Am Mittwoch, den 26.06. wurde in den frühen Morgenstunden unter anderen auch unsere Genossin und Freundin Latife bei einer Aktion der Generalbundesanwaltschaft und des LKA Düsseldorf verhaftet. Im Beisein ihrer erst vierzehnjährigen Tochter wurde Latife von einem in die Wohnung stürmenden SEK überwältigt, gewaltsam zu Boden geworfen und umgehend mitgenommen. Anlass der Aktion und der zeitgleich stattfindenden Durchsuchungen mehrerer Räume in Wuppertal und anderen Städten, ist ein Ermittlungsverfahren nach §129b in „Verbindung mit §129a”. (siehe Artikel zun den §§129)
Seither (seit dem Mittwochabend) befindet sich Latife im Gefängnis. Zuerst in Dinslaken, inzwischen wurde sie nach Gelsenkirchen verlegt. Ihre Haftbedingungen entsprechen der üblichen Isalationshaftbedingungen bei Verfahren wegen der §§129. Das bedeutet, es ist weder ihren Freunden noch ihrer Familie, (Latife ist verheiratet und hat zwei Töchter), erlaubt, mit ihr Kontakt aufzunehmen. Außer zum Vollzugspersonal besteht ihr einziger menschlicher Kontakt zur Zeit zu ihrem Anwalt. Obwohl es Untersuchungsgefangenen prinzipiell erlaubt ist, in der Untersuchungshaft eigene Kleidung zu tragen, wurde sie zunächst gezwungen, Klamotten der JVA anzuziehen. Das ist reine Schikane und der Versuch, ihr den letzten, nach der Verhaftung verbliebenen Rest eigener Persönlichkeit zu nehmen.
Um deutlich zu machen, worum es bei den „verschärften Haftbedingungen” in Verfahren nach §§129 geht, geben wir nachfolgend einen Überblick über einige diese Bedingungen. Er basiert auf einer Broschüre der „Roten Hilfe e.V.”, die zum Download als pdf-Datei komplett angehängt ist, aber auch online gelesen werden kann. (via Scribd : „Der Hunger des Staates nach Feinden”, Rote Hilfe e.V., 2009) Im wesentlichen sind die nachfolgend beschriebenen Haftbedingungen bis heute Bestandteil von Isolationshaft – auch bei Latife.
Isolationshaft ist in Deutschland zunächst einmal die Einzelhaft, bei der der Kontakt zu anderen Gefangenen und zur Außenwelt durch besondere Haftbedingungen verhindert wird. Der Begriff der Isolationshaft ist alt und weltweit verbreitet. In Deutschland erhielt er durch die Haftbedingungen für Gefangene aus der Rote Armee Fraktion (RAF), der Bewegung 2. Juni oder der Revolutionären Zellen (RZ) ab den siebziger Jahren des letzten Jahrhunderts Bedeutung. Zu dieser Zeit wurde die Einzelhaft von der BRD perfektioniert und die „verschärften Haftbedingungen” immer weiter ausgebaut. Damals entstanden auch „Tote Trakte”, wie etwa in Köln Ossendorf, die ebenfalls noch heute genutzt werden.
Im Jahr 1967 richtete die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) im Sinne von „grundlegender Verwertung von Wissenschaft” Sonderforschungsbereiche (SFB) an fast allen Hochschulen ein. Der Psychiater und bekannte Spezialist für soziale Isolation und sensorische Deprivation, Jan Gross, wurde in diesem Zusammenhang in der Universitätsklinik Hamburg Leiter des SFB 115 „Isolation und Aggression”. Er hatte sich u.a. zuvor mit Experimenten zur Beeinflußbarkeit von Personen unter Isolationsbedingungen befasst. Grundlage waren Menschenversuche in den USA, die sich bereits in der 1940ern intensiv mit Gehirnwäsche beschäftigten.
Auch Gross unternahm mit Forscherkollegen in den Jahren 1971 bis 1974 Laborversuche mit Menschen, die er in einer „stillen” Kammer beobachtete. Dabei handelt es sich um einen nach außen schallisolierten und nach innen schallschluckenden Raum. Die einseitige Abhängigkeit und Möglichkeit der Manipulation sollten dabei zum Ausdruck kommen und die dadurch erhöhte Beeinflußbarkeit belegt werden. In einem Manuskript hielt er fest : „Dieses Moment kann sicher eine positive Rolle in der Bestrafungskunde spielen, und zwar dort, wo es um die Umerziehung des einzelnen oder einer Gruppe geht und wo die Ausnutzung einseitiger Abhängigkeiten und Manipulation mit solchen Zuständen wirksam den Prozeß der Umerziehung beeinflußen können”. In seiner Abhandlung ging er sehr genau auf die Folgen von Einzel- und Isolationshaft ein.
Aus der Kritik alter Foltermethoden, beispielsweise denen des NS-Faschismus, entwickelten Gross und seine Kollegen die neuen : exakter, effektiver, leiser und unsichtbarer. Sie orientierten sich an den modernen Foltermethoden in Vietnam, den USA und der BRD und entwickelten sie weiter. Erklärte Ziele waren die Entwicklung von Strategien zur Reduzierung, Kanalisierung und Kontrolle von aggressivem, unangepasstem oder widerständigem Verhalten sowie Umerziehung und die Erlangung „wahrer” Geständnisse in Verhören. (…)
Isolationshaft ist zwar keine Erfindung deutscher Behörden und Gerichte. Sie wurde in der BRD aber aber perfektioniert, verwissenschaftlicht und „exportreif” gemacht. Von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) wurde dies 1973/74 mit einer Summe von 2,8 Millionen DM finanziert. Die Anwendung der Isolationshaft beruht auf den Ergebnissen dieser Forschung. Unter den Begriff werden u.A. folgende Haftbedingungen gefasst :
Einzelhaft
Isolationshaft wird seit 1970, als es die ersten Gefangenen aus der RAF gab, vom BGH (Bundesgerichtshof) auf Antrag der Bundesanwaltschaft angeordnet. Vom ersten Tag ihrer Haft (und häufig jahrelang) waren alle betroffen, gegen die aufgrund des §129a U-Haft verhängt wurde bzw. die nach §129a verurteilt wurden– unabhängig vom Tatvorwurf : Gefangene aus der RAF, aus Widerstandsgruppen und in den 90ern zahlreiche Gefangene, die der Mitgliedschaft in der PKK beschuldigt wurden.
Sie wurden in Einzelzellen untergebracht und in den Gefängnissen sowie nach außen von menschlicher Kommunikation abgeschnitten. Die gegen die Gefangenen auf dem Weg der Verfügung durch Anstaltsleiter oder Richter erlassenen Haftumstände in den einzelnen Knästen sind nicht bei allen Gefangenen und zu jeder Zeit gleich gewesen, aber sie ähnelten sich. Die Maßnahmen sind vielfältig : Nichtbelegte Zellen über, unter, rechts und links von der geräuschisolierten Zelle des Gefangenen, Panzerglasfenster oder Fenster mit Sichtblenden und Fliegengitter, luftdichte Zellentüren, weiße Wände und Einrichtungen, das Verbot etwas an die Wand zu hängen, Blechklo, Blechspüle, eine eingemauerte Blechplatte als Spiegelersatz und Betonfußboden. Ständige Neonröhrenbeleuchtung, nahezu ununterbrochene optische und akustische Überwachung, tägliche bzw. wöchentliche Zellenkontrollen und Leibesvisitation bei völliger Entkleidung, stündliches nächtliches Wecken, Tragen von Anstaltskleidung, Fesseln bei Bewegungen im Freien, Einschränkungen und Überwachung des Briefverkehrs und der Besuche, Trennscheibe bei Besuchen, Besuche nur mit nächsten Verwandten und Anwält/inn/en, keine Teilnahme an üblichen Gemeinschaftsveranstaltungen, Verbot und Verhinderung von verbaler und optischer Kontaktaufnahme nach innen und außen.
(…)
Kontaktsperre
Einen Tag nach der Entführung des Alt-Nazis, ehemaligen NSDAP-Mitglieds und damaligen Präsidenten des Bundesverbandes der Deutschen Industrie und der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände, Hanns-Martin Schleyer, durch die RAF im Jahr 1977 wurde gegen alle aufgrund des §129a verfolgten Gefangenen eine Kontaktsperre verhängt. Die Haftbedingungen verschärften sich dadurch drastisch. Verboten waren der Bezug von Zeitungen und Zeitschriften, der Rundfunkempfang, der Empfang und die Versendung von Briefen und sämtliche Besuche. Diese extreme Isolationsmaßnahme schnitt für die Gefangenen jeglichen Kontakt untereinander und zur Außenwelt – einschließlich der Verbindung zu ihren Anwält/inn/en – ab. Den staatlichen Behörden waren die Gefangenen umso schutzloser ausgeliefert.
Entscheidungen von Gerichten, daß die Besuche von Verteidiger/innen auszunehmen seien, wurden mißachtet. Die Bundesregierung berief sich bei der Zwangsmaßnahme der Kontaktsperre, für die es keine Rechtsgrundlage gab, auf einen „übergesetzlichen Notstand”. In einem bis dahin nie dagewesenem Tempo, 24 Tage nach Verhängung der Kontaktsperre, wurde das Kontaktsperregesetz (§§31ff. des Einführungsgesetzes zum Gerichtsverfassungsgesetz) in zweiter und dritter Lesung im Bundestag beschlossen. Mit dem In-Kraft-Treten erhielt der illegale Zustand, in dem die Gefangenen gehalten wurden, eine Gesetzesgrundlage. Während der Kontaktsperre kamen in den Gefängnissen von Stuttgart- Stammheim und München-Stadelheim die Gefangenen aus der RAF Andreas Baader, Gudrun Ensslin, Jan-Carl Raspe und Ingrid Schubert ums Leben. Irmgard Möller überlebte, durch Messerstiche schwer verletzt.
Einschränkung von Verteidigungsrechten
In Verfahren nach §129a StGB kontrolliert ein Richter die Korrespondenz zwischen Verteidiger/innen und Gefangenen (§148 Abs. 2 StPO). Dieser hält die Post zurück, wenn er der Auffassung ist, sie diene nicht dem Zweck der Verteidigung. Dadurch und durch Durchsuchungen in Zellen und Kanzleien mit einhergehenden Beschlagnahmungen von Prozeßunterlagen konnten sich Polizei und Staatsanwaltschaft einen Einblick in das Verteidigungskonzept verschaffen. Auch der mündliche Verkehr wurde kontrolliert und akustisch überwacht. Der baden-württembergische Innenminister räumte im März 1977 öffentlich ein, daß in zwei »Ausnahmesituationen« im Stammheimer Knast Gespräche zwischen Gefangenen aus der RAF und ihren Verteidigern heimlich auf Tonband aufgenommen worden sind.
Neben der 1974 erfolgten Einschränkung des Erklärungsrechts des Gefangenen in der Hauptverhandlung (Streichung des §271a StPO) wurde auch das Recht von Verteidiger/innen, Erklärungen abzugeben, beschnitten. (Justiz-)kritische Äußerungen wurden mit Ehrengerichtsverfahren beantwortet. Verteidiger/innen wurden von Verfahren ausgeschlossen, u.a. mit der Begründung, sie hätten eine „kriminelle” bzw. „terroristische Vereinigung”, nämlich die Gefangenen aus der RAF, „unterstützt”. Mit ähnlicher Begründung wurden vier Verteidiger verhaftet und zu Gefängnisstrafen und Berufsverbot verurteilt. Ziele dieser Eingriffe in das Verteidigungsrecht waren erstens, die Isolation der politischen Gefangenen zu verschärfen, diese werden einer der wenigen ihnen verbliebenen Kommunikationsmöglichkeiten beraubt ; zweitens eine politische Verteidigung zu verhindern und drittens zu verhindern, daß die staatlichen Maßnahmen gegen die Gefangenen an die Öffentlichkeit gelangen. (…)
Funktionen und Folgen der Isolationshaft
Sensorische Deprivation ist die drastische Einschränkung der sinnlichen Wahrnehmung, durch die sich der Mensch in seiner Umgebung orientiert. Sie legt im Laufe der Zeit die Sinnesorgane lahm und führt zu seiner Desintegration und extremen Desorientierung des isolierten Individuums. Soziale Isolation und Sensorische Deprivation zielen auf das Aushungern der Seh-, Hör-, Riech-, Geschmacks- und Tastorgane, was zu lebensbedrohlichen Zuständen führen kann. Sie sind durch das Versetzen einzelner in eine total künstliche, gleichbleibende Umgebung das geeignetste Mittel zur Zerstörung spezifisch menschlicher Vitalsubstanz. Isolationshaft durch Sensorische Deprivation wurde in der BRD wissenschaftlich erforscht und entwickelt. Sie widerspricht Prinzipien der UN-Menschenrechtskommission und erfüllt nach international anerkannten Definitionen den Tatbestand der Folter. Bei der Vollstreckung wirkten Ärzt/innen und Psychiater/innen mit, ins- besondere bei Zwangsernährung und Trinkwasserentzug während der Hungerstreiks. Die Sonderhaftbedingungen, insbesondere die Isolation, führen zu Kopfschmerzen, Schwindelanfällen, Konzentrationsschwierigkeiten, Einschränkungen der Leistungsfähigkeit, Abgeschlagenheit, Müdigkeit, Schlafstörungen, chronischem Schnupfen, chronischer Bronchitis und Beeinträchtigungen der psychischen Funktionen.
Sensorische Deprivation greift das vegetative Nervensystem an, das die Reaktionen des Körpers auf Umweltbedingungen reguliert. Direkte Folge davon sind langsames Abnehmen der Kontrolle über das eigene Handeln, Schwierigkeiten die Realität zu überprüfen und die Reduzierung des Vermögens, rational, logisch und zusammenhängend zu denken. (…) Der systematische Reizentzug durch totale Isolation sollte zu erhöhter Abhängigkeit, zu zwangsweisen Kontakten zu Verhörenden, Gefängniswärtern u.ä. führen. Daneben hatte er zum Ziel, den Gefangenen das Gefühl des Ausgeliefertseins zu geben. Mittel- und langfristig sollten damit die politischen Gefangenen und ihr Widerstand gebrochen werden. Zweck der Sonderhaftbedingungen ist erstens, die politische Identität der Gefangenen zu vernichten. Sie sollen vor die Alternative gestellt werden, entweder „abzuschwören” – und dann in den Normalvollzug integriert zu werden – oder aber der Isolation und damit physischer und psychischer Zerstörung unterworfen zu sein. Zweiter Zweck ist die Aussageerpressung und drittens die Gefangenen zu quälen, Rache zu üben, sie die volle Gewalt des Staates spüren zu lassen.
Export der Isolationshaft
Was die Gefangenen aus der RAF haben durchmachen müssen, ist seit Jahren ein deutsches Exportprodukt. Während physische Folter Kennzeichen von Diktaturen ist, charakterisiert Isolationshaft Staaten mit demokratischen und rechtsstaatlichen Verfassungsgrundsätzen. Europäische und lateinamerikanische Länder haben die Praxis der Isolationshaft von der BRD übernommen. Überall war die Einführung von Isolationshaft mit Gefangenenkämpfen verbunden.
Der spanische Justizminister besuchte 1981 seinen deutschen Amtskollegen. Themen der Gespräche waren unter anderem das Verständnis des deutschen Gefängnissystems und Erfahrungen mit Hochsicherheitstrakten. In Spanien wurden 1987 die »Europa-Zellen« gegen den Widerstand der politischen Gefangenenkollektive eingeführt. Der spanische Generalkonsul in der Schweiz äußerte zur Einführung der Einzelhaft gegen politische Gefangene in Spanien 1990 ganz offen : „Die einzige Antwort auf diese staatszersetzenden Elemente, die sich auch in der Gefangenschaft nicht zähmen lassen, ist sie voneinander zu trennen. Die Bundesrepublik hat hier gute Erfahrungen gesammelt, die unser Vorbild sind.” In Chile entstanden in den 1980ern Pläne zur Systematisierung der Isolationshaft nach BRD-Vorbild. Die Durchsetzung erfolgte 1989 im Rahmen der Demokratisierung nach der Pinochet-Diktatur. Türkische Beamte besichtigten 1990 den Stammheimer Knast, um sich über die europäische Gefängnisnorm zu informieren. In der Türkei kam es 1991 zu ersten gewaltsamen Verlegungen von über 100 Gefangenen in die Isolationszellen des umgebauten Hochsicherheitsgefängnisses von Eskisehir. Im Oktober 2000 erklärte der türkische Justizminister Türk, daß bereits in 54 Gefängnissen Isolations- und Einzelhaftabteilungen fertiggestellt seien. Die elf geplanten und zum Teil fertiggestellten F-Typ-Isolationsgefängnisse sind für insgesamt 5.000 politische Gefangene vorgesehen.
Ein Brief Ulrike Meinhofs aus dem Toten Trakt aus der Zeit vom 16.06.1972 bis 09.02.1973 (Quelle)
das Gefühl, es explodiert einem der Kopf (das Gefühl, die Schädeldecke müßte eigentlich zerreißen, abplatzen) - das Gefühl, es würde einem das Rückenmark ins Gehirn gepreßt, das Gefühl, das Gehirn schrumpelte einem allmählich zusammen, wie Backobst z.B. das Gefühl, man stünde ununterbrochen, unmerklich, unter Strom, man würde ferngesteuert - das Gefühl, die Assoziationen würden einem weggehackt - das Gefühl, man pißte sich die Seele aus dem Leib, als wenn man das Wasser nicht halten kann - das Gefühl, die Zelle fährt. Man wacht auf, macht die Augen auf : die Zelle fährt ; nachmittags, wenn die Sonne reinscheint, bleibt sie plötzlich stehen. Man kann das Gefühl des Fahrens nicht absetzen. Man kann nicht klären, ob man vor Fieber oder vor Kälte zittert - man kann nicht klären, warum man zittert - man friert.
Um in normaler Lautstärke zu sprechen, Anstrengungen, wie für lautes Sprechen, fast Brüllen - das Gefühl, man verstummt - man kann die Bedeutung von Worten nicht mehr identifizieren, nur noch raten - der Gebrauch von Zisch-Lauten - s, ß, tz, z, sch - ist absolut unerträglich - Wärter, Besuch, Hof erscheint einem wie aus Zelluloid - Kopfschmerzen - flashs - Satzbau, Grammatik, Syntax - nicht mehr zu kontrollieren. Beim Schreiben : zwei Zeilen - man kann am Ende der zweiten Zeile den Anfang der ersten nicht behalten - Das Gefühl, innerlich auszubrennen - das Gefühl, wenn man sagen würde, was los ist, wenn man das rauslassen würde, das wäre, wie dem anderen kochendes Wasser ins Gesicht zischen, wie z.B. kochendes Tankwasser, das den lebenslänglich verbrüht, entstellt - Rasende Aggressivität, für die es kein Ventil gibt. Das ist das Schlimmste. Klares Bewußtsein, daß man keine Überlebenschance hat ; völliges Scheitern, das zu vermitteln ; Besuche hinterlassen nichts. Eine halbe Stunde danach kann man nur noch mechanisch rekonstruieren, ob der Besuch heute oder vorige Woche war - Einmal in der Woche baden dagegen bedeutet : einen Moment auftauen, erholen - hält auch für paar Stunden an - Das Gefühl, Zeit und Raum sind ineinander verschachtelt - das Gefühl, sich in einem Verzerrspiegelraum zu befinden - torkeln -
Hinterher : fürchterliche Euphorie, daß man was hört - über den akustischen Tag-Nacht-Unterschied - Das Gefühl, daß jetzt die Zeit abfließt, das Gehirn sich wieder ausdehnt, das Rückenmark wieder runtersackt - über Wochen. Das Gefühl, es sei einem die Haut abgezogen worden.