Repression in Spanien und Medienaktivismus

Einla­dung zu einer Infover­an­stal­tung zum Thema „Repres­sion in Spanien & Medien­ak­ti­vismus”

Einige, auch im so_ko_wpt Aktive, laden zu einer Infor­ma­ti­ons­ver­an­stal­tung ins „Multi­kulti” an der Hochstraße in Elber­feld ein, bei der über die neuen Repres­si­ons­ge­setze in Spanien und über Möglich­keiten des Aktivismus durch Nutzung des Inter­nets infor­miert und disku­tiert werden soll. Hierzu haben sie zwei Gäste aus Spanien, bzw. aus Belgien einge­laden, die aus erster Hand über ihre Erfah­rungen berichten.

Gerade die aktuelle Entwick­lung in Spanien zeigt eine mögliche Richtung der zukünf­tigen Ausein­an­der­set­zungen zwischen Bewegungen und staat­li­chen Akteuren in Europa auf : Obwohl die Massen­pro­teste eine lange Zeit bewusst gewalt­frei und appel­lativ verliefen, (wenn von spezi­ellen Situa­tionen wie dem Kampf der „Mineiros” einmal abgesehen wird), drehte der spani­sche Staat immer weiter an der Repres­si­ons­schraube.

Bilder und Videos der gewaltsam aufge­lösten Massen­de­mons­tra­tionen gingen um die Welt, sogar die öffent­lich-recht­li­chen Medien in Deutsch­land mussten darüber berichten, wenn beispiels­weise das Vorgehen der „Mossos” in Katalo­nien wieder einmal gar zu brutal ausfiel. Parallel zu den immer gewalt­sa­meren Einsätzen der Polizei auf der Straße (am letzten Wochen­ende wurde von den „Mossos” nach überein­stim­menden Berichten in Barce­lona erstmals auch eine „Lärm-Kananone” einge­setzt) verschärfte die postfran­quis­ti­schen Partido Popular-Regie­rung immer mehr auch die Gesetz­ge­bung. So wurden die Dokumen­ta­tion von Polizei­ge­walt oder das Verbreiten von Demons­tra­ti­ons­auf­rufen im Internet im Zuge der Anti-Auste­ri­täts­pro­teste verboten.

Inzwi­schen wandelt sich das Bild der Proteste. Die Proteste gegen einen Stadt­umbau im Arbei­te­rInnen-Viertel Gamonal in der kleinen Stadt Burgos eskalierten. Während mehrerer Tage kam es zu Straßen­schlachten und Blockaden der geplanten Baustelle. Die Solida­ri­täts­kund­ge­bungen und -demons­tra­tionen für die Menschen in Burgos weiteten sich zuletzt auf ganz Spanien aus. Viele sehen im Wandel der Protest­form auch eine Reaktion auf die neuesten spani­schen Repres­si­ons­ge­setze, die bislang legale und fried­liche Aktionen mit existenz­ver­nich­tenden Geldstrafen bedrohen.

Die Einla­dung zur Veran­stal­tung :

Die neuen Gesetze, die in Spanien gegen Aktivist*Innen entwi­ckelt wurden, sind hierzu­lande nur wenigen bekannt. Doch durch den Fakt, dass die Polizei selbst Strafen bis zu 600.000 Euro ausstellen kann, ohne das ein Gericht dies bestä­tigt, bedeutet de facto dass der Polizei­willkür keine Grenzen mehr gesetzt sind. Unlieb­same Kritiker*Innen werden mit hohen Geldstrafen versehen, die sie, wenn sie nicht dazu in der Lage sind, sie zu bezahlen, mit Tages­sätzen im Gefängnis absitzen müssen. Dokumen­ta­tion von Polizei­ge­walt kann genauso wie das Anmelden und Organi­sieren von Demons­tra­tionen an unerwünschten Orten (Wohn- und Arbeits­räume von Politiker*Innen und Wirtschafts­eliten) oder sogar nur die Teilnahme an solchen Protest-Aktionen mit diesen hohen Geldstrafen geahndet werden.

Welche Auswir­kungen das auf die Bewegungen in Spanien hat und wie nun versucht wird, mit diesen neuen Gesetzen umzugehen, darüber wird uns ein aus Spanien kommender Aktivist, einiges erzählen.

Unser zweiter Gast kommt aus Brüssel und ist Medien­ak­ti­vist. Er beschäf­tigt sich seit Jahren mit der Entwick­lung von Programmen, die den Aktivist*Innen auf der Straße nützlich sein können.

Das Internet ist längst zu einer bedeu­tungs­vollen Waffe der spani­schen Bewegungen geworden. Doch durch die verschärften Gesetze stellen sich auch Fragen nach Verschlüs­se­lung und Siche­rung der eigenen Daten im Netz. Schon seit Jahren versu­chen Medienaktivist*Innen im Internet Struk­turen zu schaffen, die die Arbeit für die Menschen, die auf den Straßen protes­tieren, erleich­tern.

spanienva

Warum ist die Entwick­lung Spaniens auch für uns von Bedeu­tung ?

Mit der Einrich­tung vom Gefah­ren­ge­biet in Hamburg dürfte jeder/jedem klar geworden sein, dass wir uns auf dem Weg in einen totali­tären Polizei­staat befinden. Die Proteste werden auch in unserem Land zunehmen. Anhand der Demons­tra­tion für die Rote Flora letztes Jahr in Hamburg, aber auch von Blockupy im letzten Sommer, können wir erahnen, wie der Staat mit Protesten umzugehen gedenkt, die keinen apella­tiven sondern einen fordernden Charakter haben. Groß-Demons­tra­tionen werden von der Polizei schlichtweg verhin­dert. Durch Repres­sionen werden Aktivist*Innen einge­schüch­tert und Inter­es­sierte abgeschreckt. Zusätz­lich schüren die Mainstream Medien ein Klima der Angst und Unsicher­heit. Die Polizei fordert bereits seit Jahren mehr Rechte, wie z.B. das Einsetzen von Gummi­ge­schossen auf Demons­tra­tionen. Die Entwick­lung in Spanien ist für uns in Deutsch­land also von Inter­esse. Wir können von den Erfah­rungen der spani­schen Aktivist*Innen lernen und müssen ihre Fehler nicht wieder­holen. Natür­lich sind die Grund­vor­aus­set­zungen für Protest in jedem Land verschieden, die Reaktionen des Staates auf Protest sind aber oft ähnlich.

Das Internet

In Spanien wurde das Internet schon bei der Organi­sa­tion der ersten Demos von 15M im Jahr 2011 massiv benutzt. Die deutsche Linke, die eher vorsichtig und misstrau­isch mit Mitteln wie Facebook, Twitter, Livestreams und eigener Medien­prä­senz umgeht, kann von den spani­schen Bewegungen in dieser Bezie­hung viel lernen. Denn das Internet ist nicht per se böse und schlecht. Es ist viel eher eine Frage der indivi­du­ellen Benut­zung. Das Internet bietet Protesten eine Platt­form ; nirgendwo sonst lassen sich eigene Infor­ma­tionen so breit streuen. Gerade in Zeiten der immer enger genormten Bericht­erstat­tung durch die Mainstream Medien ist es wichtig eine Gegen­öf­fent­lich­keit herzu­stellen, um zu erklären, warum man protes­tiert und welche Alter­na­tiven zum jetzigen System existieren.

Programm der Veran­stal­tung

Als erstes werden wir den ca. 60-minütigen Film „Devasta­tion” über die Kürzungs­po­litik in Spanien und die spani­schen Bewegungen mit engli­schen Unter­ti­teln zeigen. Anschlie­ßend wird uns zuerst etwas über die aktuelle Situa­tion in Spanien erzählt und danach werden uns die Möglich­keiten erläu­tert, das Internet für den eigenen Protest zu benutzen.

Dabei wollen wir möglichst eine Diskus­si­ons­kultur erzeugen und keinen „Lehrer*In-Schüler*In-Vortrag”. Ihr könnt also gern Fragen stellen und euch mit eurer Meinung in die Veran­stal­tung einbringen.

Helft bei der Infor­ma­tion zur Veran­stal­tung ! Verbreitet den Termin und infor­miert eure Freunde und Freun­dinnen ! Ihr könnt dazu das Veran­stal­tungs­plakat und den Flyer nutzen, die beide als pdf-Datei herun­ter­ge­laden werden können :

Flyer
Plakat

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Protest der belgischen Ford-Beschäftigten

In einem bei labournet verlinkten Augen­zeu­gen­be­richt zum unver­hält­nis­mäßig große Polizei­ein­satz am Ford-Werkstor am 07.11.2012 heißt es u.a. dazu :

Die Demons­tranten wurden vor dem Tor 3 einge­kes­selt und stunden­lang festge­halten. Für diese Einkes­se­lung und die Perso­na­li­en­fest­stel­lung gab die Kölner Staats­an­walt­schaft grünes Licht. Obwohl die Geschäfts­lei­tung schon früh erklärte, man werde keine Straf­an­zeige stellen, ging der Polizei­ein­satz unver­min­dert weiter. Die unwahren Behaup­tungen über angeb­liche Randale, verletzen Polizisten und beschä­digte Polizei­fahr­zeuge, die auch unter den Polizis­tInnen die Runde machten, lösten sich gegen Mittag in Luft auf. Dennoch blieb der Kessel bestehen. (…) Die Einge­kes­selten wurden vom Kölner Betriebsrat mit Getränken und Imbiss versorgt. Bis auf einige Kölner Kollegen, die zeitweise mit einer IGM-Fahne auf dem Werks­ge­lände von innen an das Tor kamen, gab es leider keine größeren und offizi­ellen Solida­ri­täts-Bekun­dungen oder Anspra­chen vor dem Tor, weder vom Betriebsrat noch vom Vertrau­ens­leu­te­körper. (…) Alle belgi­schen Kolle­ginnen und Kollegen wurden am Schluss einzeln abgeführt, durch­sucht, fotogra­fiert, erken­nungs­dienst­lich behan­delt ! Wegen dieses ungeheu­er­li­chen Vorge­hens sollten die Verant­wort­li­chen der Kölner Polizei­füh­rung und Staats­an­walt­schaft mit Protesten von allen Seiten überschüttet werden, auch und gerade von gewerk­schaft­li­cher Seite

Leider lesen wir nichts von einer Solida­rität der Kölner Beleg­schaft, die ihren gekes­selten Kolle­ginnen und Kollegen offenbar nicht zur Hilfe eilten. Soviel zu inter­na­tio­naler Solida­rität.

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