Neofaschistische Gruppen in Solingen - Auch Deutsche Liga aktiv

 

Antifaschistische Nachrichten vom 04.06.1993
Seite 2

Neofaschistische Gruppen in Solingen
Auch Deutsche Liga aktiv

Die folgenden Informationen wurden am 31.5.1993 zusammengestellt.

Vierzehn Tage vor den Morden an fünf türkischen Bürgern von Solingen überfielen Neonazis und Skinheads auf dem Solinger Dürpelfest, Besucher, die buntgefärbte Haare hatten, schlugen sie so zusammen, daß sie in Krankenhäusern behandelt werden mußten. Solinger Antifaschisten sahen, daß sich auf dem Fest der überregional bekannte Faschist Thorsten Lemmer aufhielt (die folgenden Informationen über Lemmer sind einem Artikel der Antifaschistischen Zeitung NRW, Nr. 1, Mai 1993, entnommen).

Lemmer ist führender Funktionär in neofaschistischen Organisationen, darunter stellvertretender Vorsitzender und Fraktonsgeschäftsführer der "Freien Wählergemeinschaft" (FWG), die im Düsseldorfer Stadtrat als Absprengsel der Republikaner vertreten ist. Lemmer ist auch Manager der berüchigten Nazi-Musikgruppe Störkraft. Er war früher Mitglied bei den REP in Köln und kennt von daher die damaligen Kölner REP- und heutigen Deutsche Liga-Mitglieder des Kölner Gemeinderates, Manfred Rouhs und M. Beisicht. Lemmer ist vor kurzem Mitherausgeber der von Rouhs herausgegebenen faschistischen Hetzzeitschrift "Europa vorn" geworden.

"Ordnungsdienst" aus Solingen

Als die Deutsche Liga am 16.6.1992 im Kölner Senatshotel eine Veranstaltung zur Hetze gegen ausländische Bewohner der Bundesrepublik durchführte, waren als "Ordnungsdienst" u.a. Mitglieder der Düsseldorfer FWG, darunter Lemmer, anwesend. Die Kölner Polizei untersagte damals der Veranstaltungsleitung den Einsatz ihres "Ordnungsdienstes'" weil er uniformiert war.

Bei dieser Veranstaltung traten als angemieteter "Ordnungsdienst" auch Leute aus Solingen an, darunter der Solinger Bernd Schmitt, Leiter des "Deutschen Hochleistungs-Kampfkunstverbands" (DHKKV) (auch die Angaben zu Schmitt sind der Antifaschistische Zeitung NRW, 1/93, entnommen). Hinter dem DHKKV verbirgt sich der 1. H.S.C. Solingen, auch bekannt als Thai Box-Schule "Hak-Pao". Leiter der HakPao-Schule ist Bernd Schmitt. Entgegen der Tatsache, daß Schmitt auf Hetzveranstaltungen der Neofaschisten "Ordnungsdienst" verrichtete, behauptet er in einem Schreiben an die Antifaschistische Aktion Wuppertal, sein "Ordnungsdienst" sei absolut unpolitisch. Die Verbindung zwischen Mitgliedern der "Hak-Pao2-Schule des B. Schmitt zu den organisierten Neofaschisten stellen neben Skinheads vor allem zwei Funktionäre der Neonazis her: Bernd Koch und Wolfgang Schlösser. Sie trainieren in der Schule von Schmitt. Die beiden Solinger sind seit vielen Jahren in faschistischen Organisationen tätig. (siehe Antifaschistische Zeitung NRW, 1/93). Anfang der achtziger Jahre wurde Koch Mitglied der "Sozialrevolutionären Kampfgemeinschaft Deutschland", bestellte und verbreitete Propagandamaterial der illegalen Partei NSDAP/AO. Zur gleichen Zeit gründete Koch mit einigen NPD-Angehörigen aus Solingen und Wuppertal die "Bürgerinitiative für Ausländerstop" (BIFAS). Bei BIFAS-treffen ließen sich die Mitglieder in SS-Uniform fotografieren. Mitglied in dieser Hetzgruppe gegen Ausländer wurde W. Schlösser.

1983 schrieben BIFAS-Mitglieder Drohbriefe gegen jüdische Gemeinden, Frauenhäuser und Einrichtungen von Lesben in mehreren deutschen Städten und im benachbarten deutschsprachigen Ausland. Die mit Mord- und Vergewaltigungsdrohungen versehenen Briefe waren in der Regel mit "NSDAP Gau Solingen" oder "Reichsleitung Wuppertal" unterzeichnet. Die Polizei identifizierte die Fingerabdrücke von Koch und dem Wuppertaler BIFAS-Mitglied W. Binder. Binder wurde mit 21 Monaten Gefängnis bestraft, Koch mit 12 Monaten auf Bewährung. Ende 1986 wurde Koch Solinger Kreisvorsitzender neofaschistischen FAP. W.Schlösser war ebenfalls in der FAP aktiv und wechselte sich mit Koch auf dem Posten des Kreisvorsitzenden ab.

Neonazis und Skinheads

Schlösser gründete 1989 die Bergische Front, die hauptsächlich aus jugendlichen Neofaschisten und Skinheads bestand. Schlösser und Koch landeten schließlich bei der Deutschen Liga, bzw. deren Vorläufer Deutsche Allianz. Koch lud am 5.7.1991 per Anzeige zum ersten Mal zum monatlichen "Stammtisch" der Deutschen Allianz in eine Solingen-Ohligser Kneipe in. Im Jahre 1992 inserierten Koch und Schlösser regelmäßig in der Zeitung der Deutschen Liga, der "Deutschen Rundschau". Schlösser warb für eine Deutsche Kampfsportinitiave, einem Zusammenschluß von patriotisch denkenden Kampfsportlern, die es sich zum Ziel gemacht haben... "Kampfkünste im nationalen Lager bundesweit zu fördern".

Die Solinger Neofaschisten waren im letzten Jahr in der gleichen Art wie der rechtskräftig verurteilte Faschist Koch tätig: Nachdem beim Solinger Ordnungsamt im November eine Demonstration gegen die herrschende Asylpolitik angemeldet worden war, wurde der Anmelder der Demonstration am Telefon mit Morddrohnngcn terrorisiert. Außerdem wurde in diesem Jahr ein Brandanschlag auf die türkische Moschee ausgeübt.

In den letzten vierzehn Tagen stellten Antifaschisten fest, daß im Solinger Stadtteil Wald verstärkt ausländerfeindliche Propaganda der Deutschen Liga verklebt worden ist. Wie die örtliche Presse berichtete (Solinger Tageblatt, Extrablatt vom 29.5.1993), trafen sich in letzter Zeit in dem Park "Bärenloch", der direkt hinter dem von den faschistischen Mördern angezündeten Haus liegt, regelmäßig faschistische Skinheads, die dort auch Schießübungen abgehalten haben sollen. Diese Skinheads waren nach Angaben von Solinger Antifaschisten Anhänger der Nazi-Musikgruppe Störkraft, die, wie schon gesagt, T. Lemmer managt. Er ist ebenfalls ein Verbindungsglied zur Deutschen Liga.

Die Beziehungen zwischen den Neofaschisten Koch und Schlösser zu Skinheads laufen anscheinend also über die Thai-Box-Schule des Schmitt in Solingen. Schmitt stellte für die Deutsche Liga einen "Ordnungsdienst" zur Verfügung. Schlösser baute eine faschistische Kampfsportgruppe auf, doch wohl auch mit Mitgliedern der Solinger Kampfsportschule.

Organisierte Neofaschisten arbeiten in Solingen insbesondere in der Deutschen Liga. Diese organisierten Solinger Neofaschisten hatten Beziehungen zu faschistischen Skinheads. Waren diejenigen Skinheads, zu denen Koch und Schlösser Kontakt haben, an dem Treffen der Skinheads im "Bärenloch" direkt hinter dem Haus der türkischen Familien beteiligt?. Hat die ausländerfeindliche Hertze der Deutschen Liga direkt auf diese Skinheads eingewirkt? Nicht vorstellbar ist, daß Schlösser und Koch bei ihren Kontakten mit den Skinheads nicht über die aggressiven Ziele des "nationalen Lagers" sprachen. Genau um diese faschistische Propaganda zu verbreiten, hatten Schlösser und Koch ja Kontakte zu den Skinheads aufgenommen. Daß Koch vor nichts zurückschreckt, zeigt seine Beteiligung an den Morddrohungen, weswegen er verurteilt wurde.

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