Zur Jahrestag-Demo in Solingen : Sind 2.000 viel oder wenig ?

Am Samstag, den 25.05.2013 demons­trierten gut 2.000 Menschen in Solingen gegen Rassismus. Anläss­lich eines unmit­telbar bevor­ste­henden doppelten 20. Jahres­tags zog ein entschlos­sener Demozug mehrere Stunden durch die Innen­stadt : Sonntag, den 26.05. jährte sich der so genannte Tag X, die durch eine infor­melle große Koali­tion von CDU, FDP und SPD im Jahr 1993 beschlos­sene Abschaf­fung des Asylrechts ; heute, am Mittwoch, den 29.05. ist der mörde­ri­sche Brand­an­schlag von Solingen zwanzig Jahre her. Mit der Betei­li­gung an der Demons­tra­tion, für die bundes­weit mobili­siert wurde, waren Veran­stalter und Initia­tiven zufrieden. Aber sind 2.000 Teilneh­mende viel oder wenig ?

Das Problem heißt Rassismus!”. Die Demo am 25.05.2013 in der Solinger Innen­stadt.

Es gibt mehr als eine Motiva­tion zu demons­trieren. Oft wird die Ansicht geäußert, es ginge um die Aufmerk­sam­keit einer nicht genau definierten « Öffent­lich­keit ». Eine Inten­tion, die bei genauerer Betrach­tung darauf hinaus­läuft, an jene, die die diffuse « Öffent­lich­keit » reprä­sen­tieren, zu appel­lieren, Forde­rungen zu stellen oder gar Lösungen einzu­for­dern. Für eine Demons­tra­tion wie die, die am Samstag, den 25.Mai in Solingen statt­fand, ist das alles falsch.

Die « Öffent­lich­keit » hat sich in ihren verschie­denen Ausfor­mungen im Vorfeld der beiden Jahres­tage durchaus klar positio­niert.

Da waren die Solin­ge­rInnen – aber auch die Wupper­ta­le­rInnen, die noch am Freitag persön­lich in der Innen­stadt angespro­chen wurden.  Die vorherr­schende Äußerung war hier wie da ein mal genuschelt, mal vehement vorge­tra­genes « Desin­ter­esse » am neofa­schis­ti­schen Brand­an­schlag in Solingen, bei dem 1993 fünf junge Frauen und Mädchen verbrannt sind. Kam es einmal zur Begrün­dung des Desin­ter­esses, drehte sie sich meist um jenes wohlbe­kannte Muster, das dem Anspruch folgt, « das so lange Vergan­gene doch endlich ruhen zu lassen ». (Zu besich­tigen ist diese Haltung der « Öffent­lich­keit » im unten einge­bet­teten WDR-Lokal­zeit Video vom 25.Mai 2013) Entspre­chend beschä­mend war am letzten Samstag auch die Betei­li­gung von Solin­ge­rInnen an der Demons­tra­tion.

Oder da ist die « mediale Öffent­lich­keit », die, eine lange festste­hende Agenda abarbei­tend, notorisch über solche Jahres­tage zu berichten hat, und in Redak­ti­ons­sit­zungen dieje­nigen ausguckt, die der Verpflich­tung zur Erinne­rung nachkommen müssen. Die Medien haben im Vorfeld der Jahres­tage zunächst nur spärlich berichtet, erst zum eigent­li­chen Datum des Anschlags heute wurden eine Vielzahl Artikel veröf­fent­licht und Filmbei­träge gesendet. Dabei standen zumeist rein mensch­liche Aspekte im Mittel­punkt der Bericht­erstat­tung, oder, wie im Fall der WDR-Lokal­zeit, die Befind­lich­keit des « aktuellen Solingen ». Der Aufgabe, die desin­ter­es­sierte « Öffent­lich­keit » für das damalige Geschehen zu inter­es­sieren, kamen die Medien so nicht nach.

Eine Herstel­lung aktueller Bezüge, oder gar eine Aufar­bei­tung ungeklärter Fragen fand nicht statt. Obwohl es vor dem Hinter­grund des laufenden « NSU»-Verfahrens vielfäl­tige Möglich­keiten zur Recherche damaliger Paral­lelen gab, oder den Sendern gar bereits vorbe­rei­tete Recher­chen angeboten worden waren. Die Medien, die bei der « Aufar­bei­tung » der « NSU»-Morde an Migranten das Märchen von einer « Pannen­serie » nicht ernst­haft zu hinter­fragen bereit sind, haben zu den Verstri­ckungen des Verfas­sungs­schutzes in die Solinger Tat 1993 nahezu komplett geschwiegen. Obwohl es bereits wenige Tage nach der damaligen Brand­stif­tung konkrete Hinweise auf die « HakPao » Kampf­sport­schule in Solingen gab, die seiner­zeit von Bernd Schmitt, einem V-Mann des NRW-Verfas­sungs­schutzes geleitet wurde. Bei « HakPao » gingen Anfang der neunziger Jahre hochran­gige Nazikader ein- und aus, bei « HakPao » wurden drei der vier später für den Anschlag Verur­teilten « sport­lich und ideolo­gisch » ausge­bildet. Trotz der gespens­ti­schen Paral­lelen zur Nähe der deutschen Geheim­dienste zu den TäterInnen im aktuellen « NSU»-Fall, waren weder Zeitungen noch Fernseh­an­stalten daran inter­es­siert, die verstö­rende Aktua­lität des alten Falles zu dokumen­tieren. Dabei waren es fast immer westdeut­sche Geheim­dienstler, die ihre bereits in Solingen fatal geschei­terte  Konzep­tion von « offenen Struk­turen » für Neonazis in den Osten Deutsch­lands « mitnahmen » und beispiels­weise in Thüringen weiter verfolgten.

Klare Aussagen : Antifa­schis­ti­schen Selbst­schutz organi­sieren !

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