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Rückrunde ! Austeilen statt Einstecken !
Innenministerkonferenz Bonn

13. Juni 2014 • 19:00 - 22:00

Nachdem mit der Innen­mi­nis­ter­kon­fe­renz in Osnabrück im letzten Herbst der turnus­ge­mäße Wechsel des gastge­benden Bundes­landes von Nieder­sachsen zu NRW erfolgte (es werden je zwei halbjähr­liche Konfe­renzen gehosted), kommt es im Juni 2014 zur ersten der beiden IMKs in Nordrhein-Westfalen. Ort der Zusam­men­kunft der Innen­mi­nister wird Bonn sein. Die zweite Konfe­renz in NRW ist für den Dezember in Köln geplant.

Wir dokumen­tieren nachfol­gend den Aufruf eines Bündnisses für Gegen­ak­tionen im Zeitraum vom 11.-13.06.2014 und zur überre­gio­nalen autonomen Demo in Bonn am 13.Juni. (Quelle)

Rückrunde – Auch mal austeilen, statt immer nur einzu­ste­cken
Vom elften bis zum dreizehnten Juli 2014 findet die Innen­mi­nis­ter­kon­fe­renz in Bonn statt.

Ein Anlass, daran zu erinnern, dass es gute Gründe gibt, ihren menschen­ver­ach­tenden Beschlüssen und ihrer repres­siven Politik unver­söhn­lich entgegen zu treten. Wir werden ihnen weder die Deutungs­ho­heit im politi­schen Diskurs, noch die Kontrolle über die Ausge­stal­tung der Gesell­schaft einfach so überlassen. Wir werden ihr Treiben nicht unwider­spro­chen hinnehmen. Die Sicher­heits­ar­chi­tektur des deutschen Staates wird immer weiter ausge­baut und die Auswüchse staat­li­cher Kontrolle nehmen immer krassere Formen an.

Zuneh­mende Repres­sion

Ein Beispiel ist Hamburg. Dort kamen am 21.12.2013 zehntau­send Menschen zusammen, um gemeinsam für den Erhalt der Roten Flora, für die Rechte der in Hamburg lebenden Geflüch­teten und gegen die von Verdrän­gung geprägte Wohnungs­po­litik des Senats zu demons­trieren. Diese Demons­tra­tion wurde von der Hamburger Polizei bereits am Sammel­punkt mit Bereit­schafts­po­lizei und Wasser­wer­fern überfallen. Durch entschlos­sene Gegen­wehr konnte eine Kesse­lung der Demo zumin­dest teilweise verhin­dert werden. Später gelang es, eine dynami­sche Situa­tion zu schaffen, in der direkte Aktionen möglich wurden. Die Schar­mützel mit der Polizei zogen sich bis spät in die Nacht hin. Es gelang der Polizei aller­dings nicht, ihr Ziel, einen ungestörten Verlauf des Weihnachts­ge­schäftes in der Innen­stadt sicher zu stellen, zu errei­chen. Es kam zu Umsatz­ein­bußen von ca. 30%. Nichts desto weniger ist es bezeich­nend, dass an diesem Tag das Weihnachts­ge­schäft für die staat­li­chen Organe wichtiger war als angeb­lich verfas­sungs­mäßig garan­tierte Grund­rechte, wie freie Meinungs­äu­ße­rung oder körper­liche Unver­sehrt­heit. Die Tages­bi­lanz lag bei 500 verletzten Demonstrant_innen. Aber das allein reichte der Hamburger Polizei­füh­rung noch nicht. Einige Tage später wurde eine Lügen­ge­schichte über einen Angriff auf eine Polizei­wache fabri­ziert und im großen Stil medial verbreitet. Auch ein schwer­ver­letzter Polizist für die Tränen­drüse durfte dabei nicht fehlen. Dass dieser Polizist an einem anderen Ort und in einem anderen Kontext verletzt wurde, tat dabei nichts zur Sache. Die deutsche Polizei­ge­werk­schaft ließ sich nicht lumpen und stellte einmal mehr den Schuß­waf­fen­ein­satz als Option in den Raum, was sich als kaum verhoh­lene Morddro­hung gegen linke Aktivist_innen verstehen lässt. Mit dieser Lüge als Begrün­dung und der Unter­stüt­zung der Mainstream­presse im Rücken, wurde über große Teile Hamburgs ein de-facto-Ausnah­me­zu­stand verhängt. Dieses in amtsdeut­schem Neusprech als „Gefah­ren­ge­biet“ bezeich­nete Areal wurde von parami­li­tä­ri­schen Polizei­ein­heiten besetzt und seine Einwohner_innen durch anlass­lose Kontrollen und Platz­ver­weise schika­niert. Der offizi­elle Erfolg dieser Maßnahme lag in der Sicher­stel­lung einiger Böller (völlig überra­schend in den Tagen nach Sylvester), Schals (im Winter) und einer unbekannten Zahl von Klobürsten.

Einige Monate vorher bei den Blockupy-Protesten wurde ebenfalls eine Demons­tra­tion von der Polizei kurz nach Beginn überfallen und zusam­men­ge­knüp­pelt. Auch hier wurden mehrere hundert Demonstrant_innen verletzt. Ein riesiger Polizei­kessel verhin­derte die Demons­tra­tion effektiv. Die Begrün­dung für den Einsatz : Vermum­mung und Bewaff­nung der Demonstrant_innen mit Sonnen­brillen und Regen­schirmen.

Proble­ma­tisch ist auch die fortschrei­tende Erleich­te­rung eines Militär­ein­satzes im Innern. So wurde durch einen Beschluss des Bundes­ver­fas­sungs­ge­richts vom 17.08.2012 der Einsatz der Bundes­wehr im Innern zur Terro­ris­mus­be­kämp­fung grund­sätz­lich erlaubt. Diese Erlaubnis ist zwar an bestimmte Bedin­gungen geknüpft, was von der Wirksam­keit recht­li­cher Beschrän­kungen auf die deutschen Sicher­heits­or­gane zu halten ist, wird aller­dings in den voran­ge­gan­genen Beispielen deutlich.

Was soll die Scheiße ?

In letzter Zeit erlebten wir verstärkte Repres­sion gegen antika­pi­ta­lis­ti­sche Großde­mons­tra­tionen. Diese werden von Anfang an angegriffen und zusam­men­ge­knüp­pelt, wobei die staat­li­chen Sicher­heits­or­gane sich gar keine Mühe mehr geben, auch nur den Anschein von Rechts­staat­lich­keit zu erwecken. Nicht, dass wir je geglaubt haben, dass die viel beschwo­rene Rechts­staat­lich­keit etwas anderes ist als ein Feigen­blatt, dass die Funktion staat­li­cher Repres­si­ons­or­gane als Absiche­rung kapita­lis­ti­scher Verwer­tung verde­cken soll. Trotzdem ist eine neue Qualität erreicht, wenn der Sicher­heits­ap­parat ganz offen auf die Gesetze scheißt, mit denen er seine Gewalt­aus­übung legiti­miert. Diese „Scheiß drauf!“-Haltung deutscher Sicher­heits­or­gane im Bezug auf das Grund­ge­setz zieht sich bis in die höchsten Ebenen. Der ehema­lige Innen­mi­nister Fried­rich hat das folgen­der­maßen formu­liert : „Sicher­heit ist ein Super­grund­recht.“ Seit nunmehr fünf Jahren befindet sich der postin­dus­tri­elle Kapita­lismus in einer perma­nent gewor­denen Krise. Diese Entwick­lung bedroht schon an sich die Lebens­grund­lage von Menschen, die darauf angewiesen sind, ihre Arbeits­kraft auf die ein oder andere Weise zu verkaufen. Die Reaktion der Funkti­ons­eliten auf den krisen­haften Verlauf des Kapita­lismus beinhaltet aller­dings nicht einmal im Ansatz eine Infra­ge­stel­lung des Systems, im Gegen­teil : Mit den Schlacht­rufen „Auste­rität!“ und „Schul­den­abbau!“ wird das neoli­be­rale Programm, dass die Entste­hung dieser riesigen Finanz­blasen erst ermög­lichte, gnadenlos weiter­be­trieben. Als sich zeigte, dass die Wetten auf zukünf­tige Profite – und nichts anderes sind die Finanz­märkte – mit der realwirt­schaft­li­chen Entwick­lung nichts mehr zu tun haben, wurden die Wettein­sätze der „system­re­le­vanten“ großen Player mit öffent­li­chen Mitteln „gerettet“. Danach wurde die Krise der Finanz­märkte mal eben so zu einer Staats­schul­den­krise umgedeutet. Um dieser Staats­schul­den­krise Herr zu werden, wurden dann flächen­de­ckend die sozialen Siche­rungsys­teme zusam­men­ge­stri­chen. Diese Siche­rungs­sys­teme sind natür­lich nicht Ausdruck der unbän­digen Nettig­keit des Staates, sondern ein Produkt vergan­gener Kämpfe. Entstanden sind sie als Maßnahmen zur Pazifi­zie­rung der histo­ri­schen Arbei­ter­be­we­gungen. Heute hingegen zeigt sich in zuneh­mendem Maße die Tendenz, die durch die Produk­ti­ons­ver­hält­nisse erzeugten sozialen Konflikte repressiv nieder­zu­schlagen, anstatt den von der perma­nenten Umver­tei­lung von unten nach oben Betrof­fenen zumin­dest ein paar Krümel hinzu­werfen.

Der Blick über den Teller­rand

Dabei sind dieje­nigen, denen zugeschrieben wird, Anspruch auf Bürger­rechte in den Zentren der kapita­lis­ti­schen Weltord­nung zu haben, noch gut dran. In der Peripherie dieses Systems werden Menschen essen­ti­elle Lebens­grund­lagen vorent­halten. Wenn sich diese Menschen aufma­chen, um Hunger und Krieg zu entfliehen, um an den „Privi­le­gien“ der weniger Ausge­beu­teten in den kapita­lis­ti­schen Zentren teilzu­haben, werden sie mit allen Mitteln daran gehin­dert. Laut dem Blog Fortress Europe sind in den letzten zwanzig Jahren über 19.000 Menschen an den Außen­grenzen der Festung Europa ums Leben gekommen. Im Rahmen des Frontex-Einsatzes ist auch die Bundes­po­lizei an der Siche­rung der europäi­schen Außen­grenzen betei­ligt, unter anderem auch, indem sie den Grenz­schutz in Ländern wie Libyen ausbildet. Die Verant­wor­tung für Menschen­rechts­ver­let­zungen wird dabei zwischen den betei­ligten Behörden hin und her geschoben. Wem es gelingt, die Grenzen der Festung Europa zu überwinden, den erwarten hierzu­lande behörd­liche Repres­sion und insti­tu­tio­neller Rassismus. So sind Geflüch­tete in Deutsch­land meist perma­nent von Abschie­bung und damit von Folter und Tod bedroht. Die Möglich­keit einer Abschie­bung wird auch als Druck­mittel genutzt, um politi­schen Wider­stand zu unter­binden. Geflüch­tete dürfen ihren Wohnort nicht frei wählen, sondern sind durch die Residenz­pflicht an einen bestimmten Landkreis gebunden, den sie nicht verlassen dürfen. Sie werden unter katastro­phalen Bedin­gungen in überbe­legten Sammel­un­ter­künften unter­ge­bracht und oftmals formiert sich dann noch ein rassis­ti­scher Mob, der gegen ihre Anwesen­heit protes­tiert. Über diese formalen Schikanen hinaus sind menschen­feind­liche Ideolo­gien fester Teil der deutschen Gesell­schaft und rassis­ti­sche Diskurse flächen­de­ckend wirksam. Das gilt natür­lich auch für deutsche Staats­be­diens­tete, die nicht nur Anwei­sungen befolgen, sondern oft auch ihren ganz persön­li­chen Rassismus ausleben. In jüngerer Zeit regt sich Wider­stand gegen diese unwür­dige Behand­lung, sei es die Refugees Revolu­tion Tour, das Camp auf dem Orani­en­platz in Berlin oder die Gruppe Lampe­dusa in Hamburg. Eine Konstante verbindet diese verschie­denen Kämpfe und Orte : brutale Repres­sion und insti­tu­tio­neller Rassismus deutscher Behörden.

NSU-Komplex

Dieser insti­tu­tio­nelle Rassismus tritt auch im NSU-Komplex sehr deutlich zu Tage.

Zehn Jahre lang ermordet eine Bande Neonazis Menschen und das in einer Zeit, in der unter dem Label des Kampfes gegen den Terro­rismus eine noch nie dagewe­sene Überwa­chungs­in­fra­struktur aufge­baut wurde. Aber diese Überwa­chungs­in­fra­struktur ist natür­lich vor allem dazu da, um gute deutsche Leistungs­träger zu schützen. So ermit­telt die Polizei im Fall der „Döner-Morde“ mit der „Soko Alladin“ und der „Soko Bosporus“ gegen die angehö­rigen der Opfer. Nach dem Bomben­an­schlag in der Kölner Keupstrasse schloss Innen­mi­nister Schily einen rassis­ti­schen Hinter­grund aus, es wurde statt­dessen Mutma­ßungen über einen „türki­schen Banden­krieg“ angestellt. Richtig inter­es­sant wird aber erst der Verfas­sungs­schutz. Die entschei­denden Akten sind „verse­hent­lich“ geschred­dert worden, klar ist aber zumin­dest Folgendes : Der VS hat das Neona­zi­mi­lieu, aus dem der NSU hervor­ge­gangen ist, mit aufge­baut und finan­ziert, mehrere direkte Unter­stützer des NSU waren V-Männer und ein Verfas­sungs­schutz­mit­ar­beiter war bei mindes­tens einem der Morde anwesend. Es gab natür­lich einen Unter­su­chungs­aus­schuss, der sich mit diesem „Behör­den­ver­sagen“ ausein­ander gesetzt hat. Die politi­schen Konse­quenzen, die aus diesem Unter­su­chungs­aus­schuss gezogen werden, sind Folgende : mehr Kompe­tenzen für den Verfas­sungs­schutz. Man kann gar nicht so viel fressen, wie man kotzen möchte.

Und was jetzt ?

Der Staat ist also vor allem eines : Garant des kapita­lis­ti­schen Normal­voll­zuges. Alle weiteren Funktionen sind diesem Haupt­zweck unter­ge­ordnet, auch solche, die diesem scheinbar wider­spre­chen. Für das Funktio­nieren des Kapita­lismus in seiner jetzigen Form ist die Instru­men­ta­li­sie­rung rassis­ti­scher und völki­scher Ideolo­gien notwendig, auch wenn sich diese nicht ausschließ­lich aus den ökono­mi­schen Bedin­gungen heraus erklären lassen. Zusammen bilden Kapita­lismus, Staat und Menschen­feind­lich­keit ein Konglo­merat inein­ander verwo­bener Kackscheiße, eine gesell­schaft­liche Totalität, die es schwer macht, sich einen anderen Zustand auch nur vorzu­stellen. Es sieht also bitter aus, so wie immer eigent­lich. Aber was mensch beim Blick auf repres­sive Insti­tu­tionen, menschen­feind­liche Wirtschafts­weisen und struk­tu­relle Scheiße nicht vergessen sollte, ist, dass es immer auch noch eine andere Seite gibt, in den Spalten und Ecken, die eine_r nicht immer sofort ins Auge fallen. Da, wo die Zumutungen dieses Systems durch die Solida­rität von Freund_innen aufge­fangen werden ; da, wo die Andere nicht nur Konkurrent_in ist und Menschen mehr sein können als nur Verfü­gungs­masse der Kapital­ver­wer­tung ; da, wo die Knüppel der Bullen und die Augen des Überwa­chungs­staates nicht hinrei­chen, auch wenn dies manchmal vielleicht nur unsere Träume sind ; überall dort, wo Menschen sich wie Menschen behan­deln, konsti­tu­iert sich Gegen­macht. Und manchmal wird diese Gegen­macht mit einem lauten Knall sichtbar und erinnert uns daran, dass es alles eigent­lich ganz anders sein könnte ; wenn ein Haufen Leute dem kapita­lis­ti­schen Alltag entge­gen­treten und klar machen, dass sie nicht bereit sind, diese Scheiße hinzu­nehmen ; wenn wir die Mecha­nismen sozialer Kontrolle unter­laufen und zeigen, dass wir trotz allem immer noch machen, was wir wollen.

Wir wollen den Anlass der IMK dazu nutzen, mit euch einen solchen Moment zu erschaffen. Einen Moment, in dem wir aus dem Gefühl des Ausge­lie­fert­seins ausbre­chen und uns ermäch­tigen, unsere Leben selbst in die Hand zu nehmen.

Wir wünschen uns eine kraft­volle, lautstarke Demo, die ihre Inhalte kreativ nach außen tragen kann.

Für eine wider­stän­dige Praxis, den deutschen Zuständen und der IMK den Kampf ansagen !

rueck​run​de14​.noblogs​.org

imkbn

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Details

Datum:
13. Juni 2014
Zeit:
19:00 - 22:00
Veranstaltungkategorien:
,

Veranstalter

Bündnis zur <span class="caps">IMK</span>