Am Samstag fand in Wuppertal-Elberfeld eine Demonstration in Solidarität mit ukrainischen AntifaschistInnen und im Gedenken an den Befreiungstag am 8.Mai statt. Die Demo, die sich unter dem Motto „Nie wieder Krieg - Nie wieder Faschismus!” gegen die Unterstützung ukrainischer Nazis durch die CDU/CSU/SPD-Regierung wandte, war gleichzeitig ein antinationales Statement zur geostrategischen Kriegstreiberei kapitalistischer Machtblöcke in den USA, der EU und in Rußland. Ein Resultat der Demovorbereitungen : Wir müssen reden. Bericht.
Trotz eines zu Beginn heftigen Mairegens versammelten sich am letzten Samstag zwischen 50 und 60 Menschen am Kerstenplatz, um bei einer antinationalen Demonstration in Wuppertal Solidarität mit den Opfern des Faschismus zu zeigen. Aktueller Anlass der Demo war das Massaker im ukrainischen Odessa, bei dem von Faschisten und Hooligans mehrere dutzend Menschen im Gewerkschaftshaus verbrannt worden waren. Die Demo richtete sich gegen die offene Unterstützung der ukrainischen Nazis durch die Bundesregierung und die ehemalige Regierungspartei « Die Grünen ». Gleichzeitig wurde eine grundsätzliche Gegnerschaft zu allen nationalistischen Konstruktionen betont. Antifaschistische Arbeit kann nicht an Staaten delegiert werden, weder an fremde Mächte wie Russland, noch im eigenen Land. Daran sollte zwei Tage nach dem 8.Mai erinnert werden.
Die aufgrund des Wetters und einiger anderer Faktoren leider etwas kleiner als erwartet ausgefallene Demonstration – u.a. hatte sich die Polizei mit dem geplanten Ort der Auftaktkundgebung im Zentrum Elberfelds nicht einverstanden erklärt – erreichte an diesem Samstagmittag dennoch durchweg interessierten Menschen. Auch vor diesem Hintergrund war es notwendig, dass sich die antifaschistische Linke erstmals öffentlich zu diesem Thema positionierte, um die Auseinandersetzung damit nicht rechtsoffenen Plattformen wie den so genannten « Montagsmahnwachen » zu überlassen.
Bei den durchweg informativen Redebeiträgen wurden verschiedene Aspekte deutlich. In ihnen ging es zunächst natürlich um die Lage in der Ukraine und um die Verantwortlichkeiten für die dort entstandene Situation. Dabei wurden die EU und die Bundesrepublik sowie die USA als Hauptverantwortliche für die erste Machtübernahme militanter Faschisten in Europa nach dem zweiten Weltkrieg benannt. Auch die « pro-europäischen » und « pro-russischen » kapitalistischen Machtzentren der Ukraine, und die mit ihn verbundenen Partner aus der EU, den USA oder Rußland wurden als verantwortliche Akteure der Krise und der zunehmenden Anheizung des Konflikts benannt. Die Solidarität gilt allen in der Ukraine, die einen Bürgerkrieg fürchten, den AntifaschistInnen, die den paramilitärischen und militärischen Truppen des Kiewer Regimes entgegentreten und jenen, die rassistische und antisemitische Gewalt durch Nazis und Faschisten zu fürchten haben.
Gerd-Peter Zielezinski, Stadtverordneter der Partei DIE LINKE, gab zudem einen Überblick zu den Wahlaktivitäten rechter Gruppierungen in Wuppertal, die bei den Kommunalwahlen am 25.Mai aufgrund organisatorischer Mängel zwar nicht alle flächendeckend antreten können, durch eine Konzentration der Stimmen auf die verbliebenen Kandidaturen aber eher gefährlicher geworden sind. Es gälte zu verhindern, dass es einer rechten Gruppe gelingt, im Wuppertaler Stadtrat einen - auch finanziell attraktiveren – Fraktionsstatus zu erlangen. Der 25.Mai wurde auch im Hinblick auf das in einigen europäischen Ländern wie Holland oder Frankreich bei der Europawahl zu erwartende gute Ergebnis « neu-rechter » Parteien als dringliche Mahnung aufgefasst, jeglichem Nationalismus noch entschlossener entgegenzutreten.
Bei einer Zwischenkundgebung vor der Wuppertaler SPD-Zentrale gab es einen Beitrag der VVN-BdA zu den Kontinuitäten der Zusammenarbeit Deutschlands mit ukrainischen Faschisten. Gerade vor dem geschichtlichen Hintergund der deutschen Besetzung wurden die Wuppertaler SPD-Bundestagsabgeordneten aufgefordert, sich für eine sofortige Beendigung der Unterstützung des Kiewer Regimes durch den deutschen SPD-Außenminister einzusetzen. Dass es sich bei den Swoboda-Mitgliedern in der Kiewer Regierung und dem meist mit paramilitärischen Sicherungsaufgaben betrauten « Rechten Sektor » um Nazis handelt, ist inzwischen so offenkundig wie fundiert belegt, das wurde in der Rede herausgestellt. Die Hoffnungen auf eine Kursänderung der SPD sind jedoch nicht allzu groß – schließlich hat die SPD eine gewisse Tradition der Kooperation mit Ultranationalisten. Das wurde deutlich, als vor der SPD-Zentrale an die Rolle der Sozialdemokratie im Jugoslawien-Krieg erinnert wurde. Auch der von Gerhard Schröder im Nachhinein als « völkerrrechtswidrig » bezeichnete Krieg gegen Jugoslawien wurde in Zusamenarbeit mit nationalistischen Kräften vorbereitet, nachdem diese zunächst für einen Bürgerkrieg bewaffnet worden waren. Der Verteidigungsminister, der damals mit jenem serbischen „Hufeisenplan” aufwartete, der ein miltitärisches Eingreifen erzwingen sollte, war der Sozialdemokrat Scharping.
Beim kurzen Stopp auf dem nach dem Wuppertaler kommunistischen Widerstandskämpfer Otto Böhne benannten Platz auf dem Ölberg hörten die TeilnehmerInnen der Demonstration ein kurzes Referat zum Leben und zur Ermordung Otto Böhnes, der bereits im Februar 1934 infolge schwerer Folter im KZ Kemna bzw. Börgermoor verstarb. Die Rede leitete den zweiten Teil der Demo ein, die dem Gedenken anlässlich des Befreiungstages am 8.Mai gewidmet war. Bei der Abschlusskundgebung am Mahnmal aller Wuppertaler Opfer des Nationalsozialismus im Deweerth’schen Garten schloss sich dabei der thematische Kreis, als eine Aktivistin über das Schicksal ukrainischer ZwangsarbeiterInnen in Wuppertal berichtete.
Neben Schilderungen des Moments der Befreiung durch US-amerikanische Truppen in Wuppertal (der Tag der Befreiung der Stadt ist der 15.April) wurde auch das spätere Schicksal der von den deutschen Besatzern versklavten ZwangsarbeiterInnen angesprochen. Einige von ihnen wurden in der stalinistischen UdSSR der Kollaboration mit dem Feind bezichtigt und litten Zeit ihres Lebens unter dieser Situation. Zu einigen Angehörigen besteht noch immer ein Kontakt. So wurde am Rande der Kundgebung bekannt, dass der Instituation, die mit Geldern des Entschädigungsfonds für ZwangsarbeiterInnen politische Bildungsarbeit in Kiew leistete, nach der Machtübernahme durch das neue Regime die Bankkonten gesperrt wurden. Die MitarbeiterInnen sind nun ihren Job los, es steht zu befürchten, dass sich die neuen Machthaber des Geldes der ZwangsarbeiterInnen bemächtigen wollen.
Korrektur : Wir wurden in der Sache nochmal kontaktiert. Die Sache sieht so aus : Die Entschädigungszahlungen durch die Stiftung Erinnerung, Verantwortung und Zukunft (Gelder der Wirtschaft und steuerfinanziert) an die ehemaligen ZwangsarbeiterInnen wurden 2007 beendet. Aus Erträgen des Stiftungsvermögens werden u. a. diverse Projekte unterstützt. Auch jene der Stiftung „Verständigung und Toleranz” in Kiew. Die die Gelder verwaltende Bank scheint nun pleite zu sein, sodass seit drei Monaten keine Gehälter mehr an die MitarbeiterInnen der Stiftung ausgezahlt werden konnten und in Zwangsurlaub geschickt, bzw. gekündigt wurden.
„Es gibt also keine Erkenntnisse darüber, dass die jetzigen Machthaber Zugriff auf die Gelder der Stiftung Verständigung und Toleranz hatten”
Wir bitten, das Mißverständnis zu entschuldigen.
Über das abschließende Statement zweier GenossInnen, die zwei Tage zuvor in Frankfurt die mit den ukrainischen AntifaschistInnen solidarische Gedenkdemo zum 8.Mai mitinitiiert hatten, waren die Anwesenden sehr erfreut. In ihrer Rede mahnten sich nachdrücklich, die Anstrengungen gegen einen erstarkenden Faschismus zu bündeln und zu verstärken.
Das Resultat der Demo und der Diskussionen in ihrer Vorbereitung wird eine verstärkte Arbeit zum Thema sein. Die Zielsetzung muss darin bestehen, den vielen Menschen, die irritiert und besorgt die politischen Entwicklungen und die medialen Kampagnen zum Thema verfolgen, ein eigenes antifaschistisches Angebot zum Austausch und zum Handeln machen zu können. Das Interesse der zufälligen Passanten und NachbarInnen, aber auch eigene, zur Zeit nur schwer zu beantwortende Fragen zur Einschätzung der Gesamtentwicklung lassen es notwendig erscheinen, sich inhaltlich weiter und vertiefter mit der europaweiten Zunahme « neu-rechter » Handlungsoptionen und speziell auch mit der Entwicklung in der Ukraine zu befassen.
One Reply to “Verstärkte Arbeit notwendig. Wir müssen reden !”