Pressemitteilung zum shoppenstoppen-Aktionstag

Einige „an der Vorbe­rei­tung von shoppen­stoppen Betei­ligte” haben am Wochen­ende eine Presse­mit­tei­lung zum „No Primark”-Aktionstag in der Wuppertal-Elber­felder Innen­stadt veröf­fent­licht. Verlauf der Vorbe­rei­tung und Ablauf des Tages werden sicher noch eine inten­si­vere Ausein­an­der­set­zung erfor­dern. Ein Anfang dazu kann bereits am Diens­tag­abend im „Stil-Bruch” auf dem Ölberg gemacht werden, wenn erneut zu einer aus dem AZ ausge­la­gerten Polit­kneipe einge­laden wird, die sich der Nachbe­rei­tung des 25.4 und der Vorbe­rei­tung der Vorabend­demo und des Autonomen 1.Mai widmen soll.

Am 5.Juni jährt sich die "Punkerschlacht von Wuppertal" zum 33.Mal. Im Vorgriff trafen sich am Samstag einige Punks auf dem von-der-Heydt Platz

Am 5.Juni jährt sich die „Punker­schlacht von Wuppertal” zum 33.Mal. Im Vorgriff trafen sich einige Punks auf dem von-der-Heydt Platz. Der Brunnen schäumte.

Wir dokumen­tieren hier die shoppen­stoppen-Presse­mit­tei­lung im Wortlaut :

Presse­mit­tei­lung einiger an der shoppen­stoppen-Vorbe­rei­tung Betei­ligten zum Aktionstag am 25.4.2015 in Wuppertal-Elber­feld

Am Samstag, 25.4., haben über hundert Menschen an verschie­denen Orten der Elber­felder Innen­stadt in Wuppertal an einem « shoppenstoppen»-Aktionstag teilge­nommen. Mit einer Kundge­bung, einer Demons­tra­tion und mehreren Aktionen sollte gegen unfaire Produk­tions- und Arbeits­be­din­gungen in Textil­in­dus­trie und -handel, gegen die geplante Ansied­lung von Primark am Döppers­berg und gegen die undemo­kra­ti­sche, ledig­lich auf Inves­to­ren­in­ter­essen ausge­rich­tete Stadt­ent­wick­lung in Wuppertal protes­tiert werden. Zwischen­zeit­lich wurde der Eingang des Kaufhauses C&A am von-der-Heydt Platz von ca. 20 Aktivist*innen symbo­lisch blockiert. Anlass des Aktions­tages war der zweite Jahrestag des Zusam­men­bruchs des Rana Plaza in Sabhar/Bangladesh, in dem für viele Modeketten u.a. auch für Primark, produ­ziert wurde. Der Einsturz des Gebäudes kostete damals über 1.000 Menschen­leben.

Dass der Aktionstag trotz der demons­tra­tiven « persön­li­chen Betreuung » für einige Aktivist*innen durch den Staats­schutz und trotz der duch einen rechts­ra­di­kalen Mordver­such an einem Freund vor 14 Tagen angespannten Situa­tion statt­ge­funden hat, wird von einigen der Initiator*innen als Erfolg angesehen. Ob die Nachricht vom Aktionstag gegen die Primark-Ansied­lung auch den irischen Textil­dealer erreicht, muss abgewartet werden.

Bei der Kundge­bung auf der Alten Freiheit wurden durch mehrere Redner*innen ganz verschie­dene Aspekte der Thematik einer Primark-Ansied­lung vor dem Wupper­taler Haupt­bahnhof angespro­chen.

Zuerst ging es dabei natür­lich um die Ausbeu­tung von Arbeiter*innen in Ländern wie Bangla­desh oder Myanmar. Wie elend dort zum Beispiel mit Textilarbeiter*innen umgegangen wird, verdeut­lichte ein Brief einer pakista­ni­schen Gewerk­schaf­terin, der zu Beginn durch eine Vertre­terin von BaSo (Basis­in­itia­tive Solida­rität) verlesen wurde.

Doch shoppen­stoppen richtete sich nicht nur gegen die Arbeits­be­din­gungen in den Produk­ti­ons­be­trieben des Trikont. Auch die Arbeits­ver­hält­nisse der oft prekär Beschäf­tigten in den hiesigen Geschäften der Textil­ketten werden kriti­siert. Das wurde den Verkäufer*innen noch am Morgen des Tages in einem persön­lich überreichten Brief mitge­teilt, in dem versi­chert wurde, dass sich mögliche Blockaden nicht gegen sie oder ihre Arbeits­plätze richten würden, sondern « ausschließ­lich gegen die Konzerne, die unglaub­liche Gewinne auf dem Rücken der Arbeiter*innen machen ».

Konkret wurden bei der Kundge­bung auch einige der Unter­nehmen genannt, die sich noch immer weigern, in die ohnehin mickrigen Entschä­di­gungs­fonds für Angehö­rige und Überle­bende von Katastro­phen wie in Sabhar (1.130 Tote), Karatchi (289 Tote) oder Tazreen (120 Tote) einzu­zahlen, darunter auch in Wuppertal tätige Unter­nehmen wie beispiels­weise die Billig­kette KiK, deren Laden in der Rathaus­ga­lerie diesmal leider ungeschoren davonkam. Dabei wurde betont, dass es nicht nur Billig­an­bieter sind, die von der Ausbeu­tung der Arbeiter*innen profi­tieren : Auch die Edelmarke Benetton war erst in diesem April und nur nach großem öffent­li­chen Druck bereit, in den Fonds für die Rana Plaza-Opfer einzu­zahlen.

Anschlie­ßend machte Bernhard Sander (Stadt­ver­ord­neter, Die LINKE) klar, wie die Stadt Wuppertal durch den Umgang der politi­schen Stadt­spitze mit dem Döppers­berg an Inves­toren ausge­lie­fert wurde. Die von ihm geschil­derte Historie der Kosten­ent­wick­lung des Döppers­ber­gum­baus verdeut­lichte, dass die  « Alter­na­tiv­lo­sig­keit » der Entschei­dung des Stadt­rates für den Investor Signa­ture Capital und seinen Anker­mieter Primark eine durch und durch selbst­ver­schul­dete ist, die bewusst in Kauf genommen wurde.

Frank Jäger vom Erwerbs­lo­sen­verein Tacheles ging danach in seinem Beitrag auf die Lebens­be­din­gungen der über 40.000 Hartz IV-Bezieher*innen in Wuppertal ein, deren für Beklei­dung und Schuhe im monat­li­chen Regel­satz vorge­se­hene 33 Euro ihnen keine andere Möglich­keit lässt, als die unter miesesten Bedin­gungen produ­zierte Billig­ware zu kaufen. Dadurch werden fast 15% der Wuppertaler*innen zwangs­weise zu Komplizen der Ausbeu­tung.

Der Landtags­ab­ge­ord­nete der Piraten, Olaf Wegner, thema­ti­sierte nach den inhalt­li­schen Reden zum Thema eine andere Vorge­schichte des Aktions­tages, die von polizei­li­chen Repres­sionen gegen die teils noch jugend­li­chen Aktivist*innen erzählte. Die Initiator*innen des Protestes hatten mit ihrer « No Primark»-Kampagne und der Ankün­di­gung, « Sand ins Getriebe zu streuen » offenbar einen Nerv der verant­wort­li­chen Lokalpolitiker*innen getroffen. Seit der Übergabe eines Briefes an die Fraktionen von CDU und SPD, die einen solch persön­li­chen « Dialog mit den Bürger*innen » scheinbar nicht mehr aushalten, waren vor allem die jungen Aktivist*innen einer fast tägli­chen Beläs­ti­gung durch Zivilpolizist*innen und Staats­schutz, sowie haltlosen Anschul­di­gungen von Wegners SPD-Landtags­kol­legen, Dietmar Bell, ausge­setzt. Wegner, der im Landtag mit Familien- und Jugend­po­litik befasst ist, kriti­sierte die gezielte Einschüch­te­rung speziell junger Aktivist*innen, sprach sogar von einer « Verfol­gung » engagierter junger Menschen und verlangte, dass mit ihnen verant­wor­tungs­voller umgegangen werden müsse.

Zumal von einer « Bedro­hung » von Politiker*innen im angespro­chenen Brief keine Rede sein könne. Das bewiesen auch die im Wortlaut verle­sene Erklä­rung, die zur Abgabe des so genannten « Ultima­tums » verfasst worden war und ein Beitrag aus der Aktivist*innen-Gruppe, der über Lautspre­cher einge­spielt wurde. In ihm wurde nochmals ausge­führt, warum es eigent­lich einige Menschen als notwendig ansehen, im Sinne einer lebens­werten Stadt­ent­wick­lung gemeinsam mit anderen selbst zu handeln anstatt immer nur wirkungslos an die Lokal­po­litik zu appel­lieren.

Mit Solida­ri­täts­adressen an eine am gleichen Tag statt­fin­dende Kundge­bung an der Berliner « Mall of Shame », bei der um ihren Lohn betro­gene rumäni­sche Bauar­beiter zum wieder­holten Mal ihre ausste­henden Kohle einfor­dern wollten, und mit Genesungs­wün­schen an den vor zwei Wochen durch einen Messer­an­griff rechts­ra­di­kaler Hooli­gans verletzten Freund endete die Kundge­bung vor den City-Arkaden.

Das größte Einkauf­zen­trum der Stadt, vor dessen Türen die Kundge­bung statt­fand, hatte am shoppen­stoppen-Aktionstag eine kurzfris­tige Steige­rung seiner Perso­nal­kosten für Security zu verkraften. Ein Neben­schaden, der aller­dings die richtige Adresse traf, steht es doch an jenem Ort, der noch vor drei Jahrzehnten Aktions­fläche für erfolg­rei­chen öffent­li­chen Protest gegen eine Straßen­sat­zung gewesen war und nun als priva­ti­sierter Stadt­raum unter Hausrecht und Bewachung durch Sicher­heits­dienste steht.

Dass die von Olaf Wegner angespro­chenen Einschüch­te­rungs­ver­suche im Übrigen nicht den gewünschten Erfolg hatten, zeigten nicht nur einige kleinere Spontan­demos und Aktionen in der Innen­stadt, sondern auch die symbo­li­sche Sitzblo­ckade des C&A-Eingangs am späten Mittag. Einige Menschen blockierten am von-der-Heydt Platz den Zugang zum Textil-Kaufhaus, das ebenfalls in Tarzeen produ­zieren ließ, von Kinder­ar­beit profi­tiert und sich auch schonmal weigerte, auf einen Arbeiter*innen drang­sa­lie­renden Zulie­ferer in Bangla­desh einzu­wirken. Die etwa zehnmi­nü­tige Blockade wurde schließ­lich von den Aktivist*innen selber beendet, nachdem sie zunächst von mehreren Polizei­fahr­zeugen umstellt worden waren.

Durch die symbo­li­sche Blockade rückte überra­schend der von-der-Heydt Platz für kurze Zeit ins Zentrum des Gesche­hens, auch weil dort – im Vorgriff auf das am 5.Juni statt­fin­dende 33-jährige « Jubiläum » der legen­dären « Punker­schlacht am Brunnen » – gleich­zeitig ein solida­ri­sches Treffen von Punks statt­fand, das den Anwesenden viel Spaß und dem Brunnen eine wirklich überschäu­mende Zeit einbrachte.

Eine am Nachmittag noch statt­fin­dende Demons­tra­tion einiger Aktivist*innen vom Neumarkt zum verfal­lenden alten Schau­spiel­haus verlief schnell und laut.

Einige an der shoppen­stoppen-Vorbe­rei­tung Betei­ligte am 25.4.2015.

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Ermüdend

Zur Kundge­bung an der Synagoge

In der Nacht zu Dienstag, den 29.Juli gab es einen Brand­an­schlag mit drei Molotow-Cocktails auf die Bergi­sche Synagoge in Wuppertal-Barmen. Zwei von drei mutmaß­li­chen Tätern wurden zwischen­zeit­lich verhaftet und sitzen in Unter­su­chungs­haft, einer ist flüchtig. Nach ihm sucht die Polizei. Noch am Dienstag wurde für den Nachmittag zu einer Kundge­bung an der Synagoge aufge­rufen, um Solida­rität mit der jüdischen Gemeinde und den jüdischen Wupper­ta­le­rInnen zu zeigen.

kundgebung synagoge 290714

In ihrem Verlauf offen­barte die Versamm­lung einige Probleme derzei­tiger Debat­ten­ver­läufe in Deutsch­land. Einiges, was die Diskus­sionen um offen­siver werdenden Antise­mi­tismus, Israel und den Gazakrieg zuneh­mend erschwert, gab’s auch in Barmen zu hören : Falsch platzierte Diskus­sionen zum falschen Zeitpunkt, Heuchelei und wohlfeile Worte. Der negative Höhepunkt der Solida­ri­täts­kund­ge­bung war die ungestörte Anwesen­heit des Wupper­taler ProNRW-Stadt­rats­ver­ord­neten. Am Ende war nicht ganz klar, welche Empfin­dung überwiegen sollte : Großer Zorn über den Brand­an­schlag oder zuneh­mende Frustra­tion angesichts scheinbar unauf­haltsam anwach­sender Verwer­fungen einer Debatte und immer größerer Schwie­rig­keiten bei einer teils massiv einge­for­derten Positio­nie­rung.

Natür­lich ist zu begrüßen, wenn sich nach einem versuchten Brand­an­schlag auf die Synagoge etwa 150 Menschen zu einer spontanen Kundge­bung entschließen : Alleine, um den in der Stadt lebenden JüdInnen zu zeigen, dass sie nicht alleine bleiben, wenn sie Anfein­dungen und Angriffen ausge­setzt sind. Doch die Grade sind messer­scharf, auf denen dabei gewan­delt wird. Es ist deshalb legitim, sich Gedanken zur Motiva­tion der Teilneh­menden zu machen. Manche Motiv­lagen erscheinen kontra­pro­duktiv, vor allem, wenn unter­stellt werden soll, dass so ein Anlass Grund für eine ernst­hafte Ausein­an­der­set­zung mit Rassismus und Antise­mi­tismus sein sollte.

Alltags­ras­sismus bleibt ausge­blendet

Was zum Beispiel die offizi­ellen Vertre­te­rInnen der Stadt treibt, ist jedoch erkennbar nicht die Bekämp­fung von Ursachen sondern die Sorge um das Image der Stadt. Es ist die gleiche Motiv­lage, die sie im Wupper­taler Alltag das Vorhan­den­sein rechts­ra­di­kaler Gewalt und einer Nazi-Szene leugnen lässt. Dabei verhin­dert gerade das Ausblenden des tägli­chen, gewöhn­li­chen Rassismus und Antise­mi­tismus eine wirklich ernst­hafte Ausein­an­der­set­zung mit einer Eskala­tion, wie sie in der Nacht zum 29.Juli geschehen ist.

Das Drama der entpo­li­ti­sie­renden offizi­ellen Sprach­re­ge­lungen tritt in diesem Moment deutlich zutage : Beispiels­weise gab die Wupper­taler Polizei – nur wenige Tage vor dem versuchten Brand­an­schlag – bekannt, sie « prüfe auch mögliche politi­sche Hinter­gründe », nachdem eine « Free Palestine»-Parole an die Synagoge gesprüht worden war. Zu einer Bewachung der Synagoge ist sie demnach auch erst jetzt, nach dem Anschlag, bereit – schließ­lich hätten zuvor „keine Anhalts­punkte” für eine solche Entwick­lung bestanden.

Umso bedau­er­li­cher, dass es auch bei der Solida­ri­täts­kund­ge­bung von offizi­eller Seite eher Beschwich­ti­gungen und Beschwö­rungen eines harmo­nisch mitein­ander lebenden Wuppertal gab. Wo das Unhar­mo­ni­sche dann in Form von drei Molotiw-Cocktails offen zutage tritt, wird es zu Solitärem erklärt, zu etwas, das « nicht zu uns gehört », wie OB Jung (CDU) befand. Der hatte am Nachmttag – nachdem sich mittags ein größeres Medien­in­ter­esse abzeich­nete und wütende und geschockte Menschen bereits nach Bekannt­werden des Anschlags für 17:00 Uhr mobili­sierten – schnelles Handeln des offizi­ellen Wuppertal simuliert und verlautet, es handele sich um eine Kundge­bung der städti­schen Initia­tive für Demokratie und Toleranz. Wie unvor­be­reitet diese davon getroffen wurde, zeigte sich, als der OB vor der Synagoge ohne Lautspre­cher dastand. Weshalb er über die Anlage des Autonomen Zentrums reden musste.

Das machte die Beschwö­rung einer harmo­ni­schen Wupper­taler Norma­lität des Zusam­men­le­bens auch nicht glaub­wür­diger. Deshalb war es gut, dass in einer Antwort der Hinweis erfolgte, nicht auf die breite Empörung in diesem Moment, sondern auf das Handeln im Alltag komme es an. Dabei wurden die aktuellen Probleme der Stadt angespro­chen : Alltags­ras­sismus, eine nahezu unbehel­ligte Nazi-Szene, eine wachsende Anzahl von mit Salafisten Sympa­thi­sie­renden und im Rat der Stadt vertre­tene rechts­ra­di­kale Parteien.

Der ProNRW-Kreis­vor­sit­zende und Stadt­rats­ver­ord­nete Gerd Wöll konnte inmitten anderer Partei­en­ver­tre­te­rInnen sogar unbehel­ligt die Kundge­bung « beobachten », wie Wöll nicht ohne Stolz auf der Website der Partei berich­tete. Seiner « Beobach­tung » entsprang das folgende, ebenfalls auf der Website von ProNRW veröf­fent­lichte Gedan­ken­monster : « Die martia­li­sche Saat, die radikale Moham­me­daner im Verbund mit bunttol(l)eranten und islam­un­ter­wür­figen Politi­kern gesät haben, geht offenbar auf ».

Dass sich der deutsche Normal­zu­stand also unmit­telbar vor Ort befand, war sicher­lich der unerträg­lichste Teil der Kundge­bung.

Von Trenn­schärfe und Diffe­ren­zie­rung keine Spur

Am meisten ärgerte aller­dings die auch an der Synagoge lautstark geführte Diskus­sion um den israe­li­schen Krieg im Gaza-Streifen – schließ­lich galt der Protest der durch die Wahl des Anschlag­zieles zum Ausdruck gebrachten antise­mi­ti­schen Gleich­set­zung jüdischen Glaubens mit der Politik Israels. Aber es wurde auch aus der Kundge­bung heraus die eigene Anwesen­heit als Ausdruck der Solida­rität mit Israel bezeichnet – so äußerst sich auch einer der Teilnehmer im Videobei­trag der « Süddeut­schen Zeitung ».

Wenn jedoch schon die Gleich­set­zung jüdischen Glaubens mit einem krieg­füh­renden Staat Israel nicht bekämpft wird, werden sich weitere undif­fe­ren­zierte Stell­ver­tre­ter­kon­flikte kaum vermeiden lassen. Ohne Trenn­schärfe und Diffe­ren­zie­rung sind Diskus­sionen über Antise­mi­tismus wie auch über Krieg sinnlos. Es bedurfte eines wohltuend zornigen Redebei­trags einer Teilneh­merin, die Disku­tie­renden darauf hinzu­weisen, dass die Kundge­bung an der Synagoge ein denkbar ungeeig­neter Ort für eine Debatte über den Krieg Israels mit der Hamas sei. Es war irgendwie erschöp­fend.

Ohnehin stellt sich angesichts des Streits inner­halb der in der Positio­nie­rung zum Gaza-Krieg zerstrit­tenen Linken langsam eine schreck­liche Ermüdung ein. Denn nicht nur antijü­di­sche Aktionen und Aussagen eskalieren, sondern auch interne Ausein­an­der­set­zungen. Der seit Jahren virulente, harte Diskurs inner­halb der Linken zur Situa­tion im Mittleren Osten, bricht nun – nach einer Beruhi­gung zuletzt – wieder offen auf.

Noch immer koppeln einige – « Antiimps » wie « Antideut­sche » – grund­sätz­liche politi­sche Analysen und ansonsten hinge­nom­mene prinzi­pi­elle inhalt­liche Diffe­renzen an die Frage, wie sich jemand zum Nahost­kon­flikt und zu Israel positio­niert. Ist diese einge­for­derte Positio­nie­rung angesichts der Akteure sowieso eigent­lich eine Unmög­lich­keit, fällt sie durch den versuchten Brand­an­schlag auf die Wupper­taler Synagoge nun noch schwerer : Wenn Antise­mi­tismus in Wuppertal so konkret wie in der Nacht zum 29.Juli wird, bedeutet das eine Änderung der eigenen politi­schen Agenda. Für hier Lebende bleibt es eine ererbte Aufgabe, das rassis­ti­sche und antise­mi­ti­sche Deutsch­land als wichtigste Heraus­for­de­rung zu betrachten.

Oder, wie Deniz Yücel in der « taz » formu­lierte :
« Es gibt nämlich kein Deutsch­land ohne Ausch­witz – kein Multi­kult­ideutsch­land, kein linkes Deutsch­land, kein besseres Deutsch­land, gar keins. »

nie wieder

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