In Wuppertal kommt es in der Ekkehardstraße auf dem Ölberg zum ersten Versuch einer « Sanierungs-Verdrängung », bei der ein Investor versucht, mit einer so genannten « energetischen Sanierung » die Mieten zu verdoppeln. Die BewohnerInnen des betroffenen Hauses in der Ekkehardstraße, die eine so hohe Miete nicht werden bezahlen können, haben gegen das angekündigte Maßnahmenpaket ihren Widerstand angekündigt.
Der Kampf gegen Aufwertung und Verdrängung erreicht damit auch die Nordstadt, auch wenn es sich in Wuppertal (noch) um so eine Art « Zweitliga-Gentrifizierung » handelt.
Alle NachbarInnen und Interessierten sind zunächst für Donnerstag, den 24.07. um 18:00 Uhr zu einem offenen « Mieterinnen-Ratschlag » auf dem Otto-Böhne Platz eingeladen, bei dem die MieterInnen der Ekkehardstraße über die Hintergründe und Details informieren, aber auch selber Informationen anderer sammeln wollen. (Bei schlechtem Wetter im Stil-Bruch)
Zwei Themenkreise bestimmen die politischen Auseinandersetzungen in Deutschland in den letzten Jahren : Das europäische Grenzregime und die Lebenssituation in den Großstädten – hier besonders die Mietsteigerungen und Verdrängungen in den Innenstädten, die häufig unter dem erst durch den Staatsschutz populär gemachten Begriff « Gentrifizierung » zusammengefasst werden. Der Kampf gegen Aufwertungen und Umwandlungen, gegen das Verdrängen von MieterInnen und eingesessenem Kleingewerbe, steht inzwischen im Zentrum der Aktivitäten der « Recht auf Stadt»-Bewegungen in Berlin, Hamburg oder Köln.
Während zur Situation geflüchteter Menschen auch in Wuppertal viele Aktivitäten entfaltet werden, hat Gentrizierung bislang in den lokalen politischen Auseinandersetzungen keine große Rolle gespielt. Viele Wohnungen der « Shrinking City » sind leer, die Mieten im Vergleich zu den Nachbarstädten noch irgendwie bezahlbar und die bezahlbaren und attraktiven Quartiere liegen meist unmittelbar in Innenstadtnähe. Doch die Stadt hat aufgehört zu schrumpfen. Und der Immobilienmarkt wittert neue Beute. Schon verkündet die einzige Lokalzeitung erleichtert eine « Erholung » der Perspektiven von HausbesitzerInnen und InvestorInnen.
Die Politik der Stadt, die seit Jahren an einer « Zweitliga-Gentrifizierung », quasi als Ausweichquartier für Köln oder Düsseldorf bastelt, scheint langsam aber sicher aufzugehen. Dabei bleiben aber nicht nur die Interessen vieler alteingesessener WuppertalerInnen auf der Strecke, sondern nach und nach auch die Nischen zum Wohnen für jene, die sich am Existenzminimum entlang hangeln müssen. Auch in Wuppertal haben « Aufwertungen » längst stattgefunden, nur langsamer und auf niedrigerem Niveau als nebenan am Rhein. Doch das ficht Investoren nicht an – schließlich müssen sie in Wuppertal auch nur einen Bruchteil dessen in leere Gebäude investieren, was sie in der Innenstadtlage Düsseldorfs bezahlen müssten.
Das freut vielleicht die Nachwuchs-Hipster der durchgentrifizierten Nachbarstädte, den bisherigen Mieterinnen kann es jedoch egal sein, ob sie für eine durchsanierte Wohnung auf dem Ölberg statt Kölner Spitzenwerte « nur » einfach eine hohe Miete zahlen müssen : Sie können es sich sowieso nicht leisten. Tendenzen zur « Aufwertung » hat es in Wuppertal in den letzten Jahren vor allem in Elberfeld im Arrenberg und der Hofaue gegeben, inzwischen sind aber auch der Ölberg – der einer « zweiten Aufwertung » nach den Grundsanierungen der achtziger Jahre entgegensieht – und die ganze Nordstadt in den Fokus von Kapitalgesellschaften und Einzelinvestoren gerückt.
Denen wird mmer neuer Handlungsspielraum eröffnet. Mit der letzten Änderung des Mietrechts ist nicht nur eine deutlich vereinfachte und beschleunigte Zwangsräumung möglich geworden, auch umfangreiche Sanierungen – und die mit ihnen verbundenen Mietsteigerungen – wurden erheblich erleichtert. Voraussetzung dafür ist eine so genannte « energetische » Sanierung, d.h., eine Sanierung, die vorgeblich die Energiebilanz eines Hauses deutlich verbessert. Sind Investitionen « energetisch » bedingt, lassen sich Kosten unmittelbar an die BewohnerInnen eines Hauses weiterreichen, Einspruchmöglichkeiten dagegen wurden fast vollständig gestrichen.
Jetzt zeichnet sich ein erster krasser Fall einer Verdrängung durch eine « energetische Sanierung » auf dem Ölberg ab : Vor wenigen Monaten kaufte ein Investor aus der Wuppertaler Unternehmerfamilie von Baum zwei Häuser am Hombüchel, bzw. in der Ekkehardstraße. Die Wohnhäuser, die ursprünglich einmal der SPD gehörten, waren ihm von einer BesitzerInnengemeinschaft verkauft worden, und sollen laut Ankündigung umfangreich „energetisch” saniert werden. Bislang zahlen die MieterInnen in den beiden Nachkriegsbauten eine unter dem Mietspiegel der Stadt liegende Miete, nach der Sanierung würde sich die glatt verdoppeln. Eine beabsichtigte Umwandlung in Eigentumswohnungen erscheint wahrscheinlich.
Die verbliebenen MieterInnen – am Hombüchel sind zwei ältere Mieter bereits vor dem monströsen Umbau geflohen und ausgezogen – haben sich nun dazu entschlossen, die angekündigten Maßnahmen nicht ohne Widerstand hinzunehmen. Neben dem Versuch, die wenigen gerichtlichen Wege zu beschreiten, die nach dem neuen Mietrecht noch zur Verfügung stehen, soll vor allem die unmittelbare Nachbarschaft einbezogen werden. Schließlich ist die « Ekkehardstraße » zwar offenbar der erste, aber bestimmt nicht der letzte Fall einer Verdrängung durch eine « energetische Sanierung » in Wuppertal.
Der Einladungsflyer kann hierheruntergeladen werden (pdf)
Inzwischen haben wir erfahren, dass einer der beiden älteren Herren im Nachbarhaus am Hombüchel wohl doch noch in dem Haus wohnt. Wie die bereits stattgefundenen Entkernung der oberen Stockwerke auszuhalten gewesen ist, erscheint rätselhaft.
Wir werden versuchen, zu dem Mann, der wohl seit den Zeiten, in denen die Häuser der SPD gehörten, dort wohnt, Kontakt aufzunehmen und zu erfahren, wie es ihm geht.