129 (Hintergrundtext)

Hausdurch­su­chungen, Telefon- und E-Mail-Überwa­chung, Einblick in Konto­be­we­gungen, monate­lange Personen- und Wohnungs­ober­va­tionen, Peilsender an PKW … die Palette der polizei­li­chen Sonder­be­fug­nisse bei Ermitt­lungs­ver­fahren nach §§129 a und b StGB bieten fast alles, was das Herz staat­li­cher Überwa­che­rInnen höher­schlagen läßt. Anders als bei „normalen“ Straf­ver­fahren müssen den §§129, 129a und 129b StGB keine Straf­taten zugrun­de­liegen – es handelt sich um Organi­sa­tions- und Gesin­nungs­pa­ra­gra­phen, mit deren Hilfe Gruppen und Netzwerke durch­leuchtet und krimi­na­li­siert werden können. Zur Einord­nung der Vorwürfe gegen unsere Freundin Latife, die am Mittwoch den 26.06. verhaftet wurde, möchten wir hier einen Überblick über Geschichte und Charakter der §§129 geben. Worum handelt es sich bei den Paragra­phen, die die Wortkeule „terro­ris­tisch” benutzen, um von vornherein Solida­rität zu erschweren ?

Geschichte der §§129, 129 a, 129 b
(basiert auf einem Artikel der Soligruppe Magdeburg/Quedlinburg von 2003)

Der Ursprung des Paragra­phen 129 ist bereits in der Arbei­ter­be­we­gung zu finden. Der Paragraph wurde erstmals im Reichs­straf­ge­setz­buch von 1871 und seinen Staats­schutz­ar­ti­keln erwähnt. Mit den Paragra­phen 129 sollte die mit dem Kommu­nismus sympa­thi­sie­rende Arbei­ter­be­we­gung getroffen werden. Durch die Sozia­lis­ten­ge­setze von 1878 wurde die Grund­lage dafür geschaffen, jedes Eintreten für sozia­lis­ti­sche Ziele als Tätig­werden für eine verbo­tene Verei­ni­gung nach Paragra­phen 129 zu verfolgen. 1890 mussten die Sozia­lis­ten­ge­setze unter dem Druck der wachsenden Arbei­ter­be­we­gung aufge­hoben werden. Der §129 blieb jedoch in Kraft, wenn auch seines politi­schen Anwen­dungs­ge­bietes beraubt.

In der Weimarer Zeit diente der §129 vor allem der Verfol­gung der KPD, die damals von November 1923 bis März 1924 im gesamten Reichs­ge­biet verboten war. In dieser Zeit hatte sich die Arbei­ter­schaft eine überpar­tei­liche Hilfs­or­ga­ni­sa­tion geschaffen, die „Rote Hilfe”, die politi­schen Gefan­genen und ihren Verwandten Unter­stüt­zung gewähren sollte. Diese Tätig­keit war für die Staats­schutz­rechts­spre­chung Grund genug , die „Rote Hilfe”, als eine staats­feind­liche Verbin­dung zu betrachten und Aktivis­tInnen wegen „Vorbe­rei­tung zum Hochverrat zu verfolgen”. Die Kommu­nis­ten­pro­zesse der Weimarer Republik haben gemeinsam, dass die angeklagten Handlungen selbst völlig legale Tätig­keiten einschlossen. Über die Konstruk­tion der „Vorbe­rei­tung zum Hochverrat” wurde es jedoch möglich, auf diesem Weg die Gesin­nung der Angeklagten zu verfolgen.

Diesen zeitrau­benden und lästigen Umweg ersparten sich die Nazis. Schutz­haft­be­fehle wegen kommu­nis­ti­scher oder anarchis­ti­scher Umtriebe und die Verbrin­gung der Inter­nierten in Konzen­tra­ti­ons­lager führten vielfach zur physi­schen Vernich­tung der Kader und Aktivis­tInnen der revolu­tio­nären Arbei­ter­be­we­gung. Der Paragraph 129 blieb zwar bestehen, war aber auf diese Weise entbehr­lich geworden. Der Paragraph blieb auch nach Ende des Zweiten Weltkrieges in Kraft. Unter dem Einfluss des Kalten Krieges und dem Antikom­mu­nismus wurden der §129 im Jahre 1951 verschärft. Seitdem existiert der Straf­tat­be­stand „Unter­stüt­zung einer krimi­nellen Verei­ni­gung”.

In den 1950er Jahren diente die Verschär­fung des §129 in erster Linie der Krimi­na­li­sie­rung der Anhän­ge­rInnen der KPD, die 1956 durch das Bundes­ver­fas­sungs­ge­richt verboten worden war. Für die Unter­stüt­zungs­hand­lung einer „krimi­nellen Verei­ni­gung” genügte die bloße Bereit­schaft, für eine verbo­tene Verei­ni­gung werbend tätig zu werden. Anfang der 1970er Jahre kam ein neuer Anwen­dungs­be­reich für den Gesin­nungs­pa­ra­gra­phen hinzu : Die militanten Struk­turen um RAF, RZ und Bewegung 2. Juni. Hier genügte der BRD das bestehende Instru­ment des §129 nicht mehr. Sonder­ge­setze und Sonde­rechts­spre­chung wurden instal­liert. Das Sonder­ge­setz­ge­bungs­paket Nr. 2 von 1976 schuf den §129a, und mit dem kleinen „a” entstand in der deutschen Rechts­spre­chung auch die „terro­ris­ti­sche Verei­ni­gung”. Für den so genannten „Terro­rismus”  wurde damit ein Ausnah­me­recht geschaffen. Ausge­hend vom Begriff der terro­ris­ti­schen Verei­ni­gung wurde darüber­hinaus das Haftrecht verschärft.

Für den Begriff „Terro­rismus” gibt es kein allge­mein gültiges Defini­ti­ons­mo­dell. Jeder Staat schafft sich qua Defini­tion und je nach Bedarf, seine eigenen „Terro­risten”. Im aktuellen Fall, den Protesten in der Türkei, können dann auch schon einmal Fans eines Fußball­clubs wie die Besiktas-Ultras von der Regie­rung als „terro­ris­ti­sche Verei­ni­gung” bezeichnet werden. Diese Unklar­heit in der Defini­tion des Begriffs hat viele juris­ti­sche Fachleute dazu gebracht, den §129a als zu willkür­lich und nicht rechts­staat­lich zu bezeichnen. Die derzeit für Deutsch­land gültige Defini­tion lautet : „Terro­rismus ist nach der Defini­tion der Verfas­sungs­schutz­be­hörden der nachhaltig geführte Kampf für politi­sche Ziele, die mit Hilfe von Anschlägen auf Leib, Leben und Eigentum anderer Menschen durch­ge­setzt werden sollen, insbe­son­dere durch schwere Straf­taten, wie sie in § 129a Absatz 1 Straf­ge­setz­buch genannt sind, oder durch andere Straf­taten, die zur Vorbe­rei­tung solcher Straf­taten dienen (und) durch die Art ihrer Begehung oder ihre Auswir­kungen einen Staat oder eine inter­na­tio­nale Organi­sa­tion erheb­lich schädigen“ (Wikipedia)

Nach den Anschlägen vom 11.September 2001 wurde der §129 um einen weiteren Sonder­pa­ra­gra­phen, den §129b, erwei­tert, der den Straf­tats­be­stand auf „terro­ris­ti­sche Verei­ni­gungen im Ausland” auswei­tete, was konkret bedeutet, dass die Defini­ti­ons­willkür anderer Staaten mittelbar in die deutsche Rechts­spre­chung einfließt.

Der § 129 b – Kampf­mittel gegen die migran­ti­sche Linke und die inter­na­tio­nale Solida­rität (Grund­lage der folgenden Abschnitte : Broschüre der „Roten Hilfe e.V.” „Der Hunger des Staates nach Feinden” von 2009 – komplett als pdf-Download oder online)

Unter dem Deckmantel des weltweiten „Kampfes gegen den Terro­rismus” wurde nach dem 11. September 2001 neben vielen weiteren Einschrän­kungen der Bürge­rIn­nen­rechte der Paragraf 129b in das politi­sche Straf­recht der BRD einge­führt. Seit dem 1. September 2002 sind demnach Organi­sa­tionen, die im Ausland agieren und von staat­li­cher Seite als krimi­nell oder terro­ris­tisch einge­stuft werden, in der BRD nach den §§ 129 zu verfolgen. Von den Charak­te­ris­tika unter­scheidet er sich hinsicht­lich polizei­li­cher Ermitt­lungs­me­thoden und -befug­nisse nicht vom alten §129a. Er basiert in jeder Hinsicht auf den bereits beschrie­benen §§129, stellt jedoch eine Perfek­tio­nie­rung im Sinne der Repres­si­ons­or­gane dar. Vor der Einfüh­rung des neuen Gesetzes war es den Repres­si­ons­be­hörden zwar auch schon möglich, mit den Verei­ni­gungs­pa­ra­grafen gegen migran­ti­sche Struk­turen vorzu­gehen, wovon haupt­säch­lich türki­sche und kurdi­sche Genos­sInnen betroffen waren und sind. (…) Der Paragraf 129b erleich­tert jedoch die Krimi­na­li­sie­rung von inter­na­tio­na­lis­ti­scher (Solida­ri­täts-) Arbeit, da nicht mehr nachge­wiesen werden muss, dass die jewei­lige Organi­sa­tion auch im Inland besteht. Des Weiteren muss eine direkte Betei­li­gung an straf­baren Handlungen im Ausland nicht nachge­wiesen werden, wenn von einer Mitglied­schaft ausge­gangen wird.

Dem entspre­chend sind neben einigen islamis­ti­schen Organi­sa­tionen haupt­säch­lich linke Struk­turen von dem neuen Paragrafen betroffen : Von den 27 Ermitt­lungs­ver­fahren nach §129b gegen Organi­sa­tionen einge­leitet wurden (im Jahr 2007), richteten sich elf gegen linke Gruppie­rungen, nämlich sieben gegen die TKP/ML, drei gegen die DHKP-C und eines gegen die PJAK (Partei für ein freies Leben in Kurdi­stan). Vorwand waren angeb­liche „terro­ris­ti­sche Verei­ni­gungen”, die inner­halb der Parteien jeweils existieren sollen. Im Fokus stehen insbe­son­dere die „Sympa­thie­wer­bung” sowie das Sammeln von Spenden­gel­dern für die betrof­fenen Organi­sa­tionen.

Infor­ma­tions- und Öffent­lich­keits­ar­beit, die positiv auf diese Gruppie­rungen Bezug nimmt, oder die finan­zi­elle Unter­stüt­zung von Aktivi­täten, die ihnen in irgend­einer Form zugute kommen könnten, werden damit zur Zielscheibe staat­li­cher Verfol­gungswut.

Bereits im Jahre 1999 lag ein entspre­chender Vorent­wurf zum §129b beim Bundes­jus­tiz­mi­nis­te­rium, der auf Vorschlag des „Rates der Innen- und Justiz­mi­nister der EU” entworfen wurde. Zu diesem Zeitpunkt waren jedoch Einschrän­kungen der Bürge­rIn­nen­rechte in diesem Umfang nicht durch­setzbar. Dies änderte sich mit dem 11.09.2001, welcher insofern eine Bedeu­tung für die Einfüh­rung des §129b hat, dass er die Grund­lage bildete, jegliche Geset­zes­ver­schär­fungen im Bereich der „Inneren Sicher­heit” unter dem Vorzei­chen des inter­na­tio­nalen „Kampfes gegen den Terro­rismus” zu legiti­mieren. Weltweit wurde im Zuge des 11. September die „Chance” genutzt, auf inter­na­tio­naler Ebene Geset­zes­ver­schär­fungen, deren Entwürfe schon lange Zeit vorher in den Schub­laden lagen, ohne großen Wider­stand durch­zu­setzen und anzuglei­chen. Die Erwei­te­rung der §§129, welche schon 1999 von der EU disku­tiert wurde, muss in diesem Zusam­men­hang gesehen werden.

Seit der Einfüh­rung des §129b in das politi­sche Straf­recht gab es bis dato (Anm.: 2009) mehr als 150 Ermitt­lungs­ver­fahren. Er dient in der Praxis haupt­säch­lich der Ausschnüf­fe­lung und Einschüch­te­rung von politi­schen Struk­turen. (…) Bisher sind die wirkli­chen Auswir­kungen des §129b schwer absehbar. Der erste Prozess gegen eine revolu­tio­näre Organi­sa­tion aus dem Ausland, die türki­sche DHKP-C (Revolu­tio­näre Volks­be­frei­ungs­partei-Front) läuft derzeit in Stutt­gart Stamm­heim. Der Ausgang des Verfah­rens gegen die fünf Angeklagten wird maßgeb­lich sein für die folgenden Prozesse. (Anm.: Die genannten Prozesse, sowie weitere Verfahren u.a. in Düssel­dorf sind größten­teils inzwi­schen beendet. Zumeist wurden mehrjäh­rige Haftstrafen verhängt.)

Die ebenfalls im Zuge des 11. September 2001 geschaf­fenen so genannten „Terror­listen” von EU und USA beruhen nicht auf rechts­staat­li­chen Prinzi­pien, sondern gehor­chen politi­schen Spiel­re­geln. Personen und Organi­sa­tionen, die auf diesen Listen geführt werden, gelten als „terro­ris­tisch” mit allen dazuge­hö­rigen repres­siven Konse­quenzen (z.B. §§129/a/b-Verfahren). Der terro­ris­ti­sche Charakter einer Gruppie­rung muss in aktuellen Verfahren nicht mehr nachge­wiesen werden : Sobald eine Organi­sa­tion auf besagten Listen steht, ist sie „terro­ris­tisch”. (…) Bei näherer Betrach­tung der Listen wird schnell deutlich, zu wessen Bekämp­fung sie geschaffen wurden. Neben einigen islamis­ti­schen Verei­ni­gungen finden sich auf ihnen fast ausschließ­lich revolu­tio­näre Organi­sa­tionen wie die FARC in Kolum­bien, die PFLP in Paläs­tina, die DHKP-C und die PKK in Kurdi­stan, die ETA im Basken­land usw. Der §129b, ebenso die „Schwarzen Listen”, sind wie schon die §§129/a neue Mittel einer präven­tiven Repres­sion der Herrschenden. Sie müssen durch uns als solche benannt und bekämpft werden.

Mathias Krause für den Bundes­vor­stand der Roten Hilfe : 30 Jahre „Deutscher Herbst” –  Weg mit Paragraph 129a !

Auf dem Höhepunkt der staat­li­chen Repres­sion, die sich in den 1970er Jahren gegen die gesamte radikale Linke richtete und die vor genau 30 Jahren im „Deutschen Herbst” gipfelte, wurde 1976 ein Gesetz verab­schiedet, der dem inner­staat­li­chen Kampf gegen die Linke völlig neue Dimen­sionen verlieh : Der Paragraph 129a, der die „Bildung und Unter­stüt­zung einer terro­ris­ti­schen Verei­ni­gung” ahndete, sah keinerlei indivi­du­ellen Tatnach­weis mehr vor. Wer – tatsäch­lich oder angeb­lich – einer Gruppe angehörte, die nach der Defini­tion der Repres­si­ons­or­gane als „terro­ris­tisch” einge­stuft wurde, verlor im Zuge der Ermitt­lungen wesent­liche Grund­rechte.

Mit dem Vorwand einer 129a-Ermitt­lung ließen sich nahezu jede Überwa­chungs- und Bespit­ze­lungs­maß­nahme begründen, Vertei­di­ger­rechte und prozes­suale Standards außer Kraft setzen und Haftbe­din­gungen exerzieren, die inter­na­tional zu Recht als „weiße Folter” bezeichnet wurden. Es ging nicht allein um die staat­liche Zerschla­gung der bewaffnet kämpfenden Gruppen, die zum Staats­feind Nummer Eins aufge­baut wurden, sondern um die Verun­mög­li­chung einer offenen Diskus­sion um notwen­dige politi­sche Strate­gien inner­halb der Linken. Wer nicht von vornherein eine eindeu­tige Distan­zie­rung signa­li­sierte oder sich in devoten Ergeben­heits­adressen an den Staat erging, wurde als RAF-Sympa­thi­santIn gebrand­markt und mittels des neu gewon­nenen Anti-Terror-Paragra­phen kaltge­stellt. Persön­liche Kontakte konnten durch dieses Repres­si­ons­in­stru­ment ebenso zum Straf­tat­be­stand werden wie politi­sche Diskus­sionen oder das Publi­zieren misslie­biger Texte.

War der §129a zunächst noch als außer­ge­wöhn­liche Abwehr­maß­nahme im Kampf gegen die Stadt­gue­rilla begründet worden, wurde er sehr bald zum festen Bestand­teil der staat­li­chen Repres­sion gegen die gesamte Linke. Der Fall Ingrid Strobl führte der Öffent­lich­keit vor Augen, dass bereits die Beschäf­ti­gung mit „anschlags­re­le­vanten Themen”, also letzt­lich jede radikale kriti­sche Ausein­an­der­set­zung mit den herrschenden Verhält­nissen, zu langen Haftstrafen führen konnte.

Im Kampf gegen die PKK dienten nach der Verhaf­tung Abdullah Öcalans banale Autobahn­blo­ckaden kurdi­scher Linker zur Konstruk­tion einer terro­ris­ti­schen Verei­ni­gung. Seit der Einfüh­rung des §129b ist nicht einmal mehr irgend­eine politi­sche Aktivität inner­halb der BRD mehr nötig, um eine Organi­sa­tion als „terro­ris­tisch” zu verfolgen. Auch der bewaff­nete Kampf gegen Unter­drü­ckung in Staaten, die die BRD im weitesten Sinne als Verbün­dete betrachtet, kann nun zum Vorwand der Krimi­na­li­sie­rung verwendet werden.

Die Krimi­na­li­sie­rung antifa­schis­ti­scher Gruppen wie der Autonomen Antifa [M] oder der Antifa Passau, die in den 1990er Jahren nach §129(a) verfolgt wurden, stellte selbst eine vollkommen offen und im legalen Rahmen handelnde außer­par­la­men­ta­ri­sche Opposi­tion unter Terro­ris­mus­ver­dacht. Zu Verur­tei­lungen kommt es trotz der diffusen Vorwürfe, die zur Behaup­tung einer Zugehö­rig­keit zu einer inkri­mi­nierten Gruppe führen können, nur in den seltensten Fällen. Vielmehr dient der §129a in Wirklich­keit der Durch­leuch­tung linker Struk­turen und ist damit ein klassi­scher Ermitt­lungs­pa­ra­graph, der den Repres­si­ons­or­ganen nahezu jedes noch so fragwür­dige Bespit­ze­lungs­in­stru­ment an die Hand gibt, ohne dass sich ein konkreter Tatver­dacht jemals erhärtet.

Heute, fast zehn Jahre nachdem die RAF ihre Auflö­sung bekannt gegeben hat, erlebt der §129a im Zuge einer gezielt geschürten Antiter­ror­hys­terie eine neue Blüte. Dabei wird er weniger gegen islamis­ti­sche Organi­sa­tionen, die zur Begrün­dung immer neuer Geset­zes­ver­schär­fungen dienen, einge­setzt, sondern weiterhin haupt­säch­lich gegen die außer­par­la­men­ta­ri­sche Linke. Dabei wird einfache Sachbe­schä­di­gung als Vorwand benutzt, um eine ganze politi­sche Szene mit Prozessen und langjäh­rigen Haftstrafen unter menschen­ver­ach­tenden Bedin­gungen zu bedrohen. Die Hausdurch­su­chungen im Umfeld des G8-Gipfels zeigen ebenso wie die jüngsten Verhaf­tungen, die sich gegen angeb­liche Mitglieder der »militanten gruppe« richteten, dass der Antiter­ror­pa­ra­graph weiterhin in erster Linie die Ausfor­schung, Einschüch­te­rung und letzt­lich Zerschla­gung linker Organi­sie­rungs­ver­suche zum Ziel hat.

Die Ermitt­lungen nach §129a sind ausschließ­lich politi­sche Repres­si­ons­maß­nahmen, die mit klassi­scher Straf­ver­fol­gung ebenso wenig zu tun haben wie die mögli­cher­weise folgenden Prozesse, in denen auf sämtliche rechts­staat­li­chen Standards verzichtet wird, als faire Verfahren bezeichnet werden können. Folglich können wir als linke Solida­ri­täts­or­ga­ni­sa­tion uns nicht darauf beschränken, den einzelnen absurden Tatvor­würfen mit entlas­tendem Material zu begegnen. Politi­sche Prozesse verlangen eine politi­sche Antwort, die in diesem Fall nur heißen kann : Weg mit den Paragra­phen 129, 129a und 129b ! Für die sofor­tige Freilas­sung aller politi­schen Gefan­genen !

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