Für letzten lauten Protest gegen Abschiebungen von DUS

Ausblick - Wie geht’s weiter ?

Flücht­lings- /Refugee-Proteste

Ganz zweifellos hat sich in den vergan­genen drei Jahren insge­samt in der medialen und politi­schen Öffent­lich­keit in Hinblick auf die Thema­ti­sie­rung von Migra­tion und Abschie­bung enorm viel verän­dert. Das hat jedoch nur sehr wenig mit unseren Aktionen, dafür aber sehr viel mit den selbst organi­sierten Flücht­lings- /Refugee-protesten zu tun. Die mediale Aufmerk­sam­keit ist enorm gewachsen -- und die Bereit­schaft in breiten Bevöl­ke­rungs­kreisen zur Solida­ri­sie­rung, die inzwi­schen (nicht nur in Hamburg) zu beobachten ist, wäre vor drei oder vier Jahren wohl noch nicht vorstellbar gewesen.

Insofern haben Aktionen gegen Abschie­bung heute in vielerlei Hinsicht sehr viel mehr Rücken­wind als zu Beginn der Proteste.

Antizi­ga­nismus

Aller­dings mit der Einschrän­kung, dass bei den Abschie­bungen vom Düssel­dorfer Flughafen meist Roma betroffen sind. Und leider ist der Antizi­ga­nismus in letzter Zeit eher noch stärker geworden. Durch mediale Kampa­gnen, Diffa­mie­rungen und öffent­lich insze­nierte polizei­liche Groß-Razzien wie kürzlich in Köln gegen Arbeitsmigrant*innen aus Bulga­rien und Rumänien ist das rassis­ti­sche Bild gegen­über Roma noch weiter angefeuert worden.

Der Duisburger Fall um das Haus „In den Peschen” und die vermehrten tätli­chen Angriffe zeigen, dass Antizi­ga­nismus sehr ernst genommen werden muss.

Die Hetze gegen Roma wird höchs­tens kurz durch­bro­chen, wenn es irgend­eine „Human Interest-Geschichte” eines „gut integrierten” Roma-Kindes zu erzählen gibt. Da kann dann auch die bürger­liche Presse auf die Tränen­drüse drücken -- aller­dings ohne dass sich etwas an der grund­sätz­li­chen Einstel­lung oder den Abschie­bungen ändert.

Trotzdem konnten über Einzel­fall­ge­schichten die Bruta­lität der Abschie­bungen teilweise sichtbar gemacht werden und fanden so auch besseres Gehör.

Alle bleiben ! und Roma Center Göttingen

Ganz beson­ders erwähnt werden muss auch die vielfäl­tige und konti­nu­ier­liche Arbeit vom Roma Center Göttingen und den Alle Bleiben ! Gruppen. Durch Recherche-Reisen vor Ort, direkte materi­elle Unter­stüt­zung und viel Öffent­lich­keits­ar­beit ist es Ihnen gelungen die desolate Situa­tion von Roma in Serbien, Mazedo­nien und dem Kosovo einer breiten Öffent­lich­keit bekannt zu machen. Und letzt­lich waren ihre Recherche auch Basis unserer Arbeit. Zudem gab es an verschie­denen Stellen gemein­same Aktionen und Zusam­men­ar­beit. So z.B. während dem NoBorder Camp, bei der eine Ausstel­lung über die Situa­tion abgescho­bener Roma im Flughafen Düssel­dorf gezeigt wurde und sich auch viele Roma am Protest betei­ligten.

Info-Leaks

Im engeren Sinne hilfreich war aber ganz sicher, dass die Termine für die Sammel­ab­schie­bungen oft schon relativ früh bekannt waren und über Beratungs­ein­rich­tungen und Selbst­or­ga­ni­sa­tionen eifrig und breit bekannt gemacht wurden. Was wohl vielen Betrof­fenen die Möglich­keit gab, entweder noch vorhan­dene Rechts­mittel auszu­schöpfen oder schlicht zum gegebenen Zeitpunkt woanders zu sein.

Inter­na­tio­nale Vernet­zung

Darüber hinaus hatte das Abschie­be­stop-Bündnis den positiven Effekt, dass hierüber auch die Vernet­zung mit Aktivist*nnen in anderen Ländern verstärkt wurde. Denn bei (fast) allen Flügen handelte es sich um FRONTEX-koordi­nierte Opera­tionen ; gelegent­lich konnten in Düssel­dorf auch Kasten­wägen von Auslän­der­be­hörden aus benach­barten Ländern (Frank­reich, Belgien, Holland) beobachtet werden, die durch die Schranken zum Rollfeld fuhren.

Die Europäi­sche Vernet­zung hat mit dazu beige­tragen, dass mehr Wissen über den Ablauf von Sammel­ab­schie­bungen -- von der Zustän­dig­keit für Planung und Koordi­na­tion bis hin zu dem, was anschlie­ßend in Serbien oder Kosovo mit den Leuten passierte -- zusam­men­ge­tragen werden konnte.

FRONTEX als Abschie­be­agentur

FRONTEX ist bekannt als Grenz­schutz­agentur, die sich an der Abwehr und Kontrolle von Migra­tion an den EU-Außen­grenzen betei­ligt. Ihre weiter­ge­hende Funktion, nämlich die, Koordi­na­tion und Organi­sa­tion von Abschie­bungen, zumeist als Charter­flüge und Sammel­ab­schie­bungen war (und ist bis heute) deutlich weniger im allge­meinen Bewusst­sein. Wir hoffen aller­dings, dass die Flugha­fen­ak­tionen mit dazu beige­tragen haben, dieses Aufga­ben­feld von FRONTEX bekannter zu machen und zu skanda­li­sieren.

Air Berlin als Abschie­be­pro­fi­teur

Air Berlin konnte als eine der wichtigsten Flugge­sell­schaften und Profi­teur von Sammel­charter-Abschie­bungen benannt werden. Es gab bundes­weit Aktionen die das Geschäft von Air Berlin mit Abschie­be­flügen anpran­gerten. Doch auch wenn Air Berlin immer wieder benannt wurde, konnte doch nie eine wirklich das Image beschmut­zende Kampagne daraus entwi­ckelt werden.

Abschie­be­stop-Aktionen verharren als Ritual

Im Rückblick auf die Aktionen darf auch nicht übersehen werden, dass unsere Flughafen-Protest­mo­bi­li­sie­rungen der letzten Jahre es nicht geschafft haben, wirklich zu einer Massen­ak­tion, z.B. in Form einer massen­haften Blockade des Flugha­fens zu werden. Im Gegen­teil erstarrten sie mit den Jahren zuneh­mend zum Ritual ; es fehlte an Dynamik, kreativen Ideen bzw. deren Umset­zung und vor allem an Erfolgs­er­leb­nissen. Der ungüns­tige Zeitpunkt der Sammel­ab­schie­bung, der rein reaktive Charakter der Aktionen und auch die (vorher­seh­bare) wieder­keh­rende Erfah­rung, zwar protes­tieren, aber nicht wirklich etwas verhin­dern zu können, wirkte auf Dauer für viele frustrie­rend. Insofern ist es gut nachzu­voll­ziehen, dass manche oder mancher sich nach einer Weile nicht mehr persön­lich an
den Protesten betei­ligt hat.

Trotz mehrfa­cher Versuche und Anläufe, die Abschie­be­stop-Vernet­zungs­struktur zu öffnen und insge­samt die Proteste kreativer und überra­schender zu gestalten ist dies leider nicht gelungen.

Ausblick -- Wie geht’s weiter ?

Mit der aktuellen Entschei­dung, Serbien, Mazedo­nien und Bosnien-Herze­go­wina zu sicheren Herkunfts­staaten zu erklären, wird die Wahrschein­lich­keit eines positiv entschie­denen Asylan­trages verun­mög­licht. NRW und Düssel­dorf bleiben auch in Zukunft Knoten­punkt dieser rassis­ti­schen und bürokra­ti­schen Bruta­lität, wobei Sammel­ab­schie­bungen inzwi­schen nicht nur nach Ex-Jugosla­wien, sondern auch nach Georgien durch­ge­führt werden.

Es gibt also leider nach wie vor viel zu tun für alle Flüchtlingsaktivist*innen und Antirassist*innen.

Wir sehen mit Freude, dass es in anderen Städten und Regionen gerade ein großes Inter­esse am Aufbau von Struk­turen gegen Abschie­bungen gibt. Keines­wegs darf wieder ein Schweigen über die Düssel­dorfer Abschie­bungen gelegt werden.

Daher rufen wir inter­es­sierte Personen dazu auf, den Staffel­stab aufzu­nehmen und weiter zu tragen.

Die vorhan­dende Infra­struktur von Abschie­be­stop-Düssel­dorf wird weiter erhalten bleiben, über abschie­be­stop [at] riseup​.net gibt es weiterhin Kontakt­mög­lich­keiten.

Wir wollen dazu aufrufen, am 15.April noch einmal ein deutli­ches Zeichen gegen Abschie­bungen zu setzen und euch an einer bunten, lauten, massen­haften Aktion in und um den Düssel­dorfer Flughafen zu betei­ligen.

Bringt alles mit, was eure Wut zeigt, was Krach macht, bringt eure Trans­pa­rente gut sichtbar an allen mögli­chen und unmög­li­chen Stellen an, habt kreative Ideen.

Bringt alles mit, was sagen will : Stopp aller Abschie­bungen sofort ! Nie wieder Sammel­ab­schie­bungen ! Nieder mit FRONTEX ! Wider­stand dem Antizi­ga­nismus !

Denn :
Fliegen muss freiwillig sein ! Jeder Mensch hat das Recht, dort zu leben wo er oder sie es will ! Kein Mensch ist illegal !

Abschie­be­stop-Düssel­dorf

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