Eine Konferenz ist mehr als Worte. Bericht zu CrossSolidarity.

Botschaft schlägt Dialog.

Botschaft schlägt Dialog.

Außerdem wiederholte sich eine alte Erfahrung solcher Zusammenkünfte: Viele gehen mit einer allzu klaren Zielsetzung auf ihr jeweiliges Podium. Die meisten haben eine (erprobte) Botschaft. Äußerst erfahren vermitteln sie Publikum und anderen Diskussionsteilnehmenden ihr Anliegen, ihren Kampf oder ihre Strategie. Das liest sich so, wie es ist: Wenig ergebnisoffen. Manchmal wurde auch bei #cross_solidarity der Hunger vermisst, sich während eines Workshops dem Austausch hinzugeben.

So blieb nach anderthalb Tagen geschäftigen Politikbetriebs der Eindruck einer «Pecha Kucha» hängen, einer Präsentationsform, bei der sich am Freitagabend die an der Tagung beteiligten Gruppen und Initiativen präsentierten. War es da aber eine sehr kurzweilige, jeweils sechs Minuten dauernde Angelegenheit, so wandelte sich die Selbstdarstellung im Verlauf des Samstag zur manchmal anstrengenden «Ideen-Messe», die den Zuhörenden hier und da viel abverlangte. Viel wird deshalb davon abhängen, wie die veranstaltende Rosa Luxemburg Stiftung NRW die Ergebnisse der anderthalb Tage in Wuppertal aufbereiten wird. Hoffentlich passiert das mit einer aufgeräumteren Homepage als jener, die wochenlang zur Tagung einlud, damit allerdings durchaus auch ein Spiegelbild des zweitägigen Konferenzgewimmels im ADA gewesen ist.

Eine Konferenz ist mehr als tausend Worte. Büchertisch bei #cross_solidarity


Eine wichtige Konferenz.

#cross_solidarity war trotz der hier geäußerten Kritik eine wichtige Veranstaltung. Gerade für in Deutschland tätige Aktivisten und Aktivistinnen, war die Begegnung mit Protagonistinnen und Protagonisten von teils deutlich dynamischeren sozialen Bewegungen aus anderen Ländern Europas inspirierend und motivierend. Und bei den Gesprächen, die während und nach der Tagung geführt wurden, gab es sogar soetwas wie eine verblüffende Antwort auf die anspruchsvolle Eingangsfrage nach der internationalen Solidarität: Vielleicht ist der transnationale Aspekt inzwischen viel selbstverständlicher, als geglaubt wird. Gerade durch die Verwendung neuer Medien ist kaum mehr auseinanderzuhalten, in welchem Land gerade welche Kämpfe gekämpft werden. Sie überschneiden sich, ergänzen sich, oder sind, wie bei jenen Gruppen, die sich mit Fragen der Migration beschäftigen, ohnehin transnational angelegt. Vielleicht ist es «mega-oldschool» etwas hochleben zu lassen, was für die meisten Beteiligten ohnehin längst selbstverständlich geworden ist.

Etwas anders sieht es bei den thematischen Verschränkungen aus. Das Zusammenführen der vielen partikularen Initiativen und Gruppen bleibt eine große Herausforderung für linke Politik. Vielleicht ist das Auseinanderdriften verschiedener Kämpfe gar die Kehrseite der Medaille. Es besteht für Aktive heute nicht mehr der unmittelbare Druck, vor Ort mit anderen Aktiven zu kooperieren, auch wenn diese in anderen Themenfeldern aktiv sind. Vielleicht ist das schnelle Organisieren und Vernetzen mit anderen, internationalen «Special Interest»-Akteuren eine Ursache dafür, dass viele Gruppen dort, wo die Kämpfe noch immer konkret geführt werden – auf der Straße vor Ort – zunehmend unter sich bleiben.

Für «Netzaktive» ist das Entwickeln von Plattformen, die thematisch «cross-solidarisch» angelegt sind, demnach eine große Herausforderung. Das jedenfalls war eines der Ergebnisse des abschließenden Workshops zu Social Media, den das so_ko_wpt anbot. Die rege Diskussion, die sich mit der Wirkung und der Gefahr durch kommerzielle Tools wie «Facebook» und «Twitter»  beschäftigte, mit persönlichen «Filter-Bubbles», mit Teilhabe und neuen Ausschlüssen, endete mit dem für «Netzaktivisten» überraschenden Bekenntnis, das «altmodische» persönliche Vernetzung und «Real Life»-Aktivismus die entscheidenden Momente politischer Bewegung sind und bleiben. Und dass dafür häufig (noch) die Werkzeuge fehlen, die konkrete «cross-thematische» Solidarität ermöglichen können.

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