Am 20.November waren zwei Aktivisten des Bündnisses „Kein Frieden mit der IMK” aus Osnabrück bei uns zu Gast und informierten im Wuppertaler AZ über die bevorstehende Konferenz der Innenminister der Länder in der ersten Dezemberwoche. Vor etwa 40 interessierten ZuhörerInnen berichteten sie über die Agenda der Polizeiminister und über die in der niedersächsischen Stadt geplanten Gegenaktivitäten.
Die Konferenz der Innenminister
Aus der Tagesordnung (Download am Ende des Artikels) der turnusgemäß zweiten IMK in diesem Jahr geht hervor, dass sich die Innenbehörden neben den thematischen Dauerbrennern wie internationaler Terrorismus, Fußballfans und Koordination der Sicherheitsorgane, vor allem mit den Folgen des NSU-Komplexes für die verschiedenen Geheimdienste und mit migrationspolitischen Themen befassen werden. Dabei verbergen sich hinter den neutral formulierten Punkten der Tagesordnung aller Wahrscheinlichkeit die ungebrochene Fortsetzung der Dublin II-Abschiebungen und die Beschäftigung mit abschiebehemmenden Vereinbarungen und Gesetzen. Zu erwarten ist, dass bei den Punkten Kosovo und Afghanistan darüber beraten werden soll, wie Abschiebungen in diese beiden Ländern zukünftig « normalisiert », d.h. verstärkt vorgenommen werden können.
Anzunehmen ist, dass auch ein aktuelles Thema wie der Umgang mit in einem anderen EU-Land anerkannten und mit Reisepapieren ausgestatteten Geflüchteten im Fokus der Konferenz stehen wird. Der Konflikt um die « Lampedusa in Hamburg»-Gruppe hat nicht nur das Zeug dazu, Dublin II zu kippen, wie die « Analyse & Kritik » in ihrer aktuellen Ausgabe titelt, er sorgt auch für eine Dynamik in den bundesweiten Kämpfen gegen die Festung Europa. Im unmittelbaren Vorfeld der bundesweiten Demo in Hamburg am 21.12. werden die Innenminister die Situation sicher neu bewerten wollen, speziell, da die Sicherheitsbehörden den Kampf der « No Border»-Bewegung europaweit seit Jahren eines der « gefährlichsten » transnationalen Themenfelder nennt.
Auch hinter dem Titel « Neuausrichtung des Verfassungsschutzes » verbergen sich sicher nicht substanzielle Konsequenzen aus den Verstrickungen der einzelnen Landesämter in die « NSU»-Morde – eine Auflösung der Verfassungsschutzbehörden wird bestimmt nicht diskutiert. Eher schon wird darüber gesprochen werden, wie zukünftig peinlichen Aufdeckungen und Lecks in den eigenen Reihen vermieden werden können. Dabei wird sicherlich die weiter ausgebaute Kommunikation untereinander, mit Landeskriminalämtern und anderen Behörden im Mittelpunkt stehen.
Das meiste davon werden wir anschließend wieder nicht erfahren. Der spezielle, merkwürdige Rahmen der Innenministerkonferenzen gibt nämlich vor, dass nicht nur Stimmenthaltungen eines Bundeslandes als Zustimmung gewertet werden, sondern dass auch das Veto eines einzelnen Bundeslandes ausreicht, um einen ganzen Konferenzteil und seine bindenden Beschlüsse als geheim einzustufen. Ein Vergleich der Tagesordnungen der letzten IMKs und der im Anschluss veröffentlichten Ergebnisse zeigt, dass bestenfalls ein Drittel dessen, was besprochen wird, an die Öffentlichkeit kommt.
Gegenaktivitäten
Umso wichtiger scheint es, durch vielfältige Proteste und Aktionen bereits vor und während der IMK öffentliche Aufmerksamkeit für die Konferenz herzustellen. Unsere Gäste schilderten am letzten Mittwoch die Pläne des Bündnisses « Kein Frieden mit der IMK » für Osnabrück. Mit einer Vielzahl an Informationsveranstaltungen und Diskussionen – alle nachzulesen auf der Homepage des Bündnisses – soll zunächst für die Demonstration am nächsten Samstag in Osnabrück geworben werden. Zur bundesweiten Demo erwarten die VeranstalterInnen nach eigenen Aussagen um die 1.000 TeilnehmerInnen. Zur Demo wird es sowohl einen antikapitalistischen als auch einen antirassistischen Block geben. Der Tag wird am Abend mit einer Party im Osnabrücker AZ « SubstAnZ », zu der Egotronic, Snarg und ein weiterer Support erwartet werden, beschlossen. Für von weiter weg Anreisende gibt es auch eine Bettenbörse, für die das Bündnis darum bittet, möglichst frühzeitig Bescheid zu geben, mit wievielen Menschen ein Schlafplatz benötigt wird.
Die Demonstration am 30.11. kann dabei als « Warm-Up » für den eigentlichen Zeitraum der IMK (04. bis 06.12.) angesehen werden. Die Konferenz soll an allen Tagen von Aktionen und Protesten begleitet werden. Für Mittwoch, den 04.Dezember ist zunächst eine laute und entschlossene Nachttanzdemo geplant, deren Route bis vor das Tagungshotel der Innenminister führen wird. Und auch für die Nacht auf den 05.12. wird eine Schlafplatzbörse angeboten (Kontakt siehe oben), denn nach dem Aufwachen steht am Donnerstag ein « dezentraler Aktionstag » auf dem Programm. Eine Liste mit « protestwürdigen Institutionen und Organisationen » in Osnabrück wird in Kürze auf der Homepage des Bündnisses veröffentlicht werden.
Alle, die nach Osnabrück fahren, um die OrganisatorInnen der Gegenproteste zu unterstützen, können dabei übrigens schon einmal testen, wie sich eine IMK so anfühlt : Die beiden Innenministerkonferenzen 2014 werden nämlich von NRW-Innenminister Jäger (SPD) geleitet und finden demnach vor unserer eigenen Türe statt.
Download : Tagesordnung der IMK in Osnabrück als pdf-Datei
Download : Aufruf (Kurzfassung) 4s als pdf-Datei