Heute jährt sich der Todestag von Mohammad Sillah zum siebten Mal. Er musste sterben, weil ihm die dringend erforderliche medizinische Behandlung verweigert wurde. 2007 erhielten Flüchtlinge in Wuppertals Nachbarstadt Remscheid nur Einzelkrankenscheine je Behandlung. Doch auch wenn sich nach langen Kämpfen die Bedingungen in Remscheid mittlerweile verbessert haben, gibt es anderenorts auch heute noch unterlassene Hilfeleistung. Erst vor wenigen Wochen verstarb in Heiligenhaus Kallo Al Hassan Kanu, weil der von seinen Freunden gerufene Krankenwagen aus unerfindlichen Gründen viel zu spät zur Unterkunft in der Schule an der Ludgerusstraße kam.
Am Jahrestag des Todes von Mohammad Sillah gedenken seine Freundinnen und Freunde dem Menschen und Musiker, der bis heute schmerzlich vermisst wird.
Wir dokumentieren den Artikel der Karawane für die Rechte der Flüchtlinge und MigrantInnen zum Gedenken an Mohammad Sillah :
Den 14. Januar 2014 verbringen wir in Gedenken an Mohammad Sillah und vergegenwärtigen wir uns die deutsche Asylpolitik, die für Flüchtlinge an den Grenzen Europas Tod und Ertrinken, die in den Lagern den langsamen Tod und in den Polizeizellen physische Gewalt und Brand wie im Falle Oury Jalloh bedeutet.
Mohammad Sillahs Tod sollte wie der Tod vieler anderer verschwiegen werden, doch seine Freunde in Remscheid standen auf und hielten sein Foto hoch, so dass sein Name überall gerufen wird, wo der deutsche Staat von uns angeklagt wird, auf dem Internationalen Flüchtlingstribunal 2013 in Berlin, auf der diesjährigen Demonstration in Gedenken an Oury Jalloh vor einer Woche in Dessau und demnächst auf den Straßen von Frankfurt, wenn wir in Gedenken an Christy Omordion Schwundeck auf die Straße gehen werden.
Mohammad Sillah war ein 23-jähriger guineischer Flüchtling. Er lebte im Isolationslager für Flüchtlinge am Bergfrieder Weg in Remscheid. Mohammad Sillah war ein Musiker, ein freundlicher und fröhlicher junger Mensch, sagen alle seine Weggefährten. Einer der Freunde erzählte, dass sie im Heim keinen Kontakt mit Remscheider Anwohnerinnen und Anwohner hatten. Kurz nach dem Mohammad Sillah dem Lager im Bergfrieder Weg zugewiesen wurde, ist er um die Straßen gezogen und hat sich mit den Jugendlichen und Kindern angefreundet und diese kamen ihn besuchen. Er gab Konzerte in der Stadt Remscheid, in Kneipen, bei städtischen Veranstaltungen oder afrikanischen Konzerten in der Region. Wir erinnern uns daran, als wir uns kurz nach seinem Tod im Februar 2007 mit den Freunden in Remscheid in einem Internet-Café trafen, hing ein Poster an der Wand und kündigte ein Konzert von Mohammad Sillah an. Leider lebte er nicht mehr. Einer seiner ehemaligen Mitbewohner erzählte in einem Beitrag der deutschen Welle über Mohammad Sillahs Musik : „ Seine Musik ist afrikanische Kultur. Überall, wo ich sie gehört habe, habe ich gesagt, diese Musik bin ich. Von da komme ich her.“
Anfang Januar 2007 litt Mohammad Sillah unter heftigen Schmerzen. Er ging zum Arzt. Dieser forderte ihn auf, sich zuerst beim zuständigen Sozialamt einen Krankenschein geben zu lassen. Der Mitarbeiter des Sozialamts gab ihm keinen Krankenschein (siehe Fußnote *), weil er sowieso das Land verlassen müsse.
Einige Tage später, am 11. Januar wurden die Schmerzen unerträglich. Mohammad Sillah ging zum Hausmeister des Flüchtlingsheims und bat ihn, einen Krankenwagen zu rufen. Der sagte : „Wenn du schon die Treppen geschafft hast, kannst du auch alleine ins Krankenhaus gehen.“ Ein afrikanischer Flüchtling, der im selben Heim wohnte, begleitete Mohammad. Unterwegs brach Mohammad zusammen und wurde von seinem Mitbewohner auf den Schultern zum nahen Krankenhaus getragen. Drei Tage später wurde Mohammad nach Essen in einer Klinik verlegt, wo er starb.
Der Remscheider Sozialdezernent B. Mast-Weisz bekundete anschließend Mitleid mit der Familie und versicherte, Mohammed sei niemals ein Krankenschein verweigert worden. Die Staatsanwaltschaft Wuppertal nimmt die Untersuchungen auf ; später werden die Akten beiseite gelegt. Wenige Monate nach Mohammads Tod findet im Oktober 2007 eine Polizeirazzia statt, um die protestierenden Flüchtlinge einzuschüchtern und sie zu kriminalisieren. Die Großrazzia wird von den Gerichten später als rechtswidrig eingestuft.