Gastbeitrag von Over the Border
Europas Rechte und Rassisten haben einer offenen Gesellschaft und damit auch uns in den letzten Monaten mehr als eine Kriegserklärung zukommen lassen. Es reicht nicht mehr, das autoritäre Erstarken zu beklagen – es geht jetzt darum, Gegenwehr zu organisieren. Gegen die neu etablierten tödlichen Grenzen der Festung Europa und gegen die auf der Straße und bei Demonstrationen immer offener zutage tretende Komplizenschaft der Staatsmacht mit Nazis und Rassist*innen. Auch wenn wir in Deutschland zur Zeit die Konsequenz, mit der letzten Samstag mehrheitlich italienische Aktivist*innen die Grenze am Brennero angegriffen haben, eher anstaunen – auch hier muss die Schockstarre überwunden werden.
Over the Fortress !
Denn die Kämpfe an den Grenzen nehmen an Intensität zu, mit den Zäunen und Grenzschutzanlagen wächst auch die Entschlossenheit ihrer Gegner und derjenigen, die von ihnen ausgeschlossen werden. Die ihr eigenes Leben im griechischen Idomeni und in anderen Camps in Griechenland einsetzenden Menschen und jene, die die Grenze am Brennero angegriffen haben, sind ein Anfang. Die derzeitige Schließung der Balkanroute konnte nur gelingen, weil zu wenige zu selten denen, die gegen neue Zäune anrannten, entgegengingen um ihnen beim Abriss der Grenzen zu helfen. Grenzen müssen unsicher gemacht werden. Überraschend und überall, damit klar wird, dass ihre Errichtung für « Fortress Europe » nicht zum Nulltarif zu haben ist.
Es reicht nicht mehr, die Reste der « Willkommenskultur » zu verwalten, es ist Zeit, sich flächendeckend mit den Kämpfen an den Grenzen zu solidarisieren und dem Druck der rassistischen Leitkultur eigenen Druck entgegenzusetzen. Niemand, der die Festung Europa durchsetzen will, darf sich sicher fühlen. Es darf kein ruhiges Hinterland geben.
Konkrete Solidarität jetzt !
Weil es das für Betroffene der europäischen Festung auch nicht gibt. Die rassistische Politik der Abschottung wütet überall und an jedem Ort. Die hastig verabschiedeten Rechtsverschärfungen der letzten Monate zeigen längst Wirkung. Eine der wirkungsvollsten Maßnahmen war es sicher, unerwünschte Migrant*innen weit weg von persönlichen Kontakten in Sonderlagern unterzubringen, wo sie von Kollaborateuren großer NGOs und Mitarbeiter*innen der Behörden bearbeitet werden, damit sie einer « freiwilligen Ausreise » zustimmen. Ganze Bevölkerungsgruppen wurden so inzwischen beinahe unbemerkt in ihnen häufig fremde Länder Ex-Jugoslawiens deportiert, unter ihnen auch viele in Deutschland geborene junge Menschen. Jetzt sind tausende Menschen aus den Maghreb-Staaten dran und von Abschiebung bedroht. Die Zahl auf diese Weise Illegalisierter wird drastisch zunehmen.
Es reicht nicht mehr, sich auf jene mit « guter Bleibeperspektive » zu konzentrieren, die schnellstmöglich in die kapitalistische Verwertungsmaschinerie integriert werden sollen, es ist Zeit, solidarische Strukturen zur Unterbringung und Beschäftigung auch jener zu schaffen, die täglich ihre Deportation befürchten müssen und jederzeit ein Versteck benötigen können.
Staat und Nazis Hand in Hand
Solche Strukturen erscheinen umso wichtiger, je klarer wird, dass die rassistische Politik über das von ihr seit jeher reklamierte Gewaltmonopol verfügt und es auch einsetzt. Schon lange müssen wir erleben, dass die deutsche Polizei auch vor brutaler Gewalt nicht zurückschreckt, um Nazimärschen und rassistischen Demonstrationen den Weg frei zu machen. Die Ereignisse der letzten Monate, zuletzt am Rande des AfD-Parteitages in Stuttgart, bei dem es zu einer beispiellosen Massenverhaftung von AntifaschistInnen kam, machen deutlich, dass sich die Polizei strukturell offen an die Seite der Rassist*innen stellt und keine Probleme damit hat, sich auch als Saalschutz für die neue Rechte einzubringen. Ihr Verhalten kann nur als Kampfansage an all jene verstanden werden, die sich gegen erwachenden Faschismus und wachsenden Rassismus engagieren.
Es reicht nicht mehr, punktuell Übergriffe und gezielte Angriffe der Polizei anzuklagen. Es ist Zeit, die Polizei als vitalen Teil rassistischer Politik zu sehen und uns dagegen zu organisieren.
¡vamos !
Am Samstag, den 14. Mai findet ab 14:00 Uhr in Wuppertal eine Demonstration für offene Grenzen statt, zu der verschiedene Wuppertaler Gruppen aufrufen.