Gegen den Prestigeumbau des zentralen Verkehrsknotenpunkts Döppersberg, der irrtümlich immer auch als Verschönerung des Hauptbahnhofes angesehen wird, hat sich in Wuppertal durchaus schon Widerstand geregt. Es kann nicht gesagt werden, dass es aus der Lokalpolitik – hier vor allem durch die Fraktion DIE LINKE im Stadtrat – und auch aus der Bevölkerung der Stadt nicht frühzeitig Hinweise auf den Irrsinn dieser Investitionsmaßnahme gegeben hätte. So unternahm das basta!-Bündnis 2010 und 2011 mehrere Anläufe, die Fragen bezüglich des Projektes öffentlich zu machen und Protest zu organisieren. (Siehe hier oder hier)
Speziell vor dem Hintergrund des « Haushaltssicherungskonzeptes » der Stadt erschien die Vehemenz, mit der die Neugestaltung des Busbahnhofes und des Zugangs zum Hauptbahnhof durch die regierenden Parteien CDU und SPD durchgepeitscht wurde, aberwitzig und beinahe fanatisch. Entsprechend fielen die Reaktionen der Verantwortlichen Peter Jung (Oberbürgermeister, CDU), Johannes Slawig (Kämmerer, CDU) oder Klaus-Jürgen Reese (Vorsitzender SPD-Fraktion) aus, wenn ihnen öffentlich Fragen gestellt wurden. Statt konkreter Antworten gab es häufiger Pöbeleien und Versuche, Kritik zu als zukunftsfeindlich zu diffamieren.
Dreh- und Angelpunkt des Widerspruchs war von vornherein die Finanzierung des Projektes, die für eine Stadt, die haushaltsstechnisch mit dem Rücken zur Wand und oft genug auch gegen die Interessen ihrer BewohnerInnen steht, fragwürdig erschien. Immerhin wurde zur Aufbringung der notwendigen Eigenmittel ein erheblicher Teil der Energiesparte der Stadtwerke verkauft. Eine Entscheidung, unter der die Verkehrssparte bis heute offenkundig leidet. Begegnet wurde den Einwänden nicht nur mit Arroganz, sondern auch mit den verbindlichen Zusagen, keine Kostensteigerungen des mit 105 Mio. Euro veranschlagten Bauvorhabens zuzulassen.
Heute stellt sich heraus, dass bei der Finanzierung des Döppersberg von Beginn an verschleiert und vertuscht wurde, und dass die Beteuerungen bezüglich eines Kostendeckels sang- und klanglos im derzeit entstandenen innerstädtischen Loch verschwunden sind, wo einstmals jener « Döppersberg » gewesen ist. Vor dem Hintergrund inzwischen zugestandener Mehrkosten von 35 Mio. Euro ; die im Rahmen einer Ratssitzung am 16.November von den gleichen Leuten verabschiedet werden sollen, die zuvor verkündet hatten, es würde nicht teurer ; soll nun ein erneuter Versuch unternommen werden, zu retten was zu retten ist, und den Verantwortlichen für die Entwicklung das Heft des Handelns aus der Hand zu nehmen.
Am 24.September traf sich deshalb erstmals auf Einladung u.a. von BaSo (Basisinitiative Solidarität), Tacheles e.V. und attac Wuppertal eine Initiative « Wuppertaler Bürger greifen ein ! » in der Alten Feuerwache in Elberfeld. Die Anwesenden einigten sich als ersten Schritt auf einen « offenen Brief », den wir nachfolgend dokumentieren.
Um rechtzeitig vor der angesprochenen Ratssitzung in die Puschen zu kommen, wurde bereits für Mittwoch, den 09.10. ein Folgetreffen verabredet, bei dem weitere Schritte beraten werden sollen. Das Treffen findet erneut in der Alten Feuerwache statt, Beginn ist um 19 Uhr.
Das soli-komitee wuppertal wird sich verstärkt in den Protest gegen den « Kostenwahnsinn am Döppersberg » einbringen. Steht doch der gesamte Vorgang um Entscheidung, Finanzierung und Durchsetzung des Bauprojekts beinahe exemplarisch für die hausgemachte Krise der Kommunen. Die für Außenstehende teilweise absurd erscheinenden Vorgänge, Planungsfehler und Finten der Wuppertaler Lokalpolitik sind durchaus beabsichtigter Teil einer systematischen Ausplünderung der Stadt und des allen BewohnerInnen gehörenden Vermögens. Dem zumindest jetzt Einhalt zu gebieten ist eine wichtige Aufgabe.
Der offene Brief der Initiative « Wuppertaler Bürger greifen ein ! »
An die Wuppertaler Bürgerinnen und Bürger,
an die im Tal politisch Verantwortlichen,
an die LandespolitikerWuppertal, 2. Oktober 2013
Wuppertal ist eine hoch verschuldete Stadt. Trotzdem wollte die Mehrheit im Rat der Stadt (CDU, SPD, Grüne und FDP) den Döppersberg in Elberfeld modernisieren, d.h. aufwendig umbauen. Da die Stadt Wuppertal die dafür notwendigen Eigenmittel nicht hatte, verkaufte sie einen Teil der Stadtwerke an einen kapitalorientierten Energieriesen und erhielt eine Teilsumme der prognostizierten Umbaukosten von 105 Mio. Euro vom Land Nordrhein-Westfahlen.
An dieser Kostengrenze dürfe nicht gerüttelt werden, versprach Oberbürgermeister Peter Jung Anfang 2011während der Ratssitzung, in der über die Kosten des Projekts abgestimmt wurde. Der Umbau müsse in Teilbereichen abgespeckt werden, wenn in anderen Bereichen die Kosten steigen. Die Westdeutsche Zeitung kam zu dem Befund, dass ein weiteres Haushaltsloch verursacht durch den Döppersberg „für das Vertrauen der Bürger in die Politik eine Katastrophe“ wäre. (WZ, 09.01.2011)
Jetzt stellt sich heraus, dass zusätzlich 35 Mio. Euro zum Umbau benötigt werden. Das ist für Kenner von Bauvorhaben an sich keine Überraschung und stellt noch lange nicht die Schlussmarke der Kostensteigerung dar.
Doch dieses Geld hat die Stadt nicht !
Wir WuppertalerInnen fürchten, dass der Döppersbergumbau als lokales Leuchtturmprojekt in den kommenden Jahren jegliche Finanzmittel, über die die Stadt Wuppertal noch verfügen kann, an sich binden wird und die übrigen Stadtteile und das Soziale der Stadt vernachlässigt werden.
Deshalb haben sich am 24. September 2013 Wuppertaler BürgerInnen, Attac Wuppertal, BaSo und VertreterInnen von Tacheles getroffen und das Planungsverfahren sowie die politische Durchsetzung des Döppersbergumbaus kritisiert. Auf dem Treffen wurden sachkundig die Kosten analysiert und auf 260 Mio. Euro und mehr prognostiziert. Der Wuppertaler Bauunternehmer Schmersal hatte die Kostensteigerung bereits im Februar dieses Jahres mit 200 Mio. Euro beziffert. Ein Teil dieser Summe kann nur durch den weiteren Ausverkauf von Teilen der Stadt(werke) hereinkommen, was von allen Anwesenden strikt abgelehnt wurde.
Die TeilnehmerInnen der Veranstaltung stellen an die für den Umbau Verantwortlichen folgende Forderungen :
- Moratorium für den Umbau des Döppersberg, keine weitere Auftragsvergabe
- Keine Zustimmung zum Stadt-Haushalt, wenn dort zusätzliche Kosten des Döppersbergumbaus enthalten sind
- Bildung eines Runden Tisches mit Politikern von Stadt und Land sowie mehrheitlich von aktiven Bürgerinnen und Bürgern
- Einbeziehung von Architektur-StudentInnen und -ProfessorInnen der Bergischen Universität für eine Neuplanung mit geringerem Haushaltsausgaben
- Keine Vollsperrung der Bundesstraße 7
- Deckelung des Umbauvolumens auf 105 Mio. Euro
- Kein Verkauf von Stadteigentum zur Finanzierung des Döppersbergumbaus
- Keine Public-Private-Partnership-Vergabe
- Für einen Bürgerentscheid zur Kostendeckelung, für den Fall, dass die Ratsmehrheit über die bewilligten 105 Mio. Euro hinaus weitere Mittel für den Umbau bewilligen sollte.
Wir fordern die Verantwortlichen auf, keine weitere Zeit mit Schönreden zu vergeuden, sofort zu Handeln und in den Dialog mit den Bürgerinnen und Bürgern zu treten ! Wir rufen die Bevölkerung auf, aktiv zu werden und sich den PolitikerInnen der großen Parteien entgegenzustellen, wenn sie zusätzliche Millionen in der Großbaustelle versenken wollen.
Aktive Wuppertaler BürgerInnen
Auf dem Boden bleiben ! – Wuppertal darf kein Potemkinsches Dorf werden !