Wuppertal, den 21.08.2012
Haushaltsanierung auf dem Rücken armer Schulkinder
Die Stadt Wuppertal hat zum Beginn des Schuljahres 2012/2013 die Möglichkeit der Befreiung der Schulkinder vom Eigenanteil zu den Lehrmitteln aufgehoben. Dies betrifft Familien, die auf Arbeitslosengeld II, Sozialhilfe oder Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz angewiesen sind. Der Erwerbslosen- und Sozialhilfeverein Tacheles e.V. fordert den Rat zur sofortigen Rücknahme dieser unsozialen Kürzungen auf. Haushaltssanierung darf nicht zulasten der Bildungschancen armer Kinder erfolgen.
Diese Aufhebung der Befreiung von leistungsberechtigten Schulkindern wurde von einer Mehrheit des Rates der Stadt Wuppertal im Rahmen des Haushaltssanierungsplans 2012 bis 2021verabschiedet. Die Verantwortlichen begründeten die Kürzung mit der Einführung der Leistungen für Bildung und Teilhabe. Leistungsberechtigte Schulkinder bekommen demnach zum Schuljahresbeginn einen Pauschalbetrag von 70 Euro und zum Beginn des Halbjahres noch einmal 30 Euro für Schulbedarf.
Solche Einmalzahlungen steht den Schülerinnen und Schülern bereits seit Sommer 2009 zu, um den gesamten, mit der Schulausbildung zusammenhängenden Schulbedarf zu decken. Bildungsausgaben sind im Kinderregelsatz nämlich nicht berücksichtigt. „Dieser Betrag muss reichen, um den Bedarf vom Füller, über Zeichenblock und Malfarbe, den Schulranzen, bis hin zur Bekleidung für den Schulsport sicherzustellen“, erläutert Frank Jäger, Sozialberater des Vereins Tacheles. „Dass mit Verweis auf Bildungs- und Teilhabeleistungen jetzt auch noch der Eigenanteil zu den Lehrmitteln in Höhe von bis zu 30 Euro zusätzlich abverlangt wird, ist eine deutliche Verschlechterung.“
Nach Auffassung des Vereins Tacheles hat die Koalition im Rat mit der Begründung der Mittelkürzung sowohl die eigenen Reihen als auch die Öffentlichkeit getäuscht. Kommunale Schulleistungen mit Verweis auf das Bildungs- und Teilhabepaket abzubauen, sei ein verheerendes bildungspolitisches Signal. Der Verein fordert die Parteien im Rat auf, die städtischen Sparkommissare zurückzupfeifen und bei der Sanierung der Stadtfinanzen die soziale Spaltung nicht weiter zu verschärfen. „Eltern wissen, dass ein 100-Euro-Budget für ein Schuljahr kaum ausreicht. Wer hier den Rotstift ansetzt, handelt ohne jegliches soziales Augenmaß“, so Jäger.
Tacheles-Onlineredaktion
Hintergrundinformation zur Lehrmittelfreiheit in NRW und zum Eigenanteil, der von den Familien zu tragen ist
Tacheles e.V.