegen die Ursprünge des 1.Mai in der US-Ameri­ka­ni­schen Arbei­ter­be­we­gung der 1880er Jahre,die entschei­dend von anarchis­ti­schen Idealen und Forde­rungen geprägt war.

Als Höhepunkt einer Streik­welle sollte am 01.05.1886 mit einem General­streik der Forde­rung nach dem 8-Stunden Tag Nachdruck verliehen werden. Allein in Chicago folgten 40.000 Arbeiter*innen diesem Aufruf und auch in den folgenden Tagen gingen Tausende auf die Straße, trotzten Streik­bre­chern, privaten Söldner­truppen der Unter­nehmer und der Polizei, die am 03.05. vier Arbeiter erschoss. Eine erneute Versamm­lung am 04.05. auf dem Haymarket versuchte die Polizei (auch mit Schuss­waffen) gewaltsam aufzu­lösen. In diesem Gemenge explo­dierte eine Bombe. Die Polizei fing an wild zu schießen und mindes­tens vier Arbeiter*innen und sieben Polizisten wurden dabei getötet. Wer die Bombe geworfen hatte ist bis heute unklar. Aller­dings diente dieser Vorfall als Vorwand hunderte von Arbeiter*innen zu verhaften. Darunter waren auch einige bekannte Anarchist*innen. Trotz gegen­tei­liger Beweise wurden 7 bekannte Anarchisten in einem Schau­pro­zess zum Tode verur­teilt, 4x wurde dieses Urteil (bei einem Selbst­mord vorher) vollstreckt. Die anderen Angeklagten wurden zu Haftstrafen verur­teilt und nach 7 Jahren, ebenso wie die Hinge­rich­teten vom neuen Gouver­neur für unschuldig und zu „Opfern eines Justiz­mordes“ erklärt.

Während der 2.Internationale (bei der es zum Ausschluss der Anarchist*innen kam) wurde 1891 der 1.Mai als jährli­cher “Arbei­ter­kampftag” ausge­rufen und seit 1904 insbe­son­dere von den großen sozial­de­mo­kra­ti­schen Parteien und Gewerk­schaften für Demons­tra­tionen genutzt. Während der Zeit der Nazi-Diktatur wurde der Tag propa­gan­dis­tisch als “Tag der Natio­nalen Arbeit” vom Staat als Feiertag organi­siert. Auch in der DDR gehörten die Mai-Paraden zur Staats­räson und in der BRD blieb der Feiertag mit leicht verän­derten Namen als “Tag der Arbeit” bestehen. Passend, da die Lohnar­beit auch hier als wichtigstes, Lebens­in­halt spendendes Element gesehen werden soll.

Seit dem Ende des Ost/West-Konflikts erleben wir einen sich immer weiter verschär­fenden Kapita­lismus. Wer arm ist oder keiner Lohnar­beit nachgeht gilt als faul und wird als Belas­tung der Gesamt­ge­sell­schaft gesehen. Weit verbreitet ist die Ansicht, Armut sei nur die Folge von Eigen­ver­schul­dung. Es gibt immer weniger Jobs und die, die es noch gibt sind oft entfremdet und sinnent­leert.

Heute finden die Demos und Kundge­bungen zum 1. Mai größten­teils unter der Schirm­herr­schaft des DGB statt. Dabei ist kein Platz für eine grund­sätz­liche Kritik an diesem Gesell­schafts­system. Es gibt ledig­lich Forde­rungen nach mehr Lohn oder nach geringer Reduzie­rung von Arbeits­stunden. Über eine vom DGB unter­stützte Betriebs­be­set­zung bei Massen­ent­las­sungen, wie sie in der Vergan­gen­heit selten vorge­kommen sind, würden wir uns schon sehr wundern. Selbst solche Forde­rungen und Aktionen dienen nur dazu den Frust, Zorn und Unmut der Arbeiter*Innen zu kanali­sieren und diese zu befrieden. Obwohl sich die weich­ge­spülten, refor­mis­ti­schen und am Ende staats­treuen Gewerk­schaften bei den 1. Mai Kundge­bungen kämpfe­risch geben werden in den Betrieben keine grund­le­gende Verbes­se­rungen der Lebens- und Arbeits­be­din­gungen erkämpft. An dem Wieder­spruch zwischen Arbeit und Kapital wird nicht gerüt­telt.

Während jeder “Krise” wird nach mehr Arbeits­stellen verlangt und es werden alte Zeiten beschworen in denen jede*r noch Arbeit hatte und es keine Arbeits­lo­sig­keit gegeben hat. Es wird aber nicht an der grund­le­genden Idee von Lohnar­beit und ihrer Funktion als Herrschafts­int­stru­ment gerüt­telt. Die heutige Wirtschaft wird durch Förder­pro­gramme wie “Leitzins­sen­kung” und “Staats­in­ves­ti­tionen” künst­lich vermehrt. Die Schat­ten­seiten werden dabei oft verdrängt oder als notwen­diges Übel hinge­nommen. Dabei ist die heutige Gesell­schaft geprägt vom Leistungs­zwang, wodurch die Menschen in ständiger Konkur­renz zuein­ander stehen. Es muss immer mehr für immer weniger Geld gearbeitet werden. Daran ändert auch ein lächer­li­cher Mindest­lohn von 8,50 € nichts. Die Rechte der Arbeiter*innen werden immer weiter in Frage gestellt oder gleich beschnitten. Wenn nicht direkt durch Lohnkür­zungen und unbezahlte Überstunden dann durch die Hintertür über Zeitar­beits- oder Werkver­träge, durch die Verschie­bung in schlechter bezahlte Branchen (siehe Amazon), durch Auffang­ge­sell­schaften, unbezahlte Praktika usw. Die Freizeit dient einzig und allein dazu sich wieder für die Arbeit zu regene­rieren und es bleibt kaum Zeit sich einer Beschäf­ti­gung zu widmen, die keine kommer­ziell gewinn­brin­genden Ziele verfolgt. Selbst Dinge wie Bildung, Kunst, Kultur, Hobbys oder Freund­schaften sollen auf jeden Fall konsu­mierbar und somit für den Kapita­lismus von Nutzen sein. Wir sollen arbeiten um zu konsu­mieren. Sie zwingen uns in einen Kreis­lauf aus Arbeit und Konsum. Ein selbst­be­stimmtes Leben ist im Kapita­lismus nicht möglich.

Arbeit ist zu einem Ideal geworden unter dem sich alles unter­ordnen muss. Es werden Betreu­ungs­stellen und –programme für Klein­kinder geschaffen, um Eltern weiterhin das Arbeiten zu “ermög­li­chen”. Unsere persön­liche Verwirk­li­chung und unsere gesamte Lebens­pla­nung wird der Arbeit unter­ge­ordnet. Auch unsere “persön­li­chen” Bezie­hungen werden mehr immer zum Gegen­stand für Werbung und Konsum. Selbst Ruhe lässt sich im Erreich­bar­keits­zwang der multi­me­dialen Gesell­schaft oft nicht wirklich finden, da zum Beispiel die meisten Unter­nehmen die multi­me­dialen Möglich­keiten dazu nutzen, um die Arbeits­ver­dich­tung weiter voran­zu­treiben. Zur ständigen Flexi­bi­lität kommt jetzt noch der ständige Erreich­bar­keits­zwang. Nicht zuletzt kommt es zu immer mehr Krank­heiten infolge der Arbeit und des damit verbun­denen Leistungs­zwangs. Sei es körper­lich, wie u.A. Rücken­schäden oder psychi­sche Krank­heiten, Burn-Out oder Depres­sionen. Doch eine radikale Änderung dieses Systems der Ausbeu­tung wird nicht in Erwägung gezogen. Es wird an alten Legenden, wie der “Vollbe­schäf­ti­gung” oder der “sozialen Markt­wirt­schaft” festge­halten und sich mit kleinen Entschä­di­gungen zufrieden gegeben. Ziele von Arbeits­kämpfen werden von oben vorge­geben und die Arbeiter*innen haben nach den Plänen der Funktionär*innen zu agieren. Von solchen Arbeits­kämpfen können wir keine tiefgrei­fenden Verän­de­rungen erwarten.

Lasst uns gemeinsam das Leben in die Hand nehmen, uns organi­sieren und eigen­ständig handeln. Nur wir selbst wissen, was für uns wichtig und notwendig ist. Wir dürfen die Verant­wor­tung in allen Berei­chen unseres Lebens nicht abgeben und können uns nicht in den hierachi­schen Systemen ausruhen. Wir müssen uns selbst­be­stimmt organi­sieren, das Bestehende kritisch hinter­fragen und durch direkte Aktionen Verän­de­rungen herbei­führen, um ein Leben in Freiheit zu führen.

Denn Freiheit ist in einem kapita­lis­ti­schen System nicht möglich. Darum kämpfen wir für eine Gesell­schaft frei von Kapita­lismus und Staat mit den damit verbun­denen Repres­si­ons­or­ganen. Wir müssen nicht regiert werden ! Die natio­nale Ab– und Ausgren­zung kotzt uns an und verhin­dert nur ein solida­ri­sches und fried­li­ches Mitein­ander aller Menschen.

Wir kennen die Realität der heutigen Arbeits­welt aus den verschie­densten Perspek­tiven, ob als gewählte oder unfrei­wil­lige Erwerbs­lose, Student*Innen oder “normal” Beschäf­tigte. Daher erleben wir auch tagtäg­lich die Repres­sion des Systems gegen all jene, die sich nicht genügend anpassen wollen bzw. “leisten” können.

In Dortmund wurde der 1.Mai in den letzten Jahren neben der Gewerk­schafts­folk­lore von den lokalen Neo-Nazis in Beschlag genommen. Blockaden und andere Aktionen, die sich gegen Nazis richten sind wichtig und müssen auch in Zukunft laufen. Doch wir dürfen uns nicht auf das “Reagieren” auf Ihre Aktionen beschränken. Wir müssen agieren und unsere Handlungs- und Initia­tiv­spiel­räume erwei­tern. Wir müssen uns die Straße (nicht nur) am 1. Mai zurück­holen und unsere Inhalte und Aktionen auf die Straße tragen.

Wir wollen an diesem Tag keine Forde­rungen an Parteien, Gewerk­schaften, Konzerne/Firmen oder andere Autori­täten stellen, sondern wollen alle ermutigen selbst zu handeln ! Der 1. Mai ist kein Tag für Forde­rungen ! Es ist ein Tag für selbst­be­stimmtes und selbst­be­wusstes Handeln. Der 1. Mai ist ein Kampftag gegen den Arbeits­wahn und gegen den Kapita­lismus. Es geht um die Befreiung aller Menschen aus der Abhän­gig­keit der Lohnskla­verei. An diesem Tag geht es darum, unsere Vorstel­lung einer herrschafts­freien Gesell­schaft zu propa­gieren und unmiss­ver­ständ­lich und kompro­misslos zu zeigen, dass es viele Menschen gibt, die sich nicht verblenden und befrieden lassen.

Wir wollen den Prozess zu einer befreiten Gesell­schaft voran­treiben in dem wir unsere Ideen verbreiten, uns weiter­bilden, in eigenen Struk­turen versu­chen die verhee­rendsten Auswir­kungen von Staat und Kapital abzufe­dern, uns mit politi­schen Aktionen in Debatten einschalten und gegen das einstehen, was uns nicht passt. Wir wollen gemeinsam lernen durch freiwil­lige Verein­ba­rungen mitein­ander zu leben.

In den letzten Jahren gab es ein Erstarken des antiau­to­ri­tären Wider­stand und der anarchis­ti­schen Bewegung im Ruhrge­biet. Daraus sind bereits einige freiheit­liche Struk­turen entstanden. Dies motiviert uns und wir sind fest entschlossen diesen Organi­sie­rungs­pro­zess weiter voran­zu­treiben. Deshalb ist es uns wichtig, an diesem histo­ri­schen Tag auch für die anarchis­ti­sche Bewegung kreativ und laut auf die Straße zu gehen.

Sollten die Neo-Nazis auch dieses Jahr wieder in Dortmund marschieren wollen, rufen wir auf dieses nicht ungestört geschehen zu lassen und anschlie­ßend mit uns auf die Straße zu gehen. Brechen wir (nicht nur an diesem Tag) aus, aus einer gesell­schaft­li­chen Norma­lität des stillen Wegschauens bei Armut, Vertrei­bung, Ausbeu­tung und Unter­drü­ckung sowie Vortäu­schung einer heilen und alter­na­tiv­losen Welt.

Wir wollen am 1. Mai mit allen freiheits­lie­benden Menschen für unsere Ziele demons­trieren. Deshalb rufen wir unter dem Motto “An der Befreiung arbeiten ! Die Anarchis­ti­sche Bewegung voran­treiben!” zur 1. Mai Demons­tra­tion am Platz vor der Kirche in der Münster­straße in Dortmund um 18:00 Uhr auf.

FÜR EIN LEBEN OHNE ARBEITSZWANG UND JOBCENTER !
AN DER BEFREIUNG ARBEITEN !
DIE ANARCHISTISCHE BEWEGUNG VORANTREIBEN !

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Datum:
1. Mai 2015
Zeit:
18:00
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