Hamsterrad verlassen. Bericht zu #14n in Wuppertal.

Streiks statt Stärkungspakt und Rettungspaket

Streiks statt Stärkungs­pakt und Rettungs­paket

Nach einer kurzen Pause, in der Passanten über die aktuelle Entwick­lung der General­streiks infor­miert wurden, trafen wir uns mit Gerd-Peter Ziele­zinski (Stadtrat Wuppertal, DIE LINKE). Mit ihm sprachen wir über die Haushalts­krisen der Kommunen. Die Lage der verschul­deten Städte – insbe­son­dere auch Wupper­tals – erinnert dabei fatal an die ausweg­lose Situa­tion der Haushalte in den Krisen­län­dern. Die für Wuppertal angekün­digten Kürzungen und Einspa­rungen, die Voraus­set­zung eines ausge­gli­chenen Haushalts im Jahr 2016 sein sollen, betreffen hier wie dort vitale Bedürf­nisse der Einwoh­ne­rInnen, führen jedoch genauso wenig wie dort zu einer abseh­baren Erholung der öffent­li­chen Budgets.

Streik­posten sind schonmal vorhanden…

Am Beispiel Wupper­tals ließ sich sehr gut aufzeigen, dass ohne eine drasti­sche „Umver­tei­lung von oben nach unten” und eine Einnah­me­stei­ge­rung der Gemein­schaften keine Lösung in Sicht ist – allen verkün­deten „Stärkungs­pakten” und „Rettungs­pa­keten” zum Trotz. Fazit der Diskus­sion : „Haushalten” bedeutet im eigent­li­chen Sinne weit mehr als nur Kürzungs­zielen hinter­her­zu­rennen.  Ein nachhal­tiger Haushalt muss zunächst in den Blick nehmen, was in einer Gesell­schaft - der Kommune, dem Land … - gebraucht wird, um die sozialen, kultu­rellen und ökono­mi­schen Bedürf­nisse der Menschen zu decken. Ausge­hend davon muss dann der Finanz­be­darf ermit­telt und mit den Einnah­me­mög­lich­keiten in Gleich­ge­wicht gebracht werden - in Bezug auf die Verschul­dung öffent­li­cher Haushalte würde das Prinzip notwen­di­ger­weise auf ein Schul­den­mo­ra­to­rium hinaus­laufen (Tragfä­hig­keits­prinzip).

Klar ist aber auch, dass ein solcher Paradig­men­wechsel sich inner­halb der engen Grenzen techno­kra­ti­schen Verwal­tungs­han­delns nicht vollziegen wird. Diese Aufgabe wird nicht mit, sondern nur gegen Stadt­käm­merer, Bezirks­re­gie­rung und EU-Troika angegangen werden können.

Den vierten Themen­block widmeten wir den stetig verschlech­terten Arbeits­be­din­gungen in ganz Europa wie auch in Wuppertal, sowie der Schwie­rig­keit, darauf gewerk­schaft­lich zu reagieren. Am Beispiel der unter­be­zahlten und teilweise übel ausge­beu­teten Busfah­re­rInnen in Wuppertal beleuch­teten wir die zuneh­mend prekären Jobs auch in öffent­li­chem Auftrag. Anläss­lich der wenige Tage zuvor statt­ge­fun­denen Ausein­an­der­set­zungen am Werkstor bei FORD Köln bespra­chen wir anschlie­ßend die Probleme, Beleg­schaften in den Betrieben für inter­na­tio­nale Solida­rität zu mobili­sieren. Dabei machte unser Gast – ein Aktivist der gewerk­schaft­li­chen Basis­or­ga­ni­sa­tion BaSo – klar, dass es nicht nur an betrieb­li­cher politi­scher Bildung (Wie verhalte ich mich in bestimmten Situa­tionen ? Wie schaffe ich solida­ri­sche Situa­tionen mit meinen Kolle­ginnen und Kollegen ? Welchen Inter­essen sehe ich mich gegen­über ? usw.) mangelt, sondern auch an einer Auswei­tung gewerk­schaft­li­cher Tätig­keit auf Nicht-Erwerbs­tä­tige. Erfolg­reiche Kämpfe können immer nur von bewussten Beleg­schaften in konkreten Situa­tionen gemeinsam mit Außen­ste­henden geführt werden – etwas, das in Spanien „Volks­streik” genannt wird, und sich nicht darauf beschränkt, die Arbeit einzu­stellen, sondern bewusst und organi­siert das gesamte öffent­liche Leben lahmlegt, das also auch Schulen und Univer­si­täten, Kultur- und Sport­ver­an­stal­tungen, Gastro­nomie und Medien betrifft.

Ein Ziel, das in einer Zeit, in der jede und jeder zum „Unter­nehmer in eigener Sache” gemacht worden ist, natur­gemäß immer schwerer fällt. Umso wichtiger ist es, den „gewerk­schaft­li­chen Grund­ge­danken” nicht aufzu­geben, und gegen den neoli­be­ralen Zwang zur Konkur­renz inner­halb der Beleg­schaften und zwischen den Stand­orten am Prinzip (selbst-) organi­sierter Solida­rität festzu­halten.

Volxküche und positives Fazit

Die Gespräche dauerten bis zum Abend

Nach dem – aufgrund der voran­ge­schrit­tenen Zeit leider auch letzten – Themen­block krochen Kälte und Dunkel­heit langsam unter unsere „Streik­westen”. Für das Auftau­chen der AZ-VoKü, die einen Streik­ein­topf zum Kundge­bungs­zelt brachte, waren wir deshalb sehr dankbar. Nach dem gemein­samen Essen, bei dem die Gespräche weiter­gingen – zu diesem Zeitpunkt drehten sich viele Diskus­sionen bereits um die zuneh­menden Berichte von Polizei­ge­walt in Spanien, Portugal und Italien – gab es abschlie­ßend noch zwei Redebei­träge, in denen um Solida­rität mít den im Hunger­streik befind­li­chen kurdi­schen Aktivisten und Aktivis­tinnen in der Türkei, sowie mit dem antifa­schis­ti­schen Kampf in Griechen­land geworben wurde.

Unser Fazit des langen Solida­ri­täts­tages in Wuppertal war zunächst ein positives. Wir haben inten­sive und erhel­lende Gespräche geführt und  „politi­sche Bildung” betrieben. Erheb­lich getrübt wurde die Freude über die richtige Entschei­dung im Vorfeld jedoch von den einlau­fenden Berichten brutaler Übergriffe aus Valencia, Madrid, Barce­lona oder Rom. Demge­gen­über hatten wir den ganzen Tag eine beinahe gemüt­liche Ruhe vor der Polizei.

Wie Recht wir hatten, nicht auf allzu­viele solida­ri­sche Menschen in Wuppertal zu bauen, zeigte jedoch auch die Ruhe vor unserem Kundge­bungs­zelt, an dem die meisten Wupper­ta­le­rInnen zumeist vorbei­eilten. Nur wenige waren an den Flugblät­tern inter­es­siert und noch weniger wollten weiter­ge­hende Infor­ma­tionen aus den strei­kenden Ländern. Solida­rität fühlt sich anders an. Die Eises­kälte, die einige der Angespro­chenen ausstrahlten, wurde aber wenigs­tens durch das schöne Herbst­wetter und einige wenige, die ehrli­ches Inter­esse zeigten, immer wieder aufge­bro­chen.

Von den offenen Themen­runden gibt es die Streams noch online : bambuser/NoTroika

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One Reply to “Hamsterrad verlassen. Bericht zu #14n in Wuppertal.”

  1. DER HUNGERSTREIK DER POLITISCHEN GEFANGENEN IN DER TÜRKEI IST NACH 67 TAGEN BEENDET!!!

    Zuletzt blieb der AKP-Regie­rung nichts anderes übrig als einzu­lenken und den Bruder von Abdullah Öcalan, Mehmet Öcalan, auf die Gefäng­nis­insel Imrali zu schicken damit er den Vorsit­zenden der PKK bittet, dem Hunger­streik ein Ende zu setzen.

    Damit wurde zum ersten Mal seit fast 500 Tagen die absolute Isola­tion Abdullah Öcalans gebro­chen - was ja die Haupt­for­de­rung der Hunger­strei­kenden war.

    Abdullah Öcalan forderte die Hunger­strei­kenden auf, ihre Aktion zu beenden und die Gefan­genen erklärten heute Morgen, das sie dieser Auffor­de­rung nachkommen und ihre Aktion erst mal beenden würden.

    Die Kurden haben damit einen wichtigen Etappen­sieg auf ihrem Weg zu ihrer Freiheit errungen - auch wenn dafür ein unglaub­lich hoher Preis gezahlt wurde…

    Die türki­sche Regie­rung, die in den letzten Tagen und Wochen mit grausamer Gewalt gegen die immer größer, immer stärker werdende Welle der Solida­rität mit den Hunger­strei­kenden vorging und den Wider­stand zu brechen versuchte, ist geschei­tert und musste sich letzt­end­lich an den wenden, den sie auf keinen Fall als Ansprech­partner akzep­tieren wollte.

    Nun ist es auch an der AKP aus der entschärften Situa­tion eine echte Chance für eine fried­liche Lösung in diesem seit über dreißig Jahre andau­ernden Krieg zu machen.…

    Jedoch wäre dieser Etappen­sieg auch nicht möglich gewesen ohne die großar­tige Solida­rität sowohl der kurdi­schen Bevöl­ke­rung als auch einer täglich wachsenden Inter­na­tio­nalen Solida­rität von Linken und Demokra­ti­schen Kräften sowohl in der Türkei als auch auf der ganzen Welt. Somit war dieser Sieg auch ein Sieg der Inter­na­tio­nalen Solida­rität !

    Im Namen der Wupper­taler Kurden möchte ich mich bei allen, die die Hunger­strei­kenden Gefan­genen und den Kampf des kurdi­schen Volkes für Frieden und Freiheit unter­stützt haben, bedanken !

    HOCH DIE INTERNATIONALE SOLIDARITÄT!!!

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