In einem bemerkenswerten Kommentar spricht der Redakteur der « Wuppertaler Rundschau », Stefan Seitz, die Abgrenzungsversuche einiger bürgerlicher Akteure von der lokalen Antifa und die durch den falschen Extremismusbegriff entstandenen Verheerungen an, die im Vorfeld der Gegenaktivitäten zur Pro NRW-Demo am nächsten Samstag wieder einmal zutage getreten sind.
Weil das redaktionelle Angebot der kostenlosen Anzeigenzeitung « Rundschau » – das oft ausgewogener ist, als jenes der lokalen Tageszeitung « General Anzeiger » – leider im Web nicht verfügbar ist, haben wir uns erlaubt, den Kommentar vom 17.10.2012 hier online zugänglich zu machen.
Doppelt gemoppelt - warum nur ?
Über Widerstandverwirrungen vor dem Anti-Moschee-AufmarschWuppertaler Rundschau, 17.10.2012 - Kommentar von Stefan Seitz
Das Leben des Brian” - kennen Sie den ? Weltbekannte Kultfilmsatire über die Zeit Jesu. Darin geht’s (auch) um das haarsträubende Durcheinander in Sachen Widerstand der Judäer gegen die römische Besatzung. Im „Leben des Brian” stolpern übereinander die Judäische Volksfront” die „Volksfront von Judäa”, die „Populäre Front” sowie - nicht zu vergessen - die „Kampagne für ein freies Galiläa”. Was hat das mit Wuppertal zu tun ?
Hier will die rechts-rassistische Organisation „Pro NRW”, die sich als „Bürgerbewegung” gibt, am 27. Oktober gegen den Moschee- und Gemeindekulturzentrumsneubau an der Gathe aufmarschieren. Wenn’s um den Widerstand dagegen geht - ein großes Kultur- und Nachbarschaftsfest -, zeigt sich in Wuppertal ein Durcheinander, das es zwar schon seit etwa einem Jahr gibt, das allerdings bis jetzt nicht so recht aufgefallen ist. Im „Leben des Brian” ist dieses Kuddelmuddel witzig. In Wuppertal nicht.
Hier gibt’s einerseits das „Bündnis Wuppertal gegen Rechts”. Das hat im Januar 2011, als Neonazis vom Döppersberg zum Autonomen Zentrum an der Ecke Gathe und Markomannenstraße marschieren wollten, etwa 5.000 Bürger quer durch alle Schichten als Gegendemonstranten auf die Straße gebracht. Das „Bündnis” gilt als unabhängig links. Außerdem existiert seit November 2011 das „Netzwerk für Demokratie und Toleranz”, als dessen Geburtsstunde die über 2.000 Menschen starke Anti-Neonazi-Kundgebung „Erinnern heißt handeln” auf der Kaiserstraße in Vohwinkel gelten kann. „Erfinder” dieses „Netzwerkes” ist OB Peter Jung. Das „Netzwerk” gilt als bürgerlich. Und gehört hat man seither nicht mehr viel davon. Trotz zweier weiterer Nazi-Aufmärsche in Vohwinkel und Wichlinghausen.
Interessanterweise sind eine Reihe von Parteien, Organisationen und Privatpersonen sowohl Mitglied des „Bündnisses Wuppertal gegen Rechts” als auch des „Netzwerks für Demokratie und Toleranz.” Zum Beispiel der Verein « Wuppertaler Initiative für Demokratie und Toleranz » der seit elf Jahren intensive Anti-Rechts-Arbeit in der Stadt macht. Der heißt nicht nur fast exakt so wie das „Netzwerk für Demokratie und Toleranz”, sondern erledigt auch dessen Geschäftsführung. Wer hat da welche (und wie viele) Hüte auf ? Wie konnte es überhaupt zu dieser Sprach-, Identitäts- und Funktionsverwirrung kommen ? In Remscheid und Solingen, wo es (natürlich) auch Neo-Nazis und (natürlich) auch Zusammenschlüsse dagegen gibt, heißen die vergleichbaren Organisationen „Remscheid tolerant” und „Bunt statt braun”. Das sind nicht nur zwei knackig-kurze Namen, die sagen, was Sache ist, sondern auch zwei Bezeichnungen, die auf den abgefrühstückten Netzwerk-Begriff verzichten.
Wieso braucht Wuppertal zwei Anti-Rechts-Zusammenschlüsse ? Einen unabhängig-linken hier, einen bürgerlichen da ? Einen mit Kapuzenjacke und Kopfsocke und einen mit Bundfaltenhose und Faltenrock ? Als gäbe es gutes und weniger gutes, ordentliches und unordentliches Nein zu Rechts und Rassismus. Doppelt gemoppelt hält besser ?
Was hilft gegen Rechts ? Klare Kante und Sprechen mit einer Stimme. „Pro NRW” will mit 300 Leuten anrücken ? Dann bringt Wuppertal zehnmal so viele Mensehen dagegen auf die Gathe. „Pro NRW” brüstet sich mit seinem Vorsitzenden und einer österreichißchen Rechts-Abgeordneten als „Prominenz”? Dann steht Wuppertal dagegen mit seinen Bundestagsabgeordneten (aller Parteien), seinen Landtagsabgeordneten (aller Parteien), seiner kompletten Stadtspitze und dem von „Pro NRW” als „TürkenPeter” beschimpften Oberbürgermeister. So einfach ist das.