Flüchtlinge in Heiligenhaus wurden zwangsevakuiert, weil die Container einsturzgefährdet waren. Jetzt leben sie mit bis zu sieben Leuten in Klassenzimmern und haben eine Dusche für 82 Menschen.
Am 11.Juli wurde den Heiligenhauser Flüchtlingen per Zettel lapidar folgendes mitgeteilt : „Räumung - Die Wohncontainer müssen Geräumt werden - Alle Bewohner werden in einer Schule untergebracht - Umzug ist am Montag Den 15.07.2013“
Offenbar hatte die Stadt Heiligenhaus völlig überraschend entdeckt, dass die Statik der Gebäude an der Friedhofsallee nicht mehr gegeben war und akute Einsturzgefahr bestand. Weniger überraschend war diese Entdeckung für die BewohnerInnen, und für so ziemlich jede und jeden, der/die sich die Wohncontainer in den letzten Jahren angeschaut hat. Dass die schimmeligen und völlig maroden Zimmer keine menschengerechten und zum Wohnen geeigneten Räume waren, konnte ein Blinder mit dem Krückstock erkennen – auch wenn Bürgermeister Heinisch noch vor wenigen Wochen der Meinung war, dort sei doch alles in bester Ordnung und um technische Probleme würde sich der städtische Hausmeister schon kümmern.
Die Flüchtlinge waren dementsprechend durchaus nicht dagegen, aus dem abgelegenen Lager neben dem Friedhof auszuziehen. Allerdings nicht unter der Bedingung, dass sie – wie man ihnen mitteilte – in der Ersatzunterkunft in einer Schule mit bis zu zehn Leuten in einem Klassenraum hausen sollten. Aus diesem Grund riefen sie Freunde und FreundInnen an und baten um Unterstützung und um Beobachtung des ad-hoc-Umzugs.
Am Montagmorgen waren dann sieben UnterstützerInnen vor Ort, als der städtische Umzugswagen an der Friedhofsallee anrollte. Die BewohnerInnen hatten ihre Sachen gepackt, wollten aber nicht einfach mitfahren, sondern zunächst eine Delegation schicken, die die neuen Räume besichtigen sollten. Der städtische Hausmeister wollte die UnterstützerInnen wegschicken, was diese aber nicht einsehen wollten ; schließlich waren sie von den BewohnerInnen eingeladen worden, um die Situation zu beobachten. Der Hausmeister verständigte daraufhin die Polizei, die die sieben Leute vollkommen grundlos in Gewahrsam nahm. Auch einer der Bewohner wurde mitten in der Diskussion mit den städtischen Angestellten plötzlich und grundlos von der Polizei festgenommen.
Alle acht Personen wurden auf der Wache erkennungsdienstlich behandelt und erst gegen Montag Abend, etwa 19.00 Uhr wieder freigelassen. Zu dem Zeitpunkt war der Umzug dann abgeschlossen.
Die Darstellung in den regionalen Medien (WAZ und Rheinische Pest) ist wieder einmal ein Paradebeispiel für die Realitätsverzerrung, die notwendigerweise herauskommt, wenn Medienschaffende sich nicht die Mühe machen, mit den Betroffenen – in dem Fall den Flüchtlingen und ihren UnterstützerInnen – zu sprechen, und stattdessen die Verlautbarungen der Polizei und der Stadtspitze unhinterfragt übernehmen. Da mutieren dann UnterstützerInnen zu „auswärtigen Störern“ (Rheinische Post), während die Flüchtlinge selbst angeblich „durchaus sehr offen für den Umzug gewesen“ waren (behauptet Bürgermeister Jan Heinisch, ebenfalls in der RP). Außerdem werden die Bewohner selbst zu den Schuldigen, weil angeblich einer oder mehrere mit einer Flex Wände aufgeschnitten und somit selbst die Statik des Gebäudes zusätzlich beschädigt hätten. Ein Hohn angesichts des allgemeinen Zustands der Container, die offenbar seit 1997 nicht mehr saniert worden sind.
Noch viel frappierender ist aber, dass bislang von den JournalistInnen niemand mal nachfragt, wie es überhaupt sein kann, dass eine städtische Unterkunft für Flüchtlinge so weit runterkommen kann, dass eine Räumung innerhalb weniger Tage erforderlich wird. Die Frage drängt sich auf, wie lange die BewohnerInnen bereits in einsturzgefährdeten Räumen gelebt haben – und wieso dass die ganze Zeit nicht aufgefallen ist. Immerhin bekommt die Stadt Heiligenhaus – wie jede Kommune – finanzielle Mittel vom Land NRW für die Aufnahme und Unterbringung von Flüchtlingen. Mittel, die ganz offenbar nicht in die Instandhaltung der Unterkunft geflossen sind.
Im Endeffekt teilen sich in der zuvor leerstehenden Pestalozzi-Schule nun bis zu sieben Personen einen Raum. Die Gebäudesubstanz ist ohne Zweifel unvergleichbar besser ; es gibt funktionierende (!) Kochmöglichkeiten und Toiletten. Leider hat wohl niemand in der Stadtverwaltung daran gedacht, dass 82 Menschen auch duschen müssen : In der ganzen Schule gibt es eine einzige Dusche !
Die Stadt Heiligenhaus hat gegenüber der Presse verlauten lassen, dass die Unterbringung in der Schule eine Übergangslösung für einige Monate sein soll. Den Flüchtlingen gegenüber hatte man zuvor von bis zu drei Monaten gesprochen ; dies scheint nicht zu stimmen, der Umzug scheint für einen längeren Zeitraum geplant zu sein. Aber es scheint in Heiligenhaus ohnehin nicht so viel Wert auf zuverlässige Informationspolitik gegenüber den Flüchtlingen gelegt zu werden. Warum auch!? Ist doch das einzige, was die lokale Presse moniert, die schlechte Informationspolitik gegenüber den (deutschen) AnwohnerInnen der Schule.
Nach jetzigen Plänen sollen am selben Standort an der Friedhofsallee – also wieder janz weit draußen - eine Küche und sanitäre Anlagen in Festbauweise errichtet werden ; die alten Wohncontainer sollen abgerissen und durch neue ersetzt werden. Bislang hat von Seiten der Stadtverwaltung noch niemand mit den Flüchtlingen geredet, was diese denn von den Plänen halten.