Wir wollen eure Lösungen nicht!” Redebeitrag


An dieser Stelle dokumentieren wir einen der Redebeiträge der Auftaktkundgebung zur Demonstration gegen Kapitalismus und Rassismus am 31.03.2012 im Wortlaut:

«Alles auf die Fünf!» Mobilisierung für einen widerständigen Mai!

Die gesellschaftliche Situation spitzt sich zu. Das kapitalistische System führt einen großangelegten Angriff auf die soziale Basis der Menschen durch – mittels einer Schuldenverschiebung auf die Bevölkerungen. Auf politischer Ebene versuchen die Herrschenden das jahrelang beschworene «T.I.N.A.»-Prinzip einer Alternativlosigkeit ihres neoliberalen Handelns zu institutionalisieren und unumkehrbar zu machen, bevor es endgültig niemand mehr glaubt.

Je weniger überzeugend die Wettbewerbs- und Privatisierungspropaganda der Herrschenden ist, desto autoritärer reagieren sie. Nach innen und nach außen werfen sie selbstaufgestellte, bislang als unantastbar gehandelte, scheindemokratische Prinzipien über Bord. Wahlen sind endgültig zu einer unerträglichen Allparteienscheiße geworden oder werden gleich ganz infragegestellt – ganz nach dem Motto «wenn Wahlen ‘was verändern könnten, würden sie abgeschafft!» Ersetzt werden sie durch autoritäre Herrschaftskonzepte, die mithilfe eingesetzter technokratischer Regierungen die Umsetzung einer völkerrechtlich festgeschriebene Schuldenrückführung garantieren und einen weiteren sozialen Abbau für Jahrzehnte festschreiben sollen.


Diese menschenfeindliche Politik setzen sie zunehmend vor dem Hintergrund einer Instrumentalisierung nationalistischer Ressentiments wie gegen die «faulen Griechen» und mithilfe der Provokation von rassistischer Gewalt gegen alles Fremde durch. In Griechenland werden vor Allem auch Migrantinnen und Migranten Opfer der Folgen des EU-Spardiktats. Die Folgen der Krise lassen auch dort die Faschisten stärker werden. Zum Teil machen faschistische Banden offen Jagd auf Migranten und Migrantinnen in den Straßen der Städte, während die Polizei wegsieht.

Ebenso verschärfen sich infolge der inszenierten Finanzkrise auch die Bedingungen in den Flüchtlingslagern an der europäischen Peripherie immer weiter. Auch eine weitere Brutalisierung und ein weiterer Ausbau des EU-Grenzregimes werden von den Statthaltern in den EU-Protektoraten in Europas Süden bereits gefordert. Ultimativ fordern die Innenminister Deutschlands und Frankreichs eine Abschottung Griechenlands von der Türkei – anderenfalls würden Europas Grenzen zu Griechenland geschlossen. Die «Hilfe» der EU für dieses Vorhaben besteht darin, den Umbau von Militärlagern in sogenannte «geschlossene Gastfreundschaftszentren» für 30.000 Migranten und Migrantinnen zu finanzieren.

Das Prinzip ist so alt wie erbärmlich: Nimm’ den Menschen weg, was immer du willst und biete ihnen Opfer an, an denen sie ihren Zorn auslassen können. Verschärfe die Bedingungen für die Schwachen so sehr, dass sie sich gegen noch Schwächere wenden.

Die Maske ist gefallen, das kapitalistische System hat seine (klein-) bürgerlichen Glücksversprechen kurzerhand für ungültig erklärt. In Griechenland, Portugal, Italien, Spanien und anderswo blicken die Menschen bereits in jene unmaskierte, asoziale Fratze der Besitzenden und ihrer Büttel, die den Menschen des Trikont schon lange bekannt ist.

Mal hat sie das Gesicht eines Barroso, einer Merkel, eines Sarkozy oder eines Schäuble. Und mal lugt sie unter Helmen hervor, den Knüppel in der Hand – gegen aufkommenden Widerstand versuchen sich die Herrschenden mit nationalen Antiterroreinheiten und supranationalen Sicherheitsarchitekturen abzusichern. «FRONTEX» für die europäischen Außengrenzen, «EUROGENDFOR» u.a. für die Innenpolitik sind beständig weiter aufgerüstete und weiterentwickelte Machtinstrumente in ihren Händen. Entwicklungen wie «INDECT», das maßgeblich auch an der Universität in Wuppertal vorangetrieben wird, sollen diese für zukünftige Clashes vorbereiten.

Denn die so lange trügerische verlogene europäische Ruhe ist vorbei. Recht auf Gesundheitsversorgung? Recht auf Bildung? Recht auf Wohnen, Essen, Teilhabe? Alles scheißegal. Die Zeit der Argumente und Zugeständnisse ist vorüber – sie haben uns den Krieg erklärt. Class War is now! Der Kapitalismus lässt nun auch in Europa die Überflüssigen für seine Schulden hungern und vegetieren. Schulden, die nur deshalb angehäuft wurden, weil die Besitzenden zu keiner Zeit wirklich dazu bereit waren, für die in jahrzehntelangen sozialen Kämpfen durchgesetzten – ohnehin nicht ausreichenden –Rechte der Menschen zu bezahlen. Heute wird von uns allen der Preis dafür eingefordert, die sozialen Kämpfe der Vergangenheit nicht bis zum Ende geführt zu haben.

Friede den Hütten und Friede den Palästen funktioniert nicht – es ist nicht bezahlbar. Deshalb zünden sie nun die Hütten an. Es kommt darum jetzt darauf an, entschlossenen Widerstand zu organisieren – offen und informell, solidarisch, kreativ und gemeinsam – auch in ungewohnten Konstellationen. Lasst uns das Prinzip umkehren: Friede den Hütten und Krieg den Palästen! Hier und überall.

Alles auf die Fünf? Was haben wir schon zu verlieren?

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