Zur Vorabenddemo 2015 und zum Autonomen 1.Mai in Wuppertal.
Drei Männer, wahrscheinlich rechte Hogesa-Sympathisanten oder -Aktive kamen vor zwei Wochen am späten Abend zum Autonomen Zentrum in Wuppertal. Sie provozierten AZ-Besucher*innen mit « Hogesa»-Sprüchen. Was dann geschah, entzieht sich bis heute unserer genauen Kenntnis. Am Ende jedenfalls lag ein antifaschistischer Freund und Gefährte – durch vielfache Messerstiche in den Rücken verletzt – verblutend vor dem AZ. Anzahl und Art der Messerstiche lassen keine andere Möglichkeit zu, als eine Tötungsabsicht zu unterstellen.
Die sofort eingeleitete Erste Hilfe durch AZ-Besucher*innen und auch die (aufgrund des eher zwielichtigen Verhaltens der eintreffenden Polizist*innen) erst verspätet stattfindenden Rettungsmaßnahmen durch Notarzt und Sanitäter kamen gerade noch rechtzeitig, um das Leben unserers Freundes zu retten. Seither befindet er sich auf einer gesundheitlichen Berg- und Talfahrt im Krankenhaus. Die meiste Zeit bis heute in ein künstliches Koma versetzt.
Das eigentliche Ereignis – ein rechtsradikaler Mordversuch an einem unserer Freunde und Gefährten – geriet vor dem Hintergrund einer furchtbaren, teilweise bewusst falschen Pressemeldung der Wuppertaler Polizei und einer schlimmen Berichterstattung in der lokalen Presse darüber fast aus dem Fokus. Anstatt den offenkundigen Mordversuch durch « Hogesa»-Anhänger zu thematisieren, beschäftigte sich die Öffentlichkeit lieber mit den « bösen Autonomen », die eintreffende Helfer angegriffen hätten. Bis heute wird der Öffentlichkeit vorenthalten, dass gewaltbereite Rechte einen Antifaschisten ermorden wollten. Stattdessen wird das Märchen von « Auseinandersetzungen zwischen Linken und Rechten » wiedergekäut, das fast immer rechte Angriffe auf migrantische und antifaschistische Menschen kaschieren soll.
Soweit dürfte euch das durch die Pressemitteilungen des AZ (nachzulesen hier und hier), bzw. durch eine folgende Stellungnahme (nachzulesen hier) die inzwischen veröffentlicht wurden, bereits bekannt sein. Wir hielten es dennoch für nötig, es nochmals zusammenzufassen, um zu erklären, warum wir nach reiflicher Überlegung in diesem Jahr keinen der sonst üblichen Aufrufe zu unseren Aktivitäten rund um den 1.Mai in Wuppertal veröffentlichen, sondern euch ganz einfach auffordern möchten, am 30.4. zur Vorabenddemo und am 1.5. zum Autonomen 1.Mai solidarisch nach Wuppertal und mit uns auf die Straße zu kommen.
Jetzt erst Recht : Auf die Straße !
Alle zuvor besprochenen möglichen Inhalte eines Aufrufes, die wir euch und anderen in diesem Jahr näher bringen wollten – etwa eine Erklärung unserer Einschätzung zu einer Notwendigkeit der Entwicklung neuer Autonomer Perspektiven, lokal heruntergebrochene Aspekte transnationaler Solidarität oder eine größere Alltagszugewandtheit in unseren Kiezen – verblassen angesichts des zur Stunde andauernden Überlebenskampfes unseres Freundes und der sich stellenden Aufgabe, antifaschistische Strukturen gemeinsam mit unseren Nachbar*innen zu erneuern.
Das bedeutet selbstverständlich nicht, dass wir nicht weiter an den zuvor skizzierten Aufgaben arbeiten werden. Im Gegenteil, für uns geht es gerade jetzt darum, alles mit allem zu einer Widerstandsperspektive zu verknüpfen. Mit euch, mit Freund*innen, mit unseren Nachbar*innen. Es gibt täglich genug Gründe, zu kämpfen – um wirksamen antifaschistischen Selbstschutz, gegen die mörderische EU-Flüchtlingspolitik, gegen das « besorgte Bürger*innen » auf den Straßen eskortierende Nazipack, oder gegen die Kaperung unserer Städte und unseres Lebens durch Konzerne und Investoren und die Verdrängung unserer Strukturen aus den Kiezen.
Diese Kämpfe werden wir annehmen und intensivieren – es bleibt uns gar nichts anderes übrig. Mörderische Nazis und ein ebenso mörderischer Staat lassen uns keine Wahl. Wir wollen zum 1.Mai in Wuppertal zweimal laut und zornig auf den Straßen zeigen, dass wir da sind und dass wir da sein werden – für unseren Freund, für euch, für uns. Jenseits üblicher « Weiter so!»-Routinen bedeuten die beiden traditionellen Demo-Termine rund um den 1.Mai für uns einen Akt der Selbstbehauptung und -ermächtigung, gegen Trauer und Verunsicherung und für antifaschistische Solidarität und Entschlossenheit.
Helft uns dabei ! Kommt 30.4. und am 1.5. nach Wuppertal !
Protest ist, wenn ich sage, das und das passt mir nicht. Widerstand ist, wenn ich dafür sorge, dass das, was mir nicht paßt, nicht länger geschieht.
Donnerstag, 30.4., 20:00 Uhr, Deweerth’scher Garten :
Vorabend-Nachttanzdemo
Freitag, 1.5., 14:00 Uhr, AZ Wuppertal, Gathe :
Autonome 1.Mai-Demonstration
Leben wie ein Baum, einzeln und frei doch brüderlich wie ein Wald,
das ist unsere Sehnsucht.
(Nazim Hikmet)
One Reply to “30.April und 1.Mai 2015 – Statt eines Aufrufs”