Howdy ! Unsere Seite ist als „Intervention und Selbstbeherrschung“ ab sofort wieder da. Der etwas sperrige Titel beschreibt ziemlich genau, womit wir uns beschäftigt haben und womit wir uns weiter beschäftigen werden. Wir zitieren uns mal selber :
Oder, um es kurz zu sagen : Je besser die Selbstbeherrschung, desto größer ist die Fähigkeit irgendwo erfolgreich zu intervenieren. Dementsprechend ist auch die lange Pause zu verstehen ; denn wenn eine Website nach einem Jahr wieder Online geht, kann nicht von einem „Relaunch“ gesprochen werden. Die lange Zeit war nötig, um Selbstbeherrschung zurückzugewinnen.
Sie war nötig, um zu einer Neubestimmung nicht nur unserer Publikationspolitik zu kommen. Unsere ganze bisherige Arbeit musste reflektiert und zukünftige Aktivitäten neu justiert werden. Dieser Prozess ist natürlich nicht abgeschlossen. Er ist jedoch weit genug vorangekommen, unsere Website wieder freizulassen. Die teilweise Abstinenz vom Tag-für-Tag-Geschehen hat gut getan und uns dabei geholfen, uns in einer immer deutlicher zerbrechenden bisherigen Ordnung zu positionieren. Und die Beschäftigung mit vergangenen Aktivitäten hat dazu beigetragen, Ursachen und Wirkungen wieder einschätzen zu können. Aus einer immer mehr verwischten Bildfolge als katastrophal empfundener Ereignisse wird langsam aber sicher wieder ein Bild von dem, womit wir es zu tun haben. Die Ergebnisse dieses Prozesses werden in der nächsten Zeit hier ihren Niederschlag finden.
Unsere lange Pause bedeutet übrigens nicht, dass wir ein ganzes Jahr nur in unserem Elfenbeinturm zugebracht hätten. Ganz im Gegenteil. Wir hatten trotz der weitgehenden Einstellung tagesaktueller Interventionen richtig viel zu tun. Auch das hat sicher mit dazu beigetragen, dass unsere Selbstvergewisserung ein Weilchen dauerte. Manches davon ließ und lässt sich auf Schwesternseiten nachlesen. Etwa auf der Website zum Prozess, auf der die mehr als anderthalbjährige Begleitung des §129b-„Terrorprozesses“ gegen unsere Mitstreiterin Latife und der damit verbundene juristische Crashkurs dokumentiert wurden. Das Verfahren endete erwartungsgemäß frustrierend. Zwar befindet sich Latife bis zur Rechtskraft des Urteils weiter in Freiheit und engagiert sich auch noch immer mit uns, nach einer negativen BGH-Revisionsentscheidung würde sie jedoch eine mehrjährige Haftstrafe antreten müssen. Das Thema beschäftigt uns also weiter, auch weil die Bedeutung des skandalösen Prozesses weit über Latifes persönlichen Fall hinausweist.
Ganz sicher ist auch unser Versuch, radikal linke und antirassistische Positionen in die Arbeit mit und für Refugees einzubringen, nicht endgültig beendet. w2wtal (welcome2wuppertal), wo manche von uns sich sehr stark eingebracht haben, hat – wie viele in diesem Bereich Tätige – im Jahr 1 nach dem „Sommer der Migration“ Höhen und Tiefen durchlaufen. Der Versuch, die Selbstorganisation Geflüchteter auf allen Ebenen zu unterstützen, ist dabei mehrfach an seine Grenzen gestoßen und die weit nach rechts verschobenen gesellschaftlichen Diskurse waren auch von uns noch Anfang 2016 so nicht erwartet worden. Noch immer halten wir die Bewegung der Migration und den Umgang mit Geflüchteten für einen Kernbereich der laufenden Klassenkonflikte ; die selbstkritische Reflektion der in der gemeinsam mit Geflüchteten begonnenen Projekte festgestellten Begrenzungen ist gleichwohl überfällig.
Damit zusammen hängt die weltweite Renaissance nationalistischer und autoritärer Politikkonzepte ; Ungarn, Polen, die Slowakei oder Kroatien im Osten Europas, die Phillipinen, die Türkei, das Frankreich des Front National, die USA Donald Trumps und nicht zuletzt die wiederauferstandene Miefigkeit deutscher Befindlichkeiten in Form von Pegida oder der AfD – das hat unsere Perspektiven verändert. Mit unserer bereits im Januar begonnenen Diskussionsreihe „Politik in der Rechtskurve“ versuchen wir, dem Rechnung zu tragen. Die schon stattgefundenen Diskussionen mit Niklas Reese zu den Phillipinen und Ismail Küpeli zur Türkei waren zum Verständnis der politischen Abläufe und gesellschaftlichen Entwicklungen schon sehr hilfreich. Wir gehen davon aus, dass die nächste Veranstaltung mit Bernard Schmid am 26. Mai zur Situation in Frankreich weiter Aufschluss geben wird. Die ganze Reihe wird von uns noch mindestens bis zur Bundestagswahl fortgesetzt.
Wir haben versucht und werden weiter versuchen, manchmal fast schon kollabierte Strukturen zu revitalisieren. Die schon zuvor erwähnte Abfolge von als katastrophal empfundenen Ereignissen erlebt eine schwer fassbare Beschleunigung. Noch während wir versuchen, aktuelle Ereignisse einzuordnen, ist der nächste Alarm bereits zu hören. Das ist eine Gefahr für unsere Strukturen, denn es endet oft in Scheinaktivität. Auf Dauer schwächt das und manchmal paralysiert es sogar. Dem nicht immer nachzugeben, gehört auch zur Selbstbeherrschung. Für manches müssen wir uns mehr Zeit nehmen, besser zuhören und uns anderes besser ansehen.
In diesem Sinne. Nächstes Mal besser scheitern ! so_ko_wpt im Mai 2017
Zur „Politik in der Rechtskurve“ und zu unseren anderen Schwerpunkten haben wir einige der wichtigeren Texte auch hier übernommen. Blättert mal etwas zurück, wenn euch interessiert, was wir im letzten Jahr so gemacht haben. Es lohnt sich ohnehin, hin und wieder mal einen Blick zurück zu riskieren : Ein neues PlugIn in der Seitenleiste verweist ab jetzt auf ältere, thematisch verwandte Artikel. Ach ja : Lasst euch mal bei einem unserer Treffen blicken !