Soziale Revolution statt Sozialpartnerschaft !
Soziale Revolution statt Sozialpartnerschaft !
Wir sind nicht Volk ! Wir sind Klasse !
Der folgende 1.Mai war dann auch um einiges ereignisreicher als in den letzten Jahren. Obwohl manche den Weg nach Dortmund angetreten hatten, um dort Nazis zu blockieren, erschienen einige Demonstranten bereits am frühen Mittag auf dem Laurentiusplatz zur jährlichen Maifeier des DGB. Wir hatten uns vorgenommen, zwischen Bratwurst und Frühschoppen die Rolle der deutschen Einheitsgewerkschaften in der europäischen und weltweiten Krise kritisch zu hinterfragen. (Siehe auch : Wir sind nicht Volk ! Wir sind Klasse ! Unser Text zur DGB Maifeier 2014) Auf dem mitgebrachten Transparent fragten wir die anwesenden GewerkschafterInnen « Which Side are You on ? » und bei der in einer Konzertpause abgehaltenen spontanen Kundgebung erzählten wir von den ziemlich beschissenen Arbeitsbedingungen der BusfahrerInnen beim Stadtwerke-Subunternehmen « Rheingold ». Es wurde klargemacht, dass die häufig für 1.000 Euro netto schuftenden FahrerInnen und diejenigen, die sich vom Hartz IV-Regelsatz nur anderthalb monatliche Busfahrten in die Innenstadt leisten können, im selben Boot sitzen.
Als eine hausgemachte Ursache der unsozialen Entwicklung des Wuppertaler Nahverkehrs wurden falsche Prioritäten der lokalen, von den Gewerkschaften offiziell unterstützten, Politik benannt. So musste für den Prestigeumbau am Döppersberg ein Teil der Energiesparte der Wuppertaler Stadtwerke privatisiert werden, was den existenziell auf Quersubventionen angewiesenen Nahverkehr zunehmend in Bedrängnis bringt. Die Reaktion der meisten der anwesenden GewerkschafterInnen auf unsere Generlabrechnung mit der Funktionselite der DGB-Gewerkschaften war erstaunlich positiv und ermutigte uns, zu einer spontanen kleinen Demonstration durch die Innenstadt zum Busbahnhof in Elberfeld aufzurufen. Ob die kritischen GewerkschafterInnen tatsächlich dazu anmiert werden können, sich in Richtung eines politischen Mandats zu organisieren, und ob beispielsweise eine Bereitschaft zur eingeforderten Solidarität mit den in Köln angeklagten Ford-ArbeiterInnen aus dem belgischen Genk entstehen kann, bleibt trotz des erstaunlichen Zuspruchs natürlich zweifelhaft.
Es machten sich dann auch nicht zuviele mit uns auf den Weg. Doch die kleine Demo, die zum Döppersberg zog, war laut und entschlossen, sodass alle am Feiertag Flanierenden auf der Route erreicht werden konnten. Die am Busbahnhof anwesenden BusfahrerInnen und Fahrgäste wurden über die miese Entlohnung der « Rheingold»-KollegInnen in Kenntnis gesetzt und die Stadtwerke wurden aufgefordert, auch bei den Subunternehmern endlich für anständige Arbeitsbedingungen zu sorgen. Der nicht angemeldete Zug durch die Stadt erfüllte aber auch noch einen weiteren politischen Zweck : Im Vorfeld der meist eng eingeschlossenen autonomen Maidemo am Nachmittag sollte der Beweis angetreten werden, dass wir immer noch zu jeder Zeit und überall demonstrieren können.
Straße frei für den ersten Mai !
Das gleiche Ziel verfolgte eine kleine unangemeldete und schnelle Demo in der Elberfelder Innenstadt am späten Nachmittag. Auch die InitiatorInnen dieser Gruppe wollten durch ihren gemeinsamen Weg zum « offiziellen » Treffpunkt der autonomen Maidemonstration demonstrieren, dass sie nicht mehr gewillt sind, sich auf von der Polizei lange vorgeplante Demorouten zu beschränken. Sie verstanden ihre Aktion als Teil der « Das AZ bleibt an der Gathe!»-Kampagne, die vom Autonomen Zentrum Wuppertal an diesem 1.Mai gestartet wurde. („linksunten indymedia”: Für einen unberechenbaren autonomen 1.Mai in Wuppertal und anderswo)
Nachdem die Gruppe vom alternativen Sammelpunkt am gemeinsamen Treffpunkt eintraf, startete die wie immer unangemeldete « offizielle » Maidemonstration des Autonomen Zentrums. Nachdem sie in den letzten Jahren in ein immer engeres Einsatzkonzept der Polizei gezwängt worden war, raffte sich die Demo in diesem Jahr nach langer Zeit mal wieder dazu auf, die größte Strecke der Route selbstgewählt zu gehen. Befördert wurde das durch Cops, die dieses Jahr nicht wirklich auf Zack waren und die auch mit der Ölberg-Topographie nicht sonderlich vertraut schienen. So hechelten ältere DemoteilnehmerInnen und die begleitenden Einsatzkräfte stetig mal diesen, mal jenen steilen Anstieg im Straßengewirr des Ölbergs hinauf, um talwärts die zuvor vorangesprinteten Jüngeren am Fuß des nächsten Berges wieder einzuholen.
Die etwa 350 Teilnehmenden, die erstmals seit Jahren auf dem Weg wieder durch sich solidarisierendes Publikum verstärkt wurden, hatten viel Spaß an einer wesentlich längeren Route als in den Vorjahren. Die Botschaft, dass das autonome Zentrum lebt und nicht berechenbar bleibt, wurde fast durch die ganze Elberfelder Nordstadt getragen. Passend, dass dabei auch jene Stelle passiert wurde, wo es vor 25 Jahren die Besetzung der « Muno»-Fabrik gegeben hatte – ein entscheidender Baustein beim langen Kampf um ein AZ im Tal. Erst nach knapp zwei Stunden erreichte der autonome 1.Mai das traditionelle Schusterplatzfest im Herzen des Ölbergs. Impulse, das bunte Treiben von hier aus fortzusetzen, scheiterten am Ende an der verbreiteten Erschöpfung. Der Ölberg fordert eben auf allen Seiten seinen Tribut.
- Inhaltsverzeichnis
- Seite 1 : Ausgetretene Pfade verlassen ! Bericht zum 1.Mai.
- Seite 2 : Soziale Revolution statt Sozialpartnerschaft !
- Seite 3 : Kein Tag ohne autonomes Zentrum !