Nach dreieinhalb Jahren kontinuierlicher Protestpräsenz am Düsseldorfer Flughafen bei jeder der vielen Sammelabschiebungen ruft das Bündnis „Abschiebestop Düsseldorf” am 15.April zum letzten Mal zum Protest gegen eine Massenabschiebung auf. Sie wird nach Serbien durchgeführt und trifft wieder hauptsächlich Roma. „Abschiebestopp Düsseldorf” sieht als Gruppe zunächst keine Basis mehr für weitere Mobilisierungen, das Fazit der zähen Arbeit am nordrhein-westfälischen Abschiebe-Drehkreuz Düsseldorfer Flughafen fällt gemischt aus.
Selbstkritisch ist anzumerken, dass die Aktivistinnen und Aktivisten, die kämpferisch aber oft frustriert die Abschiebungen begleiteten, jedoch fast nie verhindern konnten, von vielen zwar solidarische Grüße, aber zu selten auch konkrete Unterstützung erfahren haben. Wenn es darum geht, den Normalbetrieb des Abschiebeknotens Düsseldorf zu stören, wären mehr Teilnehmende an den Demonstrationen häufig einfach wünschenswert gewesen.
Schon, um mögliche neue Perspektiven für den Widerstand gegen die Abschiebungen zu eröffnen, wird es deshalb umso bedeutender sein, sich am 15.April wirklich massenhaft am Morgen aufzuraffen, um zum (vorerst) letzten Mal die Maschinerie des Flughafens laut und entschlossen aus dem Takt zu bringen, wenn im rot-grünen NRW schon wieder Menschen gegen ihren Willen außer Landes verschleppt werden.
Wir möchten „Abschiebestopp Düsseldorf” für die jahrelange Arbeit Danke sagen und rufen alle auf, ihren Protest am Dienstag, den 15.04. ab 0800 Uhr morgens an „Gate F” zu unterstützen. Stop Deportation !
Nachfolgend dokumentieren wir ein Fazit, einen Ausblick, den Aufruf des Bündnisses :
Last Call Serbia -- Letzte Mobilisierung von Abschiebestop zum Düsseldorfer Flughafen
Zum letzten Mal rufen wir zu einer breiten Mobilisierung gegen die Sammelabschiebungen am Düsseldorfer Flughafen auf : Laut, kreativ, ideenreich, unübersehbar und unüberhörbar.
Wir, das Bündnis „Abschiebestop Düsseldorf”, haben uns nach längerer Diskussion entschieden, noch ein letztes Mal zu Aktionen am Flughafen Düsseldorf während der nächsten Sammelabschiebung aufzurufen. Der Flug wird am 15.April nach Serbien gehen. Betroffen werden wieder vor allem Roma sein. Danach wollen wir diese Aktionen für unseren Teil einstellen.
Der Grund für diese Entscheidung ist leider nicht, dass sich irgendetwas in der bundesdeutschen oder europäischen Abschiebepolitik zum Positiven verändert hätte -- im Gegenteil.
Wir denken jedoch, dass diese Aktionsform an ihr (vielleicht auch nur vorläufiges) Ende gekommen ist. Es gibt keinen politischen Mehrwert durch die immer gleiche Wiederholung der Aktionen. Damit wollen wir nicht sagen, dass die bisherigen Aktionen ein Misserfolg waren. Im Rückblick denken wir, dass einiges erreicht wurde und das Thema Sammelabschiebung sowie Abschiebung von Roma in die Öffentlichkeit gebracht werden konnte.
Ein kurzer Rückblick
Seit Herbst 2010 haben -- mit wenigen Ausnahmen -- bei jeder Sammelabschiebung vom Düsseldorfer Flughafen Protestaktionen innerhalb und außerhalb des Terminals stattgefunden. Die Beteiligung variierte zwischen 15 und 100 Personen, was angesichts der Tatsache, dass die Sammelabschiebungen i.d.R.. Dienstags früh morgens stattfinden und die Termine manchmal erst sehr kurzfristig bekannt wurden, immer noch erstaunlich viel ist.
Gerade zu Beginn der Proteste gab es größeres Interesse seitens der Medien, zum Teil wurden Pressekonferenzen am Flughafen einberufen. Es gelang eine Skandalisierung der ansonsten im verborgenen laufenden Praxis der Sammelabschiebung von Roma u.anderen in die Länder Ex-Jugoslawiens.
Zu Beginn der Aktionen, noch vor dem sogenannten Flughafen-Urteil, welches Demonstrationen innerhalb von Flughafengebäuden ausdrücklich erlaubt, ging es auch darum sich einen Aktions- und Handlungsspielraum, nämlich den Flughafen-Terminal zu erkämpfen. Hierzu musste teilweise dezentral und unauffällig in das Gebäude eingedrungen werden, Sambatrommeln in Rucksäcke versteckt und Transparente unter Pullis getragen werden.
Durch die Aktionen gelang es, sowohl den von der Abschiebung Betroffenen am Gate unsere Solidarität zu zeigen, als auch eine ganze Reihe von Fluggästen, Airline-Angestellten und Flughafenmitarbeiter*innen zu erreichen und nicht selten auch zum Nachdenken zu bringen. Neben genervten Blicken und verbalen Ausfällen erlebten wir auch immer wieder Solidarität, Verständnis und Zustimmung. Und zwar nicht nur seitens der Passagiere, sondern auch von Mitarbeiter*innen und Angestellten des Flughafens und der Airlines.
Mediale Aufmerksamkeit
Bei einigen Abschiebungen – insbesondere, wenn Sammelcharter mit dem Ziel Kosovo starten sollten – waren auch die Medien aufmerksam, begleiteten die Proteste und forderten das Innenministerium zu Stellungnahmen auf. In einigen -- ganz wenigen -- Fällen wurden einzelne Abschiebungen abgebrochen, weil rechtzeitig ein Anwalt kontaktiert werden konnte. Oder aber die bereits erfolgte Abschiebung wurde im Nachgang zum Skandal. So berichtete bspw. Report Mainz am 25.09.2012 über die Abschiebung einer schwer kranken Frau.
Auch in den Regionalnachrichten des WDR gab es immer wieder ziemlich positive Berichte -- und mitunter auch Kritik an der Abschiebepolitik der Landes- und Bundesregierung :
WDR 2 : Ausweisung aus Deutschland
Center TV : Beitrag zum Protest gegen Sammelabschiebung
Rheinische Post : Proteste gegen erneute Abschiebung von Roma
Reaktionen seitens Flughafen und Behörden
Die Reaktionen der Flughafenverwaltung und der Polizei auf unsere Proteste lassen darauf schließen, dass die Aktionen in und um den Terminal herum durchaus das Potential hatten, den geregelten Betrieb zumindest ein wenig durcheinanderzubringen. Mitunter wurden Rolltreppen ausgeschaltet ; die Webcam im Terminal war eine Weile offline und -- je nach Dauer und Größe der Kundgebungen -- war es offensichtlich : Wir haben genervt!. Es wurde sichtbar gemacht, was Behörden, Flughafen und Airlines lieber im Verborgenen gelassen hätten. Und damit ein Ziel erreicht, nämlich ein wenig Sand in der sonst viel zu reibungslosen Abschiebemaschinerie zu sein
Als Lob verbuchten wir den klagenden Bericht der Bund-Länder Arbeitsgruppe „Rückführung”, kurz „AG Rück”, in der sich über die zunehmende ablehnende Haltung gegenüber Abschiebung in der öffentlichen Wahrnehmung beklagt wird - ausgelöst durch angeblich medial gut vernetze Lobbygruppen…