Offener Brief des VVN-BdA Wuppertal an OB Peter Jung

Die Wupper­taler Verei­ni­gung der Verfolgten des Nazi-Regimes-Bund der Antifa­schis­tinnen und Antifa­schisten (VVN-BdA) hat bei der Haupt­ver­samm­lung einstimmig einen offenen Brief an Oberbür­ger­meister Peter Jung (CDU) verab­schiedet, der die Vorgänge um die Spaltung des antifa­schis­ti­schen Protestes am 21.September anläss­lich des Aufmar­sches der Partei „Die Rechte” zum Inhalt hat. In dem Brief der VVN BdA an Peter Jung, der dem „Netzwerk für Demokratie und Toleranz” vorsteht, wird die Politik des „Lenkungs­kreises” der Initia­tive, die zu zwei getrennten Gegen­kund­ge­bungen führte, scharf kriti­siert und eine Vollver­samm­lung des „Netzwerks für Demokratie und Toleranz” gefor­dert. Die VVN BdA ist selber Teil des „Netzwerks”. Nachfol­gend dokumen­tieren wir den offenen Brief :

Blockade des Barmer Bahnhofs. (Quelle: http://ifuriosi.org)

Blockade des Barmer Bahnhofs. (Quelle : ifuriosi​.org)

Sehr geehrter Herr Oberbür­ger­meister der Stadt Wuppertal,
sehr geehrter Herr Peter Jung !

Wir wenden uns von unserer Jahres­haupt­ver­samm­lung in großer Sorge an Sie.

Es hat bekannt­lich keine Einigung zu einer gemein­samen Aktion von Netzwerk und Bündnis gegen die Neo-Nazi Provo­ka­tion in unserer Stadt am 21. September gegeben.

Zwei getrennte Veran­stal­tungen – eine in Elber­feld mit geschätzten 100 Teilneh­mern und eine in Barmen mit geschätzten 1500 Teilneh­mern – waren die Folge. Einige Redner haben es geschafft, auf beiden Veran­stal­tungen zu reden. Gelungen ist auch die Blockade des Nazi-Marsches vom Bahnhof Barmen zum Bahnhof Oberbarmen in Höhe der Werther-Brücke. Das ist ein großer Erfolg !

Sorge bereitet uns aber die Tatsache, dass es nicht gelungen ist, alle Kräfte gegen den Nazi-Aufmarsch zu einer gemein­samen Aktion zu bündeln. Wir vermuten die Gründe und Verant­wort­li­chen dafür in den Reihen des Netzwerks.

Wir, als Mitglied im Netzwerk, fordern daher möglichst rasch eine Vollver­samm­lung des Netzwerks einzu­be­rufen und erwarten dort eine Stellung­nahme des Lenkungs­aus­schuss’, der in dieser wichtigen Frage offenbar alleine, ohne eine Konsul­ta­tion der Vollver­samm­lung des Netzwerks, gehan­delt hat. Wir, die Jahres­haupt­ver­samm­lung möchten, dass sich das Zerwürfnis in Zukunft nicht wieder­holt, und dass wir uns am 9. November zu einer gemein­samen Gedenk­ver­an­stal­tung anläss­lich der Erinne­rung an die Pogrome gegen die jüdischen Mitbürger im Jahre 1938 zusam­men­finden.

Über eine Antwort würden wir uns freuen und verbleiben mit freund­li­chen Grüßen

Sebas­tian Schröder, Vorstands­spre­cher Wuppertal, 13. Oktober 2013

 

Artikel teilen

Eine Schlacht im Sitzen

Weltkriegs­ver­lierer 2.0” - ein Video des Medien­pro­jekts Wuppertal

Am vergan­genen Samstag hatte die Partei « Die Rechte », die aus verschie­denen teilweise inzwi­schen verbo­tenen, NS-Kamerad­schaften hervor­ge­gangen ist, mit aufge­bla­senen Backen zur « Schlacht von Wuppertal » aufge­rufen. Die Schlacht der Nazis fand letzt­lich im Sitzen statt, weil Blockaden von Antifa­schis­tInnen in der Barmer Innen­stadt die Durch­füh­rung des Marsches auf der geplanten Route  verhin­derten, wogegen der von Chris­tian Worch angeführte seltsame Haufen, zu dem auch der Nazi-Rapper Makss Damage gehörte, an der Werther Brücke mit einem Sitzstreik demons­trierte.

Der bemer­kens­wert desolate Aufzug des Nazi-Panop­ti­kums, der entgegen eigener Ankün­di­gungen statt aus 300 aus maximal 150 Teilneh­menden bestand, wurde während des gesamten Tages von 1.000 Polizis­tInnen, einem Hubschrauber und zwei Wasser­wer­fern beschützt, sodass es keine Gelegen­heit gab, den vollmun­digen Spruch Worchs, sich mit « seinen 170 Mann » gegen die « 2.000 oder 3.000 » Gegen­de­mons­tran­tInnen durch­zu­setzen, auf ihren Reali­täts­ge­halt zu überprüfen. (Die Aussage Worchs ist im Video des Medien­pro­jektes zu besich­tigen.) Angesichts der gut koordi­nierten und gut vernetzten Gegen­ak­tionen der Antifa­schis­tInnen auf den Straßen Barmens wäre das ein spannender Reali­täts­test geworden. Immerhin gestal­tete sich schon die Anreise der « Kameraden » schwie­riger als gedacht, weil das Eintreffen der Züge mit einer Blockade des Bahnsteigs des Anrei­se­bahn­hofs merklich verzö­gert worden war. Beim Auflösen dieser Blockade kam es auch zum gewohnt unver­hält­nis­mä­ßigen Polizei­ein­satz, während sich die Polizei­truppen im weiteren Verlauf des Tages diesmal eher zurück­hielten.

Gegen 18:00 Uhr war die « Schlacht von Wuppertal » vorbei, nachdem die Nazis am Ausgangs­punkt ihrer Route, am Barmer Bahnhof, wieder in ihre Züge gestiegen waren.

Foto

Der Tag kann für den antifa­schis­ti­schen Wider­stand in Wuppertal als Erfolg gewertet werden, vor allem vor dem Hinter­grund der Spaltung antifa­schis­ti­scher Kräfte nur eine Woche vor dem angekün­digten Demo-Termin der Nazis. Nachdem das durch die Stadt Wuppertal und Oberbür­ger­meister Peter Jung (CDU) getra­gene « Netzwerk für Demokratie und Toleranz » ohne weitere Angabe von Gründen das bewährte « Bündnis gegen Nazis » bei der Verle­gung der Gegen­kund­ge­bung in die Nähe des geplanten Naziauf­mar­sches allein gelassen hatte, und statt­dessen weit entfernt in Elber­feld selber eine Kundge­bung durch­führte, war eine erfolg­reiche Mobili­sie­rung in die Barmer Innen­stadt nicht selbst­ver­ständ­lich. Dass letzt­lich bei der Rede des Oberbür­ger­meis­ters in Elber­feld ledig­lich an die 100 Menschen zuhörten, während sich in Barmen eine vierstel­lige Anzahl Menschen der Rechten in den Weg stellen wollte, kann deshalb kaum hoch genug einge­schätzt werden.

Es darf gehofft werden, dass sich das « Bündnis gegen Nazis », das sich zum seiner­zei­tigen Naziauf­marsch im Januar 2011 zusam­men­fand, seiner Stärke bewusst ist und für künftige Mobili­sie­rungen und Aktionen aus den Erfah­rungen die richtigen Konse­quenzen zieht.

Ein weiteres Video des „desolaten Aufzugs des Nazi-Panop­ti­kums”:

Artikel teilen