Stellungnahme der Flüchtlingsfrauenkonferenz :
Wir verurteilen die rassistische Polizeikontrolle in Würzburg gegen unsere Schwestern und protestieren gegen die Residenzpflicht
Frankfurt am Main, 22.Juni 2014
Am Nachmittag des 20.Juni wurde am Würzburger Hauptbahnhof eine Gruppe Frauen Opfer einer rassistischen Personenkontrolle. Sie waren auf dem Weg zur Flüchtlingsfrauenkonferenz der Karawane für die Rechte der Flüchtlinge und MigrantInnen in Frankfurt. Die Flüchtlingsfrauenkonferenz verurteilt die offensichtlich rassistische Kontrolle und beschließt, in Falle eines Verfahrens wegen Verstoßes gegen die „Residenzpflicht“ die Schwestern in jeglicher Weise zu unterstützen. Außerdem kritisiert sie die Residenzpflichtgesetze als rassistisch und frauenfeindlich.
Die Gruppe von fünf Frauen war in Nürnberg aufgebrochen und auf dem Weg zur Flüchtlingsfrauenkonferenz der Karawane in Frankfurt/Main, die vom 20. bis zum 22. stattfand.
Die Beamten der Bundespolizei ließen bei ihrer Kontrolle keinen Zweifel daran, dass sie die Gruppe einzig aufgrund ihrer Hautfarbe kontrolliert hatten. Einer hellhäutigen Schwester, die in derselben Gruppe reiste, wurde von den Beamten unterstellt, dass sie doch gar nicht dazu gehören könne und sich sicherlich nur ein Ticket mit den anderen teilen würde. Als sie die Papiere der Schwestern kontrollierten und feststellten, dass drei von ihnen sich außerhalb des ihnen zugewiesenen Residenzpflichtbezirkes aufhielten, gaben sie dies als Begründung für die Kontrolle an.
Asylsuchende oder geduldete Flüchtlinge dürfen nach der bayrischem Residenzpflicht-Regelung sogar ihren Landkreis nicht verlassen. Diese drei Frauen sahen sich gezwungen, ihre Reise nach Frankfurt abzubrechen und nach Würzburg zurückzukehren. Die Flüchtlingsfrauenkonferenz fand ohne diese drei Schwestern statt. Dennoch kamen rund achtzig Flüchtlingsfrauen und Migrantinnen nach Frankfurt, viele von ihnen auch unter Inkaufnahme des Kontrollrisikos, durchbrachen ihre Isolation und tauschten sich zwei Tage lang intensiv aus.
Die Flüchtlingsfrauenkonferenz hat heute zum Abschluss - auch aufgrund des geschilderten Vorfalls – beschlossen, die rassistische und isolierende Regelung der Residenzpflicht zu einem Schwerpunkt ihrer Arbeit zu machen. Während der Konferenz haben viele Teilnehmerinnen berichtet, wie schwer es gerade für asylsuchende Frauen ist, ihre Isolation in den Lagern zu brechen und sich zu organisieren. Die absurde Residenzpflicht, die in Bayern noch restriktiver gehandhabt wird als in anderen Bundesländern, macht ihnen diesen Schritt aus der Isolation noch schwerer. Polizeikontrollen an Bahnhöfen sind eine tägliche Erfahrung für Menschen anderer Hautfarbe. Dies obwohl das sogenannte racial profiling ganz offensichtlich eine rassistische Diskriminierung und von daher einen Verstoß gegen die Menschenrechte (Deutsches Institut für Menschenrechte) darstellt. Solange jedoch das Residenzpflichtgesetz besteht, wird zweifellos auch diese Menschenrechtsverletzung an deutschen Bahnhöfen weiter praktiziert werden.
Die Flüchtlingsfrauenkonferenz bleibt weiter in Kontakt mit den drei betroffenen Schwestern. Sollten die Behörden ein Verfahren gegen sie einleiten, werden wir solidarisch hinter ihnen stehen, sie unterstützen und sie weiterhin ermutigen, niemals ein Gesetz zu respektieren, das ihre Würde nicht respektiert.
(via : Karawane für die Rechte der Flüchtlinge und MigrantInnen)