Veranstaltung : Rom heißt Mensch.

Rom heißt Mensch. Veran­stal­tung zu Geschichte und Gegen­wart der Roma in feind­lichen Welten : Für Roma gibt es nirgendwo sichere Herkunfts­länder. ADA, Donnerstag, 10. Dezember, 19:30 Uhr. Der Eintritt ist frei, über Spenden für unsere politi­sche Arbeit freuen wir uns.

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Tausende engagierten sich diesen Sommer für die über Öster­reich einrei­senden Menschen, das ursprüng­lich einmal als Image-Label des offizi­ellen Deutsch­land gedachte Wort von der « Willkom­mens­kultur » wurde da ganz plötz­lich mit realen Inhalten gefüllt. Ohne nach Herkunft oder konkreten Flucht­gründen einzelner zu fragen, wandten sich viele auf Bahnhöfen und in Unter­brin­gungen allen nach Deutsch­land Kommenden zu.

Tatsäch­lich allen ? Nicht wirklich. Eine spezi­elle Gruppe Migrant*innen kam nicht bedin­gungslos in den Genuss eines herzli­chen « Willkom­mens ». Und als sich die Regie­rung auf ihr altes Abschot­tungs­kon­zept besann und mit großer Geschwin­dig­keit im Oktober ein schär­feres Asylrecht durch­setzte, richteten sich die schlimmsten Verschär­fungen gegen jene Gruppe, die nur wenig von der « Willkom­mens­kultur » mitbe­kommen hatte. Knapp zwei Monate später tragen Angehö­rige der Roma die schwerste Last der neuen Asylge­setze.

In großer Zahl werden sie inzwi­schen oft über Nacht abgeschoben. Nachdem im neuen Asylge­setz weitere so genannte « sichere Herkunfts­län­dern » festge­legt wurden, schicken die deutschen Behörden häufig ganze Familien, die zuvor über viele Jahre in Deutsch­land lebten, in die Staaten des ehema­ligen Jugosla­wien. Ihre Kinder sind oft hier geboren und gehen hier zur Schule. Nun werden sie in ihnen völlig unbekannte Länder depor­tiert.

Sämtliche Berichte unabhän­giger Organi­sa­tionen zeigen seit Jahren, dass die Defini­tion des Kosovo, Albaniens und Monte­ne­gros als so genannte « sichere Herkunfts­länder » der Lebens­rea­lität der Roma dort genauso Hohn spricht, wie die früheren Festle­gungen Bosnien und Herze­go­winas, Mazedo­niens und Serbiens als Staaten, in denen es angeb­lich keine Flucht­gründe gibt. Roma sind in alle diesen Ländern Diskri­mie­rung und Elend ausge­setzt.

Die Angehö­rigen der größten europäi­schen Minder­heit zahlen einen hohen Preis dafür, als Symbol dazu auser­koren zu sein, Handlungs­fä­hig­keit der deutschen Politik zu demons­trieren. An ihnen kann nahezu ungestört die Entschlos­sen­heit gezeigt werden, rücksichtslos abzuschieben, wenn die « Bleibe­per­spek­tive » nicht stimmt – denn trotz ungebro­chener allge­meiner Aufmerk­sam­keit für Geflüch­tete bleiben die eigens für Roma geschaf­fenen Spezi­al­pa­ra­gra­phen und Sonder­lager ohne größere wahrnehm­bare Proteste.

Umso unver­ständ­li­cher, wenn bedacht wird, dass Sinti und Roma schon im NS-Deutsch­land einer syste­ma­ti­schen Selek­tion und Vernich­tung ausge­setzt waren. Doch während andere Opfer­gruppen auf antifa­schis­ti­sche Solida­rität zählen können und meist auch gesamt­ge­sell­schaft­lich anerkannt sind, stehen Roma oft alleine, wenn sie sich einer stark anstei­genden gruppen­be­zo­genen Menschen­feind­lich­keit ausge­setzt sehen. Anderen­falls könnte die Regie­rung kaum derart ungestört gegen eine bestimmte Menschen­gruppe vorgehen.

Wie groß das Problem ist, belegen die Zahlen der Rechts­ex­tre­mismus-Studie der Uni Leipzig von 2014. Demnach sind fast 50% der Bevöl­ke­rung der Ansicht, « Sinti und Roma sollten aus Innen­städten verbannt werden ». Im Jahr der letzten Heitmeyer-Studie, 2011, waren es noch 27,7% der Befragten. Noch mehr, nämlich 55,4%, hätten « Probleme damit, wenn sich Sinti und Roma in meiner Gegend aufhalten. » Auch hier stimmten nur drei Jahre zuvor noch wesent­lich weniger Menschen zu (40,1%).

Wie kommt es, dass Diskri­mi­nie­rung und Verfol­gung von Roma noch immer so mehrheits­fähig ist und ohne größeren gesell­schaft­li­chen Wider­stand bleibt ? Was sind die Faktoren dafür, dass Angehö­rige der Roma auch in der aktuellen zivil­ge­sell­schaft­li­chen Solida­ri­täts­be­we­gung kaum Fürsprecher*innen finden und allzu häufig völlig isoliert bleiben ? Mit der Veran­stal­tung wollen wir nächsten Donnerstag, den 10.Dezember, um 19:30 Uhr im ADA gemeinsam mit  welcome2wuppertal (w2wtal) auf die Suche nach einigen Ursachen für Stigma­ti­sie­rung und Desin­ter­esse gehen und mit Gästen und Publikum disku­tieren, ob und wie die Isola­tion der Roma überwunden werden kann.

Dazu wollen wir zur Geschichte der Roma infor­mieren und auch ihre aktuelle Lebens­si­tua­tion zwischen gesell­schaft­li­cher Ausgren­zung und drohender Abschie­bung beleuchten. Zur Geschichte der größten europäi­schen Minder­heit wird unser Freund Ramiz berichten, der selber Angehö­riger der Roma ist und als Lehrer in Wuppertal auch mit Roma-Kindern arbeitet. Einge­laden sind außerdem Angehö­rige der Roma und Roland Meister, dessen Kanzlei viele Bleibe­rechts­ver­fahren bearbeitet.

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