Eulen nach Athen tragen…: eine Debatte um Syriza, Troika & Co. Wie schätzen wir die Entwicklungen nach dem Wahlsieg Syrizas in Griechenland ein ? Müssen wir uns irgendwie verhalten ? Und wenn ja, wie ?
Neben dem Sack Reis sind die nach Athen getragenen Eulen wohl die am häufigsten bemühten Objekte deutscher Floskeln. Was hinter der Redensart steckt, können aber wohl nur ähnlich wenige erklären wie die Zusammenhänge der griechischen Krise. Umgangssprachlich stehen die Vögel für eine überflüssige Mühe. Für ihren antiken Ursprung gibt es bei Wikipedia zwei mögliche Erklärungen : Entweder war ursprünglich die durch einen Steinkauz symbolisierte Klugheit gemeint, die durch die Schutzgöttin Athene in Athen jedoch bereits beheimatet gewesen sein soll, sodass an Ratschlägen von außen kein Bedarf bestand, oder es bezog sich auf die auf Drachmen geprägten Eulen. Demnach war es nutzlos, Geld in die Stadt zu tragen, weil es „an Eulen nie mangeln (wird)“, wie Aristophanes schrieb – wohlgemerkt : es ging um Drachmen.
Uns scheinen die Eulen in jedem Fall das passende Leitmotiv einer kleinen Debatte zu sein, die sich mit einer linksradikalen Haltung zu Syriza, der Troika und den Notwendigkeiten, sich zu positionieren beschäftigt, egal, ob es im alten Athen um nutzlose Ratschläge oder um nutzloses Geld ging. Passend auch, weil das Unterfangen auf den ersten Blick durchaus überflüssig erscheint. Die Entwicklungen in der Krisenerzählung Europas sind sicher von vielem abhängig, aber ganz sicher nicht davon, wie sich die Reste einer radikalen deutschen Linken zu ihr positionieren ; außerdem veröffentlichen derzeit doch fast alle irgendwas dazu, und vieles davon liest sich eigentlich auch ganz klug. Warum wollen wir es dann dennoch tun ?
Weil wir als kleine Gruppe in der Beurteilung dessen, was wir vom Wahlsieg Syrizas erwarten, und wie uns das fordern könnte, was wir eben erwarten, ebenso uneinig sind, wie die Linke in der veröffentlichten Debatte insgesamt. Weil wir uns eine eigene Perspektive erhoffen – begründet auf der Tatsache, dass wir ursprünglich speziell mit Bezug auf das Troika-Regime und den Widerstand in Griechenland den Fokus von einer meist lokalen auf die internationale Ebene gerichtet hatten ; was damals, 2012, eine regionale Mobilisierung zum ersten « Blockupy»-Versuch und auch den Impuls, lokales Engagement mit Transnationalem zu verknüpfen nach sich zog. 2015 konnten wir bisher noch keine gemeinsame Haltung zu den für den 18.März geplanten Protesten gegen die EZB-Eröffnung in Frankfurt finden – dabei spielen die 2012 gemachten, ambivalenten Erfahrungen eine Rolle, aber auch eine in den letzten drei Jahren geschärfte Wahrnehmung der Krisenpolitik. Manches, was seinerzeit geschrieben wurde, würde heute anders beurteilt. Der Wahlsieg von Syriza und die anschließende allseitige Inszenierung auf der Brüsseler Bühne bieten uns jetzt eine gute Gelegenheit, die veränderten Wahrnehmungen einmal zu konkretisieren und uns auch grundlegendere Fragen zu stellen.
Wie halten wir es beispielsweise mit dem Parlamentarismus und mit den stetigen - oft frustrierend endenden - Versuchen, systemimmanent was zu verändern ? Welche Prioritäten setzen wir ? Ist es wirklich nötig, sich angesichts eigener Schwäche zunächst mit « kleinen Erfolgen » zu begnügen, oder ist es nicht vielmehr genau jetzt notwendig, neue Sabotagestrategien zu entwickeln, die gar nicht erst auf das Ringen um gesellschaftliche Mehrheiten setzen ? Wo ließe sich da ansetzen ? Und wie schätzen wir dann Mobilisierungen wie die zum 18.3. nach Frankfurt ein ? Und welche Strategien wären aus unserer lokalen Perspektive überhaupt umsetzbar ?
Unter der Überschrift « Eulen nach Athen tragen…» werden wir versuchen, in loser Folge Einzelmeinungen dazu veröffentlichen. Auf eine gute Debatte ! Jamas !